Zur Belohnung genehmigen wir uns nach der Wanderung noch einen Abstecher zum Squeaky Beach. Er hält, was er verspricht: Unter unseren Fußsohlen quietscht der weiße Quarzsand bei jedem schlürfenden Schritt. Doch dann müssen wir schon weiter, die Gegend der Gippsland Lakes ist unser Ziel. Einen Zwischenstopp legen wir in dem kleinen Fischerort Port Albert ein. Hier ist wirklich der Fisch begraben. Trotzdem oder gerade deswegen prangt ein neues Zu-Verkaufen-Schild an einer ehemals weiß verputzten Backsteinruine. Ein Dach gibt es nicht mehr, dafür Löcher in der Wand, durch die wilde Pflanzen wuchern. Ich wüsste zu gern, was dieser Schutthaufen wohl noch kosten soll?
 
Auf unserem Weg zum Golden Beach ist es dann soweit: Gut getarnt in den fahlen Grün- und Brauntönen der weiten Ebene, die sich zu beiden Seiten der Straße erstreckt, entdecken wir eine Känguruherde. Und ein paar Emus gibt es gleich noch dazu. Natürlich halten wir an und steigen aus. Da wir meilenweit die einzigen auf der schnurgeraden Straße sind, ist so ein spontanes Anhalten auch kein Problem. Trotz der relativ weiten Entfernung von etwa 100 Metern sehen die Sätze der Grauen Kängurus beeindruckend aus, als sie sich springend entfernen.
 
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Schon wenige Kilometer später macht Martin erneut eine sanfte Vollbremsung: Zwei Kängurus stehen nur wenige Meter neben der Straße und ja, was machen sie eigentlich? Sie gucken uns an. Und wir sie. Wir stehen uns gegenüber und Martin und ich sind hingerissen, ein so schönes Kängurupärchen zu sehen. Ob die Kängurus über uns ähnlich denken, wissen wir nicht. Das Männchen guckt uns etwas irritiert an; wenn wir mal ehrlich sind, scheint es mehr zwischen den Beinen als zwischen den Ohren zu haben. Das Weibchen mit seinen sanften braunen Augen hingegen lässt sich nur kurz stören und ist in Gedanken vielleicht bei seinem Joey, dessen Schwanzspitze aus dem verräterisch gerundeten Beutel lugt.
 
 
Nur ungern trennen wir uns von diesem faszinierenden und idyllischen Anblick. Auf Augenblicke wie diese haben wir gehofft, dafür sind wir ans andere Ende der Welt geflogen. In der immer noch heißen Abendsonne stehen wir irgendwo in der australischen Pampa zwei Kängurus gegenüber.
 
Doch ganz allein sind wir nicht, ein Schwarm Mücken nutzt unsere andächtige Stille und macht sich genüsslich über uns her. Aber das sind keine vorsichtigen europäischen Mücken, die sich nach langer Vorbereitung hinterrücks an die Wade anschleichen und unbemerkt einen sauberen Stich hinterlassen. Die australische Variante geht da sehr viel rabiater vor, die Mücken sind im Nu überall und stechen ungehemmt drauflos, am liebsten ins Gesicht. Notgedrungen treten wir den Rückzug an, doch auch im Auto hat sich bereits ein Dutzend der Quälgeister eingenistet, so dass wir einige Minuten hektisch um uns schlagend versuchen, den Biestern Herr zu werden. Als wir es endlich geschafft haben, begutachten wir die Stiche und versuchen, wenigstens die Beulen im Gesicht mit Salbe zu kühlen. Macht nichts, es hat sich gelohnt, die Kängurus werden wir nie vergessen.