Bei Häädemeeste verlassen wir die Via Baltica, um auf einer Nebenstraße einen Blick auf die typischen kleinen Holzhäuser zu werfen, wo es sogar noch Ziehbrunnen gibt. Wir fahren parallel zur Ostsee, die teilweise nur 100 m von der Straße entfernt verläuft. Hier gibt es auch kleine Ferienhäuschen, die verschlafen und idyllisch zwischen den Bäumen stehen. Hier können Naturliebhaber friedliche Ferien verbringen. Bei Ikla kommen wir zur Grenze nach Lettland, wo wir ganz flott abgefertigt werden und dann immer an der Küste entlang fahren. Hier könnte man 100 km lang an völlig unberührtem Strand entlanglaufen, es gibt keinerlei touristische Infrastruktur, es ist ganz ursprüngliches Land, Livland, wie dieser Teil Lettlands heißt. Hier gibt es viel Wald und weite Wiesen und fast keine Menschen. Geradezu paradiesisch für den, der Einsamkeit mag.

 

Lettland hat nur 2,7 Mio Einwohner und ist so groß wie die drei Beneluxstaaten zusammen, ist also extrem dünn besiedelt. 70 % der Bewohner leben in den Städten, hauptsächlich in Riga mit über 800.000 Einwohnern. Riga ist nicht nur die größte Stadt Lettlands, sondern auch die größte der drei baltischen Staaten. Lettland hat eine ganz eigene Sprache, so daß Esten und Letten sich nicht verstehen können. Beide sprechen durch die 50 jährige russische Besatzungszeit jedoch russisch, aber lieber schweigen sie, als daß sie russisch zu sprechen.

 

An einem Parkplatz direkt am Meer machen wir Mittagspause, laufen zum Strand und vertreten uns ein bißchen die Beine. Dann geht es weiter durch endlosen Wald aus Birken und Nadelhölzern. In einem kleinen Ort werden wir von der Polizei gestoppt, weil wir zu schnell gefahren sind. Da wir hier nur mit lettischen Lats bezahlen können, aber nur Euro haben, zahlen wir eben 10 Euro, dafür ohne Quittung. So einfach ist das.

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Schließlich kommen wir bei 31 in Riga an, einer aufstrebenden, sauberen Stadt mit vielen modernen Neubauten und Läden. Aber es gibt natürlich auch hier noch alte, baufällige Häuser. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Aufbauarbeit in den vergangenen 12 Jahren überall geleistet worden ist. Hier gibt es auffallend viele schöne Frauen, die sehr gut und sehr modern gekleidet sind.

 

Unsere heutige Bleibe ist das feine Hochhaushotel “Reval Hotel Latvija”mit 27 Stockwerken. Mein Superzimmer befindet sich im 13. Stock mit atemberaubendem Blick auf die Stadt mit ihren vielen Kirchen. Direkt vor mir steht die wunderschöne russisch-orthodoxe Christi-Geburt-Kirche mit den fünf schwarz-goldenen Kuppeln. Mit dem Lift fahre ich in das Panoramarestaurant im 27. Stock und schaue mir die Stadt rundum von oben an, einfach toll! Dann steigen wir bei 35 wieder in den Bus, nehmen unsere Stadtführerin mit und beginnen die Stadtrundfahrt. In Riga gibt es 28.000 Studenten und ausgedehnte Universitäten. Vor unserem Hotel befindet sich ein schöner Park und rechts davon liegt die herrliche Akademie der Künste in Backsteingotik. Riga hat etwa 700 Jugendstilhäuser, von denen schon sehr viele restauriert wurden und noch werden. Unsere Stadtführerin Nora, sagte mir jedoch nicht sehr zu, weil sie vor lauter Äh’s und dauernden nervösen Wortwiederholungen ewig lange brauchte, um etwas zu erklären. Und sie erklärte alles haarklein. So genau wollte zumindest ich nicht alles wissen, und als wir schließlich an der Daugava, dem breitesten Fluß Lettlands, der 1500 km quer durch Lettland verläuft, ausstiegen zum Rundgang durch Riga’s Altstadt, nahm ich meinen Stadtplan und verabschiedete mich von der Gruppe, um auf eigene Faust diese schöne Stadt zu entdecken. So konnte ich da verweilen, wo es mir gefiel, und es gefiel mir vieles. Die Hitze setzte mir zwar gewaltig zu, aber in den schönen kleinen Gässchen mit den liebevoll restaurierten Häusern gab es auch immer Schatten. Auch hier gibt es Unmengen Straßencafés, Bistros und jede Menge junge Leute, die mir hier extrem körper- und modebewußt erschienen. Vor allem junge Frauen tragen sehr gewagte Miniröcke und knallenge, bauchfreie Hosen. Dazu tragen sie hochhackige Pumps mit Bleistiftabsätzen, was auf diesem gemeinen Kopfstein-pflaster geradezu selbstmörderisch ist, wo doch schon das Laufen in Birkenstock & Co. Mühe macht. Gegen diese gertenschlanken, gestylten Superfrauen kam ich mir vor wie das Lieschen vom Lande, und nicht nur mir erging es so. Eine solche Demonstration von Schönheit und bewußter Weiblichkeit habe ich noch nie gesehen, Ich habe gelesen, daß die Frauen hier einen derartigen Kult treiben, um besonders aufzufallen und sich aus der Masse abzuheben, damit sie einen Mann bekommen, da in Lettland Frauenüberschuß herrscht. Man könnte also meinen, daß die Männer hier die Qual der Wahl haben. Bleibt nur die Frage, ob außer Schönheit sonst noch etwas vorhanden ist, was bleibt.