Die Männer, die mir begegnen, in ihren Gewändern, Röcken und turban-ähnlichen Kopfbedeckungen sind bewaffnet mit der Djambija, dem tradi-tionellen Krummdolch, der heute jedoch mehr als Statussymbol denn als Waffe gilt. Die wenigen Frauen, die ich zu Gesicht bekomme, sind tief ver-schleiert und huschen meist in leicht geduckter Haltung durch die Gassen. Nur ein schmaler Augenschlitz lässt ab und zu die Schönheit einer Frau erahnen.

Eine Vielzahl von fremdartigen Geräuschen, Stimmen und Gerüchen run-det das Bild der für mich wohl orientalischsten Stadt der arabischen Welt ab. Allein der ständige Suq in der Altstadt bietet eine unendliche Vielfalt an Eindrücken und Motiven. Und über all dem hallen 5 mal täglich die durch die zahlreichen Lautsprecher verstärkten Rufe der Muezzine, „Allah il Akbar!“

Es fällt mir schwer, mich von dieser Stadt loszureißen, aber mit der Ge-wissheit, daß ich ja wieder zurückkehre, radle ich schwer bepackt nach 2 Tagen in Richtung Norden. Im Wadi Dhar, einem wunderschönen, frucht-baren Tal, ca. 25 km außerhalb der Hauptstadt, bewundere ich den Fel-senpalast des Imam Yahya, einem der letzten Könige des Jemen. Dieses einmalige Bauwerk wurde in den 30iger Jahren als Sommerresidenz für den Imam hoch oben auf einem allein stehenden Felsen gebaut. Heute ist das Gebäude unbewohnt und kann als Museum besichtigt werden.

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60 km weiter ist Shibam, eine Kleinstadt mit rund 4000 Einwohnern mein nächstes Ziel. Am Morgen des nächsten Tages unternehme ich einen Fußmarsch zur 400 m oberhalb von Shibam gelegenen alten Bergfestung Kaukaban. Direkt hinter dem Ort führt ein alter Maultierpfad die steile Fels-wand hinauf. Gerade als ich an einer besonders steilen Stelle mein Stativ aufbaue, um von mir selbst ein Foto zu machen, kommt ein jemenitischer „Krieger“, mit Djambija und Kalaschnikow bewaffnet, den Weg hinunter. Als er die Situation erfasst, kommt er spontan wieder ein Stück zurück ge-laufen und ergreift meine Hand, um gemeinsam mit mir diesen steilen Pfad heraufzusteigen. Der Wunsch, fotografiert zu werden, ist bei den jemenitischen Männern und auch bei den Kindern ausgesprochen ausge-prägt, Frauen hingegen sollten nur mit deren Einverständnis fotografiert werden.