Die Stadt Peterhof hat 90.000 Einwohner, hier gibt es schöne Villen und Häuser der neureichen Russen, wie Tatjana uns informierte. Auf dem Parkplatz der Sommerresidenz Peterhof standen zahllose Busse und Unmengen PKW’s und die Souvenirstände reihten sich nahtlos aneinander. Es war heiß, und Unmengen Menschen aller Herren Länder drängten zum Eingang. Auch wir hatten es schließlich geschafft und es gibt sicher niemanden, der nicht von den herrlichen Wasserspielen, Fontänen und Springbrunnen dieser grandiosen Anlage begeistert gewesen wäre. Aber in diesem riesengroßen, weitläufigen Park gibt es auch ganz stille, romantische Waldstücke, die bis zur Ostsee reichen. Es gibt immer wieder lauschige Plätzchen, grössere und kleinere Wasserspiele und Springbrunnen, wunderschöne Figuren und Skulpturen, Spiele von Licht und Schatten. Abseits der Hauptwege, auf denen ganze Prozessionen von Menschen flanieren - es ist Sonntag - ist es friedlich, still und idyllisch. Nirgends liegt auch nur ein Papierchen oder eine Kippe herum, alles ist piccobello sauber. Aufpasser pfeifen sofort mit der Trillerpfeife, sobald jemand in ein Blumenbeet oder über die Beetabgrenzung tritt. Ich hätte hier stundenlang laufen mögen, war aber dankbar, daß wir wenigstens 2 ½ Stunden Zeit hatten.

 

Dann verlassen wir diese Pracht und machen halt bei der wunderschönen altrussischen Peter- und Paul-Kirche nahebei. Zerlumpte Halbwüchsige und junge Kriegsversehrte finden wir hier. Ihnen gibt Brigitte Wienerle und Brot und Chips. Sie hat ein großes Herz und lebt nach der Devise “leben und leben lassen” und gibt, so lange sie hat.

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Auf dem Weg zum Katharinenpalast mit dem legendären Bernsteinzimmer kommen wir an einem Denkmal vorbei, das an die 900 tägige Belagerung Leningrads durch die Deutschen erinnert und den Helden gewidmet ist. Die grauenhafte Geschichte der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts ist allgegenwärtig. Zu grausam und zu groß die Verluste, als daß dies nach mehr als 50 Jahren der Vergangenheit angehören könnte. Es darf auch nicht vergessen werden, um es nie mehr möglich zu machen.

 

Auf der Weiterfahrt sehen wir große neugebaute Fabrikgebäude: Coca Cola, Gilette und Dutzende andere, die sich hier bereits niedergelassen haben. Den Flughafen lassen wir rechts liegen und fahren dann nach Puschkin, einer 96.000 Einwohner-Stadt, die nach Russlands berühmtesten Dichter Puschkin bekannt ist und wo das Zarendorf mit der Sommerresidenz, dem Katharinenpalast, auf uns wartet. Es ist ein prachtvoller, riesiger Barockbau in Blau-Weiß-Gold, wo Tausende von Menschen auf Einlaß warten, denn alle wollen das neu konstruierte Bernsteinzimmer sehen, das pünktlich zur 300 Jahr-Feier fertig wurde, nachdem 24 Jahre lang daran gearbeitet worden ist.

 

Wir stehen lange in schlechter Luft, dürfen aber schließlich auch mit der Führung beginnen. Es darf immer nur eine Gruppe von Raum zu Raum gehen, sonst würde man erstens nichts sehen und zweitens bestünde in dem Gedränge die Gefahr von Beschädigungen. Es sind wunderschöne Zimmer, jedes anders eingerichtet, aber in jedem ein deckenhoher Ofen mit blauweissen Kacheln. Und schließlich stehen wir drin, im lang erwarteten und so berühmten Bernsteinzimmer, das glänzt und funkelt und wirklich prächtig anzuschauen ist. Die großen Spiegel verstärken den Glanzeffekt noch, und dieses Zimmer ist wirklich ein Juwel unter den Prachträumen dieser Residenz. Aber wenn ich ehrlich bin, hat mir das sogenannte “Grüne Zimmer” noch besser gefallen, denn es strahlte eine dezente Eleganz aus und wirkte auf mich nicht so überladen bombastisch. Dann war die Führung auch bald beendet, und nach dem Gruppenfoto konnten wir noch durch die schöne Parkanlage laufen und schlichtes Grün geniessen. Es war immer noch heiß und sonnig, und wir waren alle ziemlich geschafft. So fuhren wir denn auch schnurstracks zu unserem Hotel, wo es heute ein recht leckeres Abendessen gab. Danach war ich so müde, daß ich bloß noch ein bißchen über Estland gelesen habe. Mir fiel ein, daß wir heute erst 6 Tage unterwegs sind, aber mir kam es so vor, als wären wir schon seit Wochen auf Reisen. Man kann derart viele Eindrücke in so kurzer Zeit einfach nicht verarbeiten. Wenn ich nicht ständig tagsüber Notizen über den Ablauf gemacht hätte, wäre dieser Reisebericht kaum möglich.