Pünktlich, nach sechs Stunden, halten wir in Uyuni (3 700 m). Die geballten Mengen Gringos stürzen sich auf den Gepäckwagen. Die Polizei regelt die Ausgabe. Die „Sibirische Arbeitersiedlung“ wird wie beschrieben vorgefunden. Breite Straßen, Peitschenlampen, Arbeiterdenkmale, blattlose Bäume, der Wind treibt Plasttüten vor sich her, Hunderudel quirlen vor unseren Füßen. Viele Touris vom Zug belagern Hostals und Touranbieter. Doch wir finden eine Unterkunft mit kleinen, gemütlichen Zellen bei stetem Wassermangel. Im Lokal essen nur Leute, die wir kennen. Bei Olivo-Tours haben wir unser nächstes Programm gebucht. Erst später lesen wir im Reiseführer, daß von diesem Veranstalter abzuraten ist.
Nachts gewittert es, das Militär in der Nachbarschaft musiziert und der Bau ächzt im Wind.
10.04.2001
Die Salartour ist für 8.00 - 8.30 Uhr zugesagt, als 9.15 Uhr immer noch kein Fahrzeug in Sicht ist, geht Martina I zu Olivo und kommt mit der Auskunft „manana“ zurück. So stürmen wir alle fünf, fünfzig Zentner schwer, dahin. Laute Debatten, zwei Deutsche warten auch noch, sie spricht gut spanisch. Wir fordern unser Geld zurück. nach einigen Minuten sind Auto und Fahrer zur Stelle, dieser ist sehr nett und entschuldigt sich. Der Toyota klappert, Rost und Salz halten ihn zusammen.
Auf der Wellblechpiste ins Nichts werden wir durchgeschüttelt. Am Eingang halten wir im Dorf Calchani, ein Zentrum der Salzgewinnung.
Diese größte Salzpfanne der Welt bedeckt eine Fläche von 12 000 km² (17 x Bodensee). Von den Andenbergen eingeschlossen ist sie abflußlos. Während der Regenzeit hat es außergewöhnlich viel Niederschläge gegeben, deshalb ist die Salzkruste wadentief mit Wasser bedeckt.

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Zuerst durchschneidet der Fahrweg die Salzwüste, die wie verschneit wirkt. Salzarbeiter häufeln Kegel an, die auf total verrottete Lastwagen geladen werden, dann durchpflügen wir das Wasser. Am Horizont bewundern wir unwirkliche Spiegelungen und Lichtreflexe. Mit einer Fantaflasche gießt der Fahrer durch das Türfenster Wasser auf die Frontscheibe, der zerfledderte Scheibenwischer versucht verzweifelt etwas Sicht freizukratzen. Die Türdichtungen sind undicht, so tropft das Spritzwasser immer auf die Sitze, auch das eingeklemmte Handtuch verhindert das nicht. Mit der Zeit setzen wir, Rucksäcke und Polster eine Salzkruste an.
Mittags besichtigen wir das Salzhotel. Haus und Mobilar sind nur aus Salzquadern gefügt. Sehr gemütlich, aber heute eben von Wasser umgeben (Gebhards Visitenkarte an der Pinwand).
Ganz fern liegt die Isla del Pescado, dort möchten wir noch hin, aber sie kommt und kommt nicht näher. Nach 15 Uhr landen wir mit unserer Salzschüssel an. Die kleine Felseninsel zieren tausende Säulenkakteen von bis zu 8 m Höhe, ein Märchen in der blauen Salzwasserunendlichkeit. (Haageocereus, Cleistocactus, sie sind so stark bewehrt in dieser Sonne auf 3 700 m Höhe, daß man sie schwer bestimmen kann). Steinrosen und erstarrte Lavatöpfe sind Zeugen des Vulkanismus.
16.15 Uhr plantschen wir heimwärts, nach einem Imbiß und mit viel belichtetem Film.
Ein zweites Fahrzeug folgt uns. Öfters halten wir, um Kühlwasser nachzufüllen, den Motor abkühlen zu lassen und auf den Nachzügler zu warten.
Ein zauberhafter Sonnenuntergang zwingt zum Fotostop. Unwirkliche Luftspiegelungen, bei denen verschiedene Farbtöne ineinander fließen, faszinieren uns, die Horizontlinie ist nicht zu erkennen, Inseln schwimmen in Wolken. Die weißen Häubchen der Vulkane werden rosa angehaucht. Das Farbenspiel wird immer fantastischer. In den gewaltigen Gewitterwolken über den Bergen zucken Blitze. Ein Kaleidoskop der Natur.
In kurzer Zeit wird es dunkel, über uns die breite Milchstraße und der sternenreiche Südhimmel in dieser Höhe erstaunen immer wieder.
In stockdunkler Nacht fahren wir ohne Licht, scheinbar ohne Orientierung, hinter salzverkrusteten Scheiben, soweit sich’s ahnen läßt, ringsrum nur Wasser bis zum Horizont, ins schwarze Nichts hinein ...
Wir halten, Wasser auffüllen, absolute Stille, nur Tropfen vom Auto fallen ins Wasser, das zweite Vehikel ist nicht zu vernehmen, warten ...
Mit der Taschenlampe geben wir Blinkzeichen, irgendwann kommt ein dunkler Schatten angetuckert. Weiter, aber die Seitenscheibe geht nicht mehr hochzudrehen, langsam deckt das salzige Sprühwasser alles zu. - Reparatur erfolgreich.
Wieder Halt! Am Motor funktioniert etwas nicht. Unsere Stirnlampe leistet dem Fahrer gute Dienste. - Reparatur erfolgreich.
Anhalten, Kühlwasser auffüllen und auf den zweiten warten. Ihm muß nach Ankunft geholfen werden. Eine Verschraubung am Kühler geöffnet - wuff - eine riesige Dampfwolke - fauchen, zischen, gurgeln, irgendwann Weiterfahrt.
Mit der Fantaflasche Sehschlitze in die Salzkruste gelöst, weiter ...
Halt, jetzt entflechtet der Fahrer Drähte im Motorraum mit erfolgreichem Ergebnis: der Motor läßt sich wieder starten und ein Scheinwerfer geht an.
Der zweite Mann holt auf, von ihm borgt er sich jetzt Süßwasser zum Kühlen und Entsalzen.
Der Mond geht auf, ein gutes Zeichen! In der Ferne blinkt ein Licht aus Colchani. Und der fahrende Seemann fährt ... Er findet die Ausfahrt aus dem Salar! Jetzt haben wir festen Boden unter den Rädern! Da stottert der Motor und der Mensch hinterm Lenkrad verkündet fröhlich: Gasolina!, dann bleiben wir stehen.
Der Nachzügler schließt auf, kramt ein rostiges Abschleppseil hervor und knüpft es an. Holpernd geht es weiter im Schlepp, da reißt das Seil und wir stehen wieder unter dem bezaubernden Sternenhimmel. Der ewig zweite fährt nun als erster davon. Ein einäugiges Auto kommt entgegen, es ist die Veranstalterin, die uns sucht. Als erstes verteilt sie Rettungsdecken und macht sich mit einem leeren Kanister auf den Weg ...
22.15 Uhr langt die Expedition am Hotel an. Uns wird Abendessen serviert, die Zusage für die folgende Viertagestour gegeben und wir lachen noch im Schlaf.