Kaum brechen wir wieder mit unseren Rädern auf, beginnt es zu regnen. Nach einem kurzen Zwischenstopp im Tal Asbyrgí, dem nördlichsten Punkt unserer Reise, legen wir die nächsten dreiundvierzig Kilometer hauptsächlich schiebend zurück. Die Masse an Schlaglöchern und herumliegenden Steinen macht das Fahren zu einem wahren Parcours. Außerdem haben unsere werten Hinterteile noch etwas Erholung nötig… Und schon ziehen neue Regenwolken beharrlich neben uns her. Zuerst schicken sie einen wunderschönen Regenbogen, dann begießen sie uns. Zurück bleiben lehmige Pfützen, deren Schlamm sich heimtückisch in sämtliche Ritzen meiner Radkette festsetzt. Bevor wir weiterfahren können, muss ich mein Rad erst einmal entrümpeln.
Insgesamt brauchen wir drei Tage bis nach Egilsstaðir, dem östlichsten Punkt unserer Reise. Wir folgen einfach nur der Straße und geben uns dem Radfahren hin. Erst noch auf einer Nebenstraße, dann mit leichtem Gefälle auf der hier geteerten Ringstraße. Wir rollen quasi bis auf den Zeltplatz von Egilsstaðir. Daneben steht ein großer Supermarkt, und wir fallen, kaum steht das Zelt, wie ausgehungerte Heuschrecken über die Lebensmittel her.
Wir können uns kaum beherrschen, doch bevor wir schlemmen, wird Wäsche gewaschen, die Grundordnung in den Satteltaschen wieder hergestellt und wir selber unterziehen uns in den windgeschützten Waschräumen mit warmen Wasser einer gründlichen Säuberung. Aber dann – dann fallen wir über eine Riesenportion Nudeln (ganz ohne Suppe), köstlichen Trinkjoghurt und Schokolade her. Himmlisch.
 
 
Sanft schaukeln wir schläfrig in bequemen Sitzen hin und her. Wir legen die 303 Kilometer bis Höfn mit dem Bus zurück. Beim Anblick aus dem Fenster sind wir froh, nicht auf dem Rad zu sitzen. Da hätten wir nur sehr wenige geeignete Plätze für ein Nachtlager gefunden. Links von uns fällt das Land steil ins Meer hinunter, rechts von der Straße gleich der Bergkamm.
Es ist schon Abend, als wir in Höfn ankommen. Trotzdem fahren wir noch ein Stück weiter, um unser Nachtlager an einer Gletscherzunge des Vatnajökull aufzuschlagen. Auf dem Weg dorthin müssen wir das erste Mal ein kleines Flüsschen, eher einen Bach, furten. Das Wasser ist ganz klar, ich kann jeden Stein erkennen. Da ich keine nassen Schuhe bekommen will, ziehe ich die Sandalen an und schiebe mein Rad hindurch. Hurra, meine erste „Furt“!