Als wir wieder bei unseren Fahrzeugen ankommen, fängt es wieder an zu schütten, und wir sind froh, wieder im Trockenen zu sitzen. Die Pferde und Yaks ringsherum scheinen den Regen zu genießen, weil er die lästigen Fliegen vertreibt. Der Regen hat in der Zwischenzeit die Piste in einen Schlammpfad verwandelt, überall stehen riesige Wasserlachen in den vorher trockenen Senken, so daß unsere Fahrt eine Schlitterpartie wird und wir etliche Flüsse mit Schwung durchfahren müssen, daß das Wasser nur so spritzt. Die beiden Kombis vor unserem Jeep geraten an einer Steigung gefährlich ins Rutschen hangabwärts, und es hätte nicht viel gefehlt, daß sie umgekippt wären. Es sah schlimm aus, ging letztlich aber doch noch mal glatt. Dann erreichen wir einen kleinen Ort, in dem es ein Telefon geben soll. Martin wollte noch anrufen, ob der vermißte Koffer von Martha doch noch angekommen ist, aber das Telefon funktioniert nicht. Das nächste ist 100 km entfernt. Martha ist ziemlich verzweifelt, aber letztlich lernt sie doch, ohne ihren Koffer zu leben, es bleibt ihr auch gar nichts anderes übrig. Sie hat inzwischen reichlich Kleidung von den anderen Reisegästen bekommen, aber scheußlich ist so eine Situation natürlich doch, denn das Gefühl, jedem zur Dankbarkeit verpflichtet zu sein, ist belastend. Später, als ihr Koffer in Ulan Batar am Hotel stand, war sie außer sich vor Freude und hat dann Wodka für alle fließen lassen.

Unterwegs besichtigen wir noch einige Kirgisengräber, die von sogenannten Hirschsteinen umgeben sind. Ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich damit gar nichts anfangen konnte, sondern mir viel lieber die Pferde und Yaks anschaute.

 

Ich kaufe Brot und Wasser und ein paar Tomaten, die es an einem Stand gab, aber die Tomaten stanken fürchterlich. Vermutlich wurden sie aus China importiert und mit Fäkalien gedüngt. Für mich waren sie ekelhaft und ungenießbar, ich habe sie anderen Reisegästen geschenkt, die sie trotzdem verspeist haben. Dann doch lieber Brot und Wasser. Der Fleischmarkt ist einmalig. In einer Art Baracke voller Balken hängen und liegen diverse Fleischstücke voller Fliegen, und auch ganzes Fettschwanzschaf hängt ohne Fell an einem Haken von der Decke. Diese Rasse wird von den Mongolen ganz besonders geschätzt, denn Fett ist hier sehr wichtig zum Überleben, vor allem im grausig kalten und langen Winter. Die Fettschwanzschafe haben anstatt eines normalen Schwanzes einen dicken Knubbel, der aus schierem Fett besteht. Wenn die Tiere laufen, hopst dieser dicke Schwanz wie ein Bommel immer auf und ab, was sehr lustig aussieht.

Dieser Markt ist für die Menschen der ganzen Umgebung sehr wichtig. Hier trifft man sich und kann Geschäfte jeder Art machen. Wir können wieder Menschenstudien treiben und uns an der unglaublichen Szenerie weiden.

Unser Übernachtungsplatz liegt etwas ausserhalb der Stadt, etwa 500 m von der großen Klosteranlage entfernt, die wir anschließend besichtigen. Erst scheint die Sonne wieder heiß und grell vom Himmel, dann brauen sich wieder dicke Gewitterwolken zusammen, und als wir zu Fuß wieder im Camp ankommen, hat Horst wohlweislich bereits eine Suppe gekocht, die wir so gerade noch essen können, bevor der Regen anfängt. Aber immerhin gibt es hier warme Duschen, was unbestritten einen Höhepunkt des Tages bedeutet. Das Wasser läuft zwar nur sehr spärlich, und wir müssen unter dem Wasserstrahl hin und her springen, um naß zu werden, aber wir haben ja Zeit und genießen diese seltene Möglichkeit. Später am Abend ist noch mongolische Folklore angesagt, und entgegen unseren Erwartungen haben wir es hier mit einem sehr guten Ensemble von 12 Leuten zu tun. Wir sitzen erwartungsvoll in einer Jurte, und ich erstehe die einzige Flasche Sangria, die zu haben ist. Es gibt allerdings auch noch eine Flasche Rotwein, dafür aber Wodka und Bier in Mengen. Ich hätte nicht gedacht, daß wir hier den für die Mongolei typischen Obertongesang hören würden, aber tatsächlich treten sogar zwei stämmige Sänger auf, die uns zum ersten Mal diese kaum beschreibbare Gesangeskunst vorführen. Es erfordert viele Jahre der Übung, bis es gelingt, zwei Tonarten gleichzeitig hervorzubringen, was anscheinend sehr anstrengend und wohl auch schädlich ist, denn bekanntermaßen werden die Obertonsänger alle nicht alt. Dafür aber genießen sie in der Bevölkerung höchstes Ansehen und werden verehrt. Wir waren ebenfalls ganz begeistert und beeindruckt, auch von den für uns fremden Instrumenten wie z.B. der Pferdekopfgeige, zu deren Entstehung es eine eigene Sage gibt. Dies würde hier aber zu weit führen. Es traten dann auch noch verschiedene Tänzer und sogar drei junge Mädchen auf, den den Schlangentanz vorführten. Wer schon einmal den chinesischen Staatszirkus gesehen hat, weiß, wie unglaublich diese Mädchen ihr Rückgrat verbiegen können, man kann kaum hinschauen. Klar, daß sie schon als kleine Kinder mit dem Training beginnen müssen. Zum Schluß wurde noch draußen im Freien ein Tanz mit etlichen großen Masken vorgeführt, und wir waren alle ganz beeindruckt. Schließlich saßen wir mitsamt den Künstlern an zusammengestellten Tischen zusammen in der Jurte und tranken Wodka und Bier und freuten uns über diesen einmaligen Abend. Dann wurde Discomusik aufgelegt, und im Nullkommanichts befanden wir uns alle in der Jurtenmitte und tanzten miteinander. Toll war’s!