Am Abend inspizieren wir die lebendige Stadt. Noch heute widerspiegelt sie den früheren Reichtum: prachtvolle Kirchen, aufwendige Fassaden, Balkone, schöne Häuser. In engen Gassen drängen sich Jugendliche, vorbei an Straßenverkäufern, Ständen mit Torten, Grillfleisch, Kleidungsstücken, nervender dichter Autoverkehr. Im Hof der berühmten Casa de la Moneda grinst uns die lachende Venezianerin an. Das monströse Bauwerk flößt Ehrfurcht vor der Historie ein. Schwierig ist, eine ansprechende Gaststätte zu finden. In „Le Boulevard“ gibt es Kerzenlicht, Stoffservietten, Grillteller, Lamaleder, chilenischen Rotwein.
07.04.2001
Zeitig geht es zum Touranbieter, doch vorher frühstücken wir bescheiden beim Dänen. Die Krümel vom Abend liegen noch auf dem Tisch.
Mit Bus werden wir zum Depot transportiert und in Gummistiefel, Helm mit Lampe, wasserdichte Jacke gekleidet. In der Mercado de Mineros kaufen wir Geschenke wie Zündschnur, Dynamitrollen, Kokablätter, Alkohol für die Mineros. Denn nun wollen wir in den Silberberg einfahren. Erst geht es auf den geschundenen, durchlöcherten Cerro Rico, der 800 m über der Stadt thront. Wollte man alle Stollen der 500 Mineneingänge durchlaufen, benötigte man dazu Wochen.
Zwischen eisernen Loren, Hütten und Kompressoren muß man vor dem Loch warten. Dann geht es los, wir folgen den Schienen in Wasser und Schlamm, in gebückter Haltung, in Dunkelheit, immer den Stollen entlang. Wenn die Arbeiter mit den erzgefüllten Loren angerollt kommen, hilft nur ein Sprung an die Wand.

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Die Gänge werden enger, jetzt wird es feuchtwarm, es stinkt nach Schwefelwasserstoff. In die einzelnen Ebenen, wo gefördert wird, muß man abwärts rutschen, durch Löcher auf Leitern absteigen, auf Brettern über Abgründe balancieren und immerzu stößt man sich an den behelmten Kopf. In einem stillgelegten Stollen wird Onkel Tio, der Teufel, gezeigt. Eine lebensgroße Lehmfigur, der man zwecks Wohlgesonnenheit Schnaps, Föten, Koka, Zigaretten opfert und freitags ein Gelage veranstaltet. Der führende Minero erklärt die schwere Arbeit, die Lebensbedingungen (6 Tagewoche, 7 Stunden, 140 - 300 $), 40 Jahre Lebenserwartung, Kinderarbeit.
Die armen Sklaven arbeiten im Getöse der Bohrhämmer, in der heißen, stickigen, arsen- und bleihaltigen, staubigen Atmosphäre. Sie schieben Karren, Loren, sie schaufeln das Erz in Jutesäcke, die am Drahtseil hochgehievt werden. Nach Stunden klettern wir die Gänge wieder zurück. Als wir die Sonne wieder begrüßen, sind alle nachdenklich bedrückt. Eine Vorführung demonstriert die Wirkung des Dynamits, welches hier freiverkäuflich ist (...).
Heute wird vorrangig Zinn gefördert, die Minen haben ihre Bedeutung verloren, der frühere Abraum wird wiederholt durchwühlt und die Gegend ist zum Armenhaus Boliviens verkommen.
Nachmittags regnet es, wir säubern uns, laufen ins Zentrum. Die vielen schönen Kirchen haben leider geschlossen, in „1775“ essen wir zu Abend.
08.04.2001
Das Hotel schläft noch, der Boris muß geweckt werden, bezahlen, aufschließen ...
Da kommt der gleiche Taxifahrer von der Herfahrt vorbei und nimmt uns zum Bus nach Oruro mit.
In meinem Magen rumort es, ich bin schwach und schläfrig. Wie immer folgt eine Fahrt durch schönes Land, auf unbefestigter Straße. Als Fahrgast ist heute auch ein kleiner Affe an Bord.
In Oruro, einer unschönen Stadt, steht Uli geduldig nach Zugfahrkarten an. Der Markt ist urig-oruisch.
09.04.2001
Nach der Pizza habe ich erholsam geschlafen. Alles wieder i. O.
Mit Sack und Pack tippeln wir zum Bahnhof. Man reist standesgemäß per Expreso del Sur nach Uyuni. Erst werden uniformierte Beamte und der Zug fotografiert. Das Tor wird aufgeschlossen, nun rollt der Expreso hinaus durch die Stadt, auf dem Damm zwischen Wasser und Flamingos des Uru-Uru-Sees.
Wieder erfreut man sich an Bilderbuchmotiven: Eisgipfel, Lamaherden, Tuffberge, Seen, Puna, urzeitliche Behausungen, Lichtspiegelungen .... Langsam wird alles eingestaubt. Im Wagen läuft der Fernseher mit blutrünstigen Schinken, dazu werden die Fensterrollos geschlossen und alles schaut gebannt in die Kiste!! Unglaublich! Ich fotografiere von der vorderen Plattform die herrliche Szenerie. Im schicken Speisewagen wird vornehm zu Mittag gespeist.