„Unsere“ Schlange liegt eine Weile regungslos auf dem Weg und beobachtet uns. Dann schlängelt sie sich zielsicher durchs Gras in die nächste Lagune und verschwindet im Wasser. Erst jetzt löst sich unsere Spannung und wir bemerken den widerwärtigen Gestank um uns herum. Alle, die die Schlange angefasst hatten, stinken ekelhaft überall da, wo sie mit der Anaconda in Berührung gekommen sind. Auf meinen Handflächen haftet eine Art dicker Schleim, und als ich daran rieche, könnte ich kotzen. Pfui Deibel! Noch viel mehr stinkt Ewald, dessen Hosenbeine mit dem Schlangenkörper in Berührung kamen. Wie ich inzwischen weiss, haben Wasserschlangen ein Drüsensekret zur Feindesabwehr. Vermutlich stammt also dieser Gestank daher. Mit meinen feuchten Kosmetiktüchern bekomme ich das Zeug aber ganz gut weg. Ewald muss seine Hose aber anbehalten, und im Bus lästern wir dann gehörig. Abends im Zimmer stinkt es immer noch nach Anaconda und erst nach einer Weile finde ich die Schleimspuren auf meinen Schuhen, die mich schier zurückprallen lassen. Es stinkt wirklich sehr ekelhaft. Auch mit viel Schrubben bringe ich die Flecken nicht von den Schuhen, aber immerhin hört der Gestank auf. Somit haben diese Schuhe nun auch ihre Geschichte zu erzählen.
 

Auf dem Hato, der Farm, bekommen wir rasch unsere Zimmer in kleinen Häuschen. Schnell Sonnenbrille, Hut und Kamera packen, dann geht es los zu unserer ersten Safari durch die „Serengeti Venezuelas“. Ich bin hellwach und ganz aufgeregt. Wie sehr liebe ich doch solche Erkundungsfahrten, das sind die glücklichsten Stunden für mich. Und wir bekommen soviel Schönes zu sehen vom umgebauten LKW mit Längssitzreihen, mit dem wir auf der Piste durch das grosse Gelände der Farm ganz langsam fahren. Riesige Wasserflächen und Lagunen, in und an denen zahllose Reiher, Ibisse, Enten, Wasserhühnchen (Jacanas), Eisvögel, sogar Scherenschnäbel  und viele andere unbekannte Vögel, Kaimane und vor allem Wasserschweine zu Hause sind. Cayenne-Kiebitze und Kanincheneulen hausen am Rand der Piste.

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Überall um uns herum grasen Tausende von Rindern. Manche stehen in den Lagunen und grasen bis zum Hals im Wasser. Viele Kälber sind dabei und haben keine Scheu vor dem Wasser. Ihnen kann die Anaconda sehr wohl gefährlich werden, aber Ihre Lieblingsbeute sind die jungen Wasserschweine. Zahllose Wasserschweine sehen wir um uns herum, sie wollen unserem Fahrzeug nicht weichen und bequemen sich erst in letzter Minute dazu, so dass wir sie in aller Ruhe anschauen und fotografieren können. Es ist eine wahre Wonne, so von frei lebenden Tieren umgeben zu sein und sie ausgiebig betrachten zu können.