Rosmarie erscheint mit ihrem Baby. Glistock jammert plötzlich, springt entsetzt auf eine Frau, die mit den Rangern kam und schreit kläglich. Die Frau auch, denn Glistock ist kein Baby mehr, sondern ein junger Orang-Utan- Mann mit bestimmt 15- 20 kg. Aber Rosmarie ist rasch, langt ihm eine ordentliche, und Glistock sucht änstlich das Weite. Nun ist er beleidigt und verschränkt die Arme jaulend über dem Kopf. Und ehe er die Beleidigung vergisst, vergeht vielleicht eine halbe Stunde; was mein Töchterchen zu der Äußerung veranlasst, wie gut wir es eigentlich mit ihr hätten, eine halbe Stunde würde das bei ihr nun nicht dauern.
 
Orang Utan im Wald 
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Nun versinkt der Dschungel in der Nacht. Der Sekoneyer liegt still und glatt. In seinem milchigen Wasser spiegelt sich der nachthelle Himmel und die Luft schmeichelt lau ums Boot. Johan fährt uns noch an eine andere Anlegestelle. Das nimmt wohl mehr Zeit als gedacht in Anspruch, denn die Dunkelheit überrascht uns noch beim Fahren. Mir macht das nichts aus. Auf dem Dach eines Klotoks zu liegen und durch die Nacht des kalimantanischen Regenwaldes zu schippern, ist etwas, was ich nur mit jeder Faser genießen kann. Auch wenn ich mir vorstellen kann, das Johan anders denkt, weil wir große Baumstämme umschiffen müssen, Bänke aus holzigen giftgrünen Pflanzen und Bambusbüschen, die in den Fluss ragen. Nun ist es fast stockfinster. Die Silhouette des Waldes hebt sich nur noch matt vom Himmel ab. Johan leuchtet manchmal mit einem Scheinwerfer den Fluss voraus, dann stellt er ihn wieder aus und vertraut dem Fluss.
 
25.07.

Die Grillen zirpen und die samtweichen Töne der Nacht verklingen in der Dämmerung des Tages. Irgendwo klatscht ein Krokodil ins Wasser und zanken sich ein paar Nasenaffen. Und Johan geht leise übers Boot, barfuß wie immer, aber ich höre ihn dennoch, die Sinne geschärft durch die Anmut der Nacht. 5.45 Uhr. Bald wird es aus dem Wok duften. Und die Sonne, die Mata hari, wird hinter den Wipfeln der Bäume erscheinen und feierlich die Herrschaft übernehmen. - Augen des Tages, heißt das wörtlich. Klingt das nicht schön? Mein Töchterchen dreht sich noch mal unter ihrem Moskitonetz um und erwacht so allmählich wie der Tag. Die Nacht war diesmal etwas kühl. Mit dem Baumwolltuch bedeckt, schubberte ich gegen drei Uhr, das erste Mal bisher, vielleicht ein Zeichen dafür, dass ich mich langsam an die Temperaturen des Regenwaldes gewöhne. Sicher, bei unseren Wanderungen durch den Dschungel floss der Schweiß immer in Strömen. Da war es so, als wenn der feuchte Atem der Pflanzen unter das dichte Dach der Bäume gepresst wird und in der Hitze leise vor sich hin quackert. Riesige Ubar (Eugenia-Bäume) stemmen sich aus dem Boden zur Sonne empor, mit Wurzeln so mächtig wie ihre Stämme, umgarnt und überwuchert von Moosen, Pilzen und fleischfressenden Pflanzen. Bunte Papageien huschen vorbei, aber wir können sie ohne Buch nicht bestimmen, ebenso nicht die Fledermäuse, die unter dem Dach eines Rangerhauses hängen. Drei Wanderungen von jeweils 1 ½  Stunden haben wir gemacht. Und jedesmal war T.s Shirt so nass von Schweiß, dass man es ausringen konnte. Dann rief ich Johan schon von weitem „Manti, Manti!“ zu, und Johan wartete mit einem Eimer Wasser, um ihn sogleich über unsere Köpfe zu gießen. Es hätte mich nicht gewundert, wenn es dabei gezischt hätte. Einmal waren wir auch schwimmen.