Auf Tuchfühlung mit braunen Bären und weißen Vulkanen –

TEIL 1: Braunbären als Nachbarn
 
Ankunft im Bärenland
 
Eine junge Dame in oliv-grüner Ranger-Uniform empfängt uns am Ufer des Naknek Lake, freundlich und informationssprühend, aber auch mit unmissverständlichen Anweisungen, als wir aus dem Wasserflugzeug klettern. Sie gehört zum Aufsichtspersonal des Katmai-Nationalparks im Südwesten Alaskas. Spätestens im dritten Satz wird jedem klar, welches der Grund für die deutlichen Hinweise ist: “You are in bear country.”
Sie sind nämlich die absoluten Herrscher in diesem Schutzgebiet 500 Kilometer südwestlich von Anchorage: die Alaska-Braunbären – die gröβten Raubtiere der Erde. Und sie lassen sich weder durch die knatternden Wasserflugzeuge noch durch die wenigen Auβenborder ihre uneingeschränkte Souveränität nehmen, und schon gar nicht durch die Zelte eine halbe Meile nördlich vom Brooks Camp, die gelegentlich reihenweise zu Bruch gehen.
 
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Verhaltensregeln
 
Wir sind also Gäste im Land der pelzigen Riesen – und nichts mehr. Über die Regeln des Gastrechts werden wir eindrücklich belehrt: Nichts, aber auch wirklich nichts Riech- oder Essbares im Zelt lassen, einschlieβlich Seife, Kosmetika, Zahncreme, Insektenschutzmittel. Die Braunen sind nicht wählerisch. Alles muss in die stelzenbeinige Futterhütte, mit immer wieder niedergelegter Leiter bitteschön! Lärm machen soll man: „Lassen Sie die Bären immer wissen, wo Sie sind.” Und amerikanisch-eindeutig: “If a bear approaches you it is time for you to leave” – „Wenn ein Bär sich Ihnen nähert, ist es Zeit für Sie zu verschwinden.”
Und wenn es denn doch einmal zu Konflikten kommen sollte? Nun, die Ratschläge sind ebenso lapidar wie wirklichkeitsnah: Weglaufen ist zwecklos; die so tapsig wirkenden Gesellen holen jeden Hundert-Meter-Weltrekordläufer ein! Wegschwimmen? Ebenfalls sinnlos! Sie kraulen auch schneller. Am besten redet man ihnen gut zu, ruhig, mit tiefer Stimme; das mögen sie, vor allem, wenn man sich dabei langsam zurückzieht. Und wenn auch das nichts nutzt? Dann heiβt Totstellen die Devise, Hinlegen mit dem Gesicht zum Boden, mit den Händen im Nacken und – Abwarten! Sie beiβen gewöhnlich nur in Schultern und Oberschenkel…