Weiter geht es nach Alcobaca zur Zisterzienser-Abtei, ebenfalls wieder ein Riesenbau. Für heute habe ich aber genug und Gerda auch. So genießen wir die langsam wieder wärmende Sonne, laufen durch herrliche Gärten, kaufen Keramik und genehmigen uns dann in einem Straßencafé einen café con leite, wie hier der Milchkaffee heißt. Das war eine echte Urlaubsstunde. Unser Rotel bringt uns dann in das kleine Dörfchen Sitio, das auf eine Klippe hoch über dem Atlantik liegt. Der Blick auf das Meer ist herrlich. Hier laufen noch Frauen in ihrer alten Tracht mit kniekurzen Röcken und 7 Unterröcken herum und versuchen, getrocknetes Obst zu verkaufen. Jede Menge Läden und Stände mit Stricksachen, Kacheln und Souvenirs aller Art sind hier und warten auf Käufer, die sie auch finden. Dann geht es runter nach Nazaré, einem alten Fischerdörfchen, das einst sicher recht romantisch war. Nazaré hat einen schönen langen Sandstrand und nette alte Gässchen, wenn man sie sucht. Die Strandpromenade ist jedoch voll touristisch erschlossen mit endlosen Lokalen und Souvenirshops. Wir laufen barfuß am Strand entlang und trotzten dem Wind. Große Möwen lassen sich tragen und schweben über Meer und Strand, ein schönes Bild. Fischer sitzen am Ufer und flicken ihre Netze. Alte Frauen haben Fisch auf Gitter zum Trocknen gelegt und halten einen Schwatz. Das alles ist recht malerisch. Nach unserer Strandwanderung finden wir wieder einen Platz in der Sonne und genießen zum Kaffee eine Spezialität des Landes: kleine Blätterteigtörtchen mit Pudding. Sehr klein und fein.

 

Rein geht es in den Bus und zurück nach Fatima, wo unser „Schlafzimmer“ bei der Steyler Mission wartet. Gerda und ich verzichten auch heute auf eine windigkalte Suppe und steuern schnurstracks die Pizzeria von gestern an. Da wir recht früh wieder zurück sind und die meisten sich wegen Wind und Kälte irgendwohin verzogen haben, suchen wir die Bar der Mission auf. Ja, richtig, in der Mission gibt es im Keller eine Bar, Pilger sind nicht unbedingt auch Asketen. Dort sitzt ein Teil unserer Gruppe aus purer Verzweiflung, auch Peter sitzt einsam an einem Tisch und empfiehlt uns angesichts der Kälte Brandy. Die Bar ist ein total ungemütlicher, großer, hallender Raum; der Fernseher plärrt vor sich hin, und so bleiben wir nicht lange, sondern gehen unter die Dusche und anschließend in unsere Kojen.

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Es ist Sonntagmorgen, kalt und windig. Wir frühstücken um 6.30 Uhr und schlottern. Heute haben wir eine große Strecke zu fahren, denn unser heutiges Ziel heißt Lissabon. Peter informiert uns während der Fahrt über die 2000 Jahre alte Großstadt, die fast 1 Mio Einwohner hat und die zu den schönsten der Welt gehören soll. Aber bis dahin haben wir noch einiges zu sehen und durchfahren große Korkeichen- und Eukalyptuswälder und immer parallel zum Tejo, diesem großen Fluß, der bei Lissabon in den Atlantik mündet und dort so breit ist wie ein See. Schließlich kommen wir in Lissabon an, sehen eine der größten Hängebrücken der Welt, nämlich die Ponte Vasco da Gama, die 17,5 km lang den Tejo überspannt und sehr eindrucksvoll aussieht.

 

Unser schöner Campingplatz Monsanto liegt 8 km außerhalb der Stadt. Der nächste Morgen ist wieder sehr kühl und windig. Wir fahren nach Lissabon hinein zum Hieronymuskloster mit Kathedrale. Wieder so ein Riesenklotz, in dem u.a. Vasco da Gama ruht, der Indien entdeckt hat. Da die Kathedrale ein Gotteshaus ist und kein Museum, wird die Kirche 30 Minuten nach Ende der Messe geschlossen. Das bedeutet, daß sich in diesen 30 Minuten Tausende von Besuchern zusammendrängen, um auch dieses Bauwerk noch zu sehen. Hier herrscht das größte Gedränge und die übelste Sprach- und Lärmkulisse von Dutzenden Reiseführern und ihren Gruppen aus aller Welt. Mir kam es vor wie der Trubel auf einem Jahrmarkt, und hier hatte ich dann endgültig die Nase voll von Menschenmassen. Ich kämpfte mich nach draußen, während die anderen brav im Pulk blieben, um einen Blick auf das Kloster und den Kreuzgang zu erhaschen. Gerda und ich liefen ein bißchen durch die schönen Parkanlagen direkt am Tejo. Aber da es so kühl und windig und daher ungemütlich war, fanden wir denn Bus direkt wie eine Oase vor. Auch die Gruppe kam bald ziemlich entnervt zurück. Auf der anschließenden Stadtrundfahrt kamen wir auch zum Turm von Belem, den ich vor 22 Jahren bei meinem Zwischenstop in Lissabon auf dem Weg nach Brasilien schon kennengelernt hatte. Das war aber auch das einzige, an das ich mich erinnern konnte. Jedenfalls ist dieser trummige Turm direkt am Tejo gelegen eines der Wahrzeichen der Stadt. Von hier sehen wir auch die Brücke des 25. April (Tag der Revolution gegen die Diktatur 1974), die der berühmten Brücke in San Francisco erstaunlich ähnlich sieht. Gegenüber steht auf einem Riesensockel eine Christusstatue, die ich damals in Rio auf dem Corcovado mit 38 m Höhe vorfand. Brasilien ist ja eine ehemalige Kolonie des kleinen Portugals gewesen, und bis heute wird dort portugiesisch gesprochen.