Am nächsten Morgen um 8:30 sitze ich bei Uruwarige Vanniyala Aththo und trinke Tee. Ich habe Kekse, Kuchen und Kugelschreiber für die Kinder als Gastgeschenke mit gebracht. Als ich mir die Schuhe ausgezogen habe, um auf seine Veranda zu treten, kommt er mit offenen Armen auf mich zu, nimmt meine beiden Hände strahlend in die seinen. Es ist eine herzliche Begrüßung. So ist hier der Standardempfang. Aber es sind schon andere Gäste auf der Empfangsveranda des Häuptlings, männliche. Ihnen bietet der selbst ernannte König seine Betelnussmischung an, die er in einem Tuch aus seinem Lendenschurz hervor holt.
 
Die Areca und die Betelnuss sind potente Betäubungsmittel. Eine Ecke wird abgeknabbert und mit einem Stück saftigem, grünen Tabakblatt und weißer Kalkpaste, Chunam, zerkaut. Der blutrote Saft, der beim Kauen entsteht, trieft zwischen den Zahnen und verfärbt die Innenseite der Lippen. Rot tropft es aus den Mundwinkeln. Rot wie Blut. Die Betelnussmischung ist ein durchaus starkes Narkotikum, die Augen werden gläsern und die Iris rot. Ich muss an die bekifften Berber im marokkanischem Riffgebirge denken. Das Naturvolk der Veddas kennt traditionellerweise eine Vielfalt von natürlichen Drogen, auch aus Baumrinden.
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Fliegen schwirren umher in der frühen Hitze des Tages. Ich mache ein Foto vom Häuptling und seinen Besuchern aus der nächsten Ortschaft. Zu diesem Anlass legt sich der Chef schnell seine Axt auf die linke Schulter so dass das Beil hinten liegt. Ich frage mich, ob er sich auch als Dschungel-Drogenlieferant betätigt. Bevor ich mich mit seinem jüngeren Sohn, Nuri, auf den Weg mache den Urwald näher zu erkunden, gehe ich kurz zum Frauen Chena hinüber, um Hallo zu sagen. Auf dem Lehmboden sitzt der älteste Enkel des Häuptling. Anstatt in die Schule zu gehen, kaut auch das Kind fleißig Betelnuss. Als ich ein Foto schießen will, leiht ihm sein Großvater rasch seine königliche Axt, Gal Rakki, um sie sich auf die Schulter zu legen.
 
Mit Nuri mache ich einen Ausflug in den umliegenden Jungel. Als erstes besuchen wir den Platz der Ahnen. Der junge Vedda, mit dem kariertem Tuch um den Hüften, zeigt mir voller Ehrfurcht den großen flachen Stein, unter dessen spitzer Kanten winzige Zweige gestemmt worden sind. Würde ich in einer Höhle wohnen mit der Phantasie eines Kindes, könnte dies einen prächtigen Miniaturpalast darstellen. Danach zeigt er, mit dem selben Respekt auf den leeren Platz daneben. Hier liegen die unsichtbaren Ahnen seitens seiner Mutter, meine ich zu verstehen. Dann gehen wir weiter, tiefer in das Gestrüpp. Offene Landstreifen wechseln schnell mit wildem, dichtem Urwald, Kala Pojja, ab. Die Luft ist feucht und schwül. Die Blätter der Bäume sind nass vom letztem Regen und wir schwitzen beide. Binnen weniger Minuten sind wir beide außer Atem. Ich, weil ich nicht fit bin; Nuri, weil er Betelnuss abhängig ist.