Hier ist überhaupt vieles anders: Meghalaya ist die Heimat von drei Stämmen, deren Naturreligion dem christlichen Glauben ähnlich ist. Daher hatten es die christlichen Missionare vor über 100 Jahren leicht, die Bewohner zu christianisieren. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung sind Christen, daneben gibt es auch einige Hindus und solche, die noch ihre Naturreligion praktizieren. Sie haben ein matriarchalisches, soziales System, das bedeutet, die Familie folgt der Mutterlinie. Die Frauen behalten bei der Heirat ihren Familiennamen und geben diesen an ihre Kinder weiter. Männlicher sowie weiblicher Nachwuchs sind gleichermaßen willkommen. Die Ehemänner ziehen zu den Ehefrauen, und die jüngste Tochter erbt den Besitz der Eltern. Die Frauen haben hier eine eigene Art, ihren Sari zu wickeln. Die Menschen tragen ihre traditionellen Kleider zu besonderen Anlässen, und ihre Feste feiern sie in der trockenen Jahreszeit von Oktober bis Mai.
 
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Durch das etwa 120 Kilometer südlich gelegene Shillong, der Hauptstadt von Meghalaya,fuhren wir noch 60 Kilometer weiternach Jowai. Nach insgesamt vierstündiger Fahrt kamen wir bei völliger Dunkelheit um 7 Uhr abends dort an.  Der neu geweihte Bischof von Jowai hieß mich herzlich willkommen. Er hatte für meinen zweiwöchigen Aufenthalt einen straffen Terminkalender aufgestellt, denn ich sollte in dieser kurzen Zeit soviel wie möglich zu sehen bekommen. Schließlich war ich ja nicht zum meinem ‚Vergnügen’ hier!
 
Gleich am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg nach Nartiang, wo in einem gemieteten, ärmlichen Raum vier Schulklassen untergebracht waren. Die wenigen Fenster und Türen bestanden nur aus einfachen Öffnungen ohne Glas. Die liebenswürdigen, sehr lernbegierigen Kinder gehen hier schon mit fünf Jahren in die erste Grundschulklasse. Manche von ihnen sind so arm, dass sie barfuß laufen, andere tragen Flip-Flops wie wir sie auch kennen. Die Kinder sind allesamt hübsch anzusehen mit ihrer braunen Haut und ihren glatten, ordentlich geschnittenen, schwarzen Haaren. Alle stellten sich brav in einer Reihe auf, als ich ihnen Bonbons verteilte.
Wenn sie untereinander redeten, verstand ich kein einziges Wort, denn leider bin ich der drei einheimischen Dialekte nicht mächtig. Einer dieser Dialekte wurde vor etwa 20 Jahren auch zur Schriftsprache, die in Schulen unterrichtet wird. Das hier gesprochene Englisch ist mit seiner harten Aussprache erst mal gewöhnungsbedürftig.