Thailand Reisebericht:
5000 Kilometer durch den Dschungel

 

Schließlich war es dann doch soweit, und wir konnten in ein neues Flugzeug steigen, das man extra aus Singapur angefordert hatte, nachdem sich herausstellte, daß unser ehemaliger Flieger nicht so einfach zu reparieren war. Gegen vier Uhr morgens erhoben wir uns endlich in die Lüfte und blieben auch dort, bis gegen 8.00 Uhr deutscher Zeit die Landung in Frankfurt angekündigt wurde. Und wir landeten sanft und sicher. Rasch kamen wir durch die Zollkontrolle und gingen gespannt nach draußen. Und dann stand er tatsächlich da, der gute Gerhard. Mit geschlossenen Augen lehnte er an einer Wand, verwelkte Blumen in der Hand, und harrte seit 24 Stunden auf unsere Ankunft. Wenn das kein Freund war! Die Freude war riesengroß. Am Nachmittag trafen wir wohlbehalten wieder in Konstanz ein, das uns mit Nebel, Kälte und ekelhaftem Novemberwetter empfing. Und da sehnte ich mich doch glatt wieder zurück in die Sonne Thailands und Malaysias.

Selamat tinggal! (Aufwiedersehen)

 

Trotzdem herrschte eine schöne Stimmung an diesem letzten Abend, denn wir waren - abgesehen von den Holländern - eine recht gute Gruppe ohne Streitereien gewesen, und es hatte keine Pannen gegeben. Dafür wurden wir von Jeannette auch tüchtig gelobt.

Schließlich fuhren wir zum Flughafen, sagten allen ein herzliches Lebewohl und erhoben uns dann mit halbstündiger Verspätung in die Lüfte Richtung Heimat. Es gab wohl keinen, der jetzt nicht gerne heimflog.

Kurz nach dem Start wurde das Essen serviert, und danach wurde es mir unglaublich elend. Ich bekam Brechdurchfall und scheußliche Magenkrämpfe, die stundenlang anhielten. Zusammen mit Müdigkeit und allgemeiner Erschöpfung war ich zu dem Zeitpunkt zu nichts mehr zu gebrauchen. Mit Tabletten und Tropfen von verschiedenen Nachbarn hörten dann wenigstens die Krämpfe auf.

Wir hatten wieder eine Zwischenlandung in Bahrain am Persischen Golf, wo wir das Flugzeug für eine Stunde verlassen mußten. Dann starteten wir wieder. Nach fünf Minuten merkte ich, daß das Flugzeug nicht mehr stieg, sondern wieder runterging. Ich traute meinen Augen kaum, aber es war so. An den Notausgängen leuchteten die Lichter auf, und die Stewardessen machten betretene Gesichter. Was hatte das zu bedeuten? Plötzlich waren alle hellwach und äußerst beunruhigt. Dann knallte das Flugzeug mit einem Höllenkrach auf dem Boden auf, es schepperte und rumpelte, und wir fürchteten schon, der Flieger würde jeden Moment auseinanderfliegen. Wir kamen jedoch zum Stehen und waren in heilloser Aufregung. Wir erfuhren, daß das Fahrwerk kaputt sei und der Pilot auf einem "Bein" hatte landen müssen. Das hätte leicht schiefgehen können....! Wir stiegen verschreckt, aber auch erleichtert aus und gingen erneut in die Flughafenhalle von Bahrain. In zwei Stunden sollte der Schaden behoben sein, und wir lungerten in der zugigen Halle herum. Dort bekamen wir von der Singapore Airlines Tee und Butterbrote und dann sagte man uns, daß die Reparatur mindestens 12 Stunden dauern würde. Deswegen sollten wir in ein Hotel gebracht werden. Oh Gott, auch das noch! Und dabei waren wir so kaputt und geschafft

Wir mußten also durch den Zoll, und der achtete nur darauf, wer einen israelischen Stempel im Paß hatte. Das war bei der Hälfte der Gruppe der Fall, und sie durften den Staat Bahrain nicht betreten und mußten doch tatsächlich die ganze Zeit in dieser elenden Wartehalle verbringen.

Wir anderen - immerhin 420 Menschen in einem Jumbo - wurden mit etlichen Bussen zu den feinsten Hotels gebracht, die einen derartigen Luxus aufwiesen, wie wir uns das vorher gar nicht hätten vorstellen können.

Auf dem Weg zum hotel begegnete uns ein 600er Mercedes, in dem ein Scheich saß, und der Wagen wurde von 12 Harley Davidson eskortiert.

Im Hotel wurden wir sehr liebenswürdig in Empfang genommen und bekamen sofort Zimmerschlüssel ausgehändigt. Auf einer Tafel der Singapore Airlines stand, wann es für uns Frühstück und Mittagessen angesagt war und wann der voraussichtliche Weiterflug geplant war. Dann betraten wir ein Gemach von einem Zimmer. Es war ein riesengroßer Raum, ausgestattet mit Farbfernseher, Telefon, Schreibtisch, Eßtisch, gefülltem Kühlschrank. Sogar im Bad befand sich ein weiteres Telefon, so daß man sogar noch vom stillen Örtchen aus telefonieren konnte. Wir waren sprachlos.

Dann fanden wir uns zu einem bomfortzionösen Frühstück ein, daß uns das Herz im Leibe lachte. Da gab es richtiges Vollkornbrot, Schinken und Rührei, Würstchen, englische Marmelade, Quark, Butterhörnchen und jede Menge Obst. Wir konnten es kaum glauben und taten uns daran gütlich. Danach legten wir uns in ein traumhaft gutes Bett und schliefen sofort ein. Gegen 13.00 Uhr wurden wir wachgeklingelt, und man teilte uns mit, daß die Singapore Airlines eine Inselrundfahrt für uns organisiert hatte. Da wir bestimmt nie mehr nach Bahrain kommen würden, wollten wir uns das noch ansehen. Es war zwar gegen jede Vernunft, und wir waren so hundemüde, aber die Neugierde siegte, und so fuhren wir drei Stunden kreuz und quer über die Insel, sahen den Persischen Golf, Palmen und Wüste und die Arbeiter, die Fischreusen aus Draht herstellten und wie Fischerboote nach jahrhundertealter Tradition hergestellt wurden. Nebenbei erfuhren wir manches Wissenswerte über diese Insel. Es gibt hier nicht viel Öl, das meiste wird aus Saudi Arabien importiert und fließt in langen Pipelines über der Erde in Raffinerien. Der Reichtum Bahrains ist auf dem reichen Trinkwasservorkommen aufgebaut, mit dem auch die Nachbarstaaten versorgt werden. Außerdem ist es das Bankenzentrum des ganzen Mittleren Ostens. So erklärten sich dann auch die unzähligen protzigen Bankpaläste, die wir sahen.

Es wurde schnell dunkel, und wir sahen aber noch eine Ölpumpe und viele gutgefütterte Dromedare.

Zurück im Hotel erfuhren wir, daß wir um 22.00 Uhr abgeholt und zum Flughafen gebracht werden sollten, da unser Weiterflug für 2.45 Uhr angesetzt war. Man wollte uns um 21.15 Uhr wecken, und bis dahin fielen wir in einen bleiernen Schlaf. Als wir von alleine wachwurden, war es 22.00 Uhr, und wir stürmten in die Hotelhalle, weil wir dachten, daß man vergessen hatte, uns zu wecken. Dort war kein Mensch zu sehen, und wir erfuhren, daß der Weiterflug nochmals um 2 Stunden verschoben worden war. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Die Zeit bis dahin verbrachten wir am kalt-warmen Büffet, das wirklich sehr lecker war und uns die Wartezeit angenehm verkürzte. Dann ging es tatsächlich zum Flughafen, wo wir den Rest der Gruppe, die wegen des israelischen Stempels im Paß dort ausharren mußten, total entnervt und völlig kaputt vor. Sie waren zwar mit Decken und Essen versorgt worden, aber gegen die zugig-kalte Klimaanlage half das nicht viel. Außerdem war es in dieser Halle sehr laut, und die Araber haben weiß Gott keine feinen Manieren, sie spucken und rotzen überall rum, daß einem schlecht werden kann.

Eine Frau hatte sich bereits fürchterlich erkältet, und da sie sowieso schon eine Darminfektion hatte, ging es ihr ganz übel. Unsere Frau Ost war auch fix und fertig und zu schwach, um noch zu schimpfen. Sie wollte nie mehr in die Tropen fahren, sondern sich zukünftig in Europa umsehen. Mit 68 Jahren ist das wohl auch besser. Man muß schon sehr gesund und stabil sein und eine gute Kondition mitbringen, wenn man mit Rotel-Tours solch anstrengende Reisen mitmachen will. Erni wollte auch nie wieder mitfahren, ich hingegen fand und finde das die ideale Reiseform.

Wir saßen noch gut zwei Stunden in diesem vermaledeiten Flughafen herum, tranken Tee und ärgerten uns über die unflätigen Araber. Ein alter Mann hustet ungeniert vor sich hin, und nach einer Weile war der ganze Boden vor ihm voller Schleim, was uns unheimich ekelte. Wir verzogen uns in eine andere Ecke. So langsam ging uns alles gegen den Strich, wir wollten bloß noch nach Hause. Wir sollten in Frankfurt von Freund Gerhard abgeholt werden, aber da wir nun mehr als einen Tag später dran waren, werden wir wohl oder übel mit der Bahn fahren müssen.

 

Im Verkaufsraum nebenan gab es dann auch die herrlichsten Schirmexemplare in allen Größen zu kaufen. Angefangen von Minischirmchen, die man in Eisbecher steckt, bis hin zu großen Sonnenschirmen für den Garten war alles vorhanden. Ich suchte mir einen schönen Schirm in normaler Regenschirmgröße aus und war gespannt, wieviel der wohl kosten sollte angesichts der mühsamen Herstellung. Als ich dann den Preis hörte, traute ich meinen Ohren nicht, denn er sollte nicht mal ganz DM 4 kosten. Man konnte sich ausrechnen, wieviel dann so eine Frau am Tag bekam. Für DM 4 würde bei uns keine Putzfrau auch nur den Lappen in die Hand nehmen, und hier saßen die Frauen stundenlang in der brennenden Sonne auf dem Boden, egal ob schwanger oder nicht, und pinselten Tag für Tag, Stunde um Stunde. Das ist wirklich nicht gerecht. Aber Gerechtigkeit gibt es ja auch nicht.

Wir wollten an sich noch eine Teakholzschnitzerei besuchen, aber es war schon recht spät, und die Werkstatt hatte schon geschlossen.

Am Abend saßen wir beim gemeinsamen Nachtessen an einer langen Tafel im Restaurant, wo wir ein ordentliches Wasserbüffelsteak mit drei Kartöffelchen und leckerem Salat bekamen. Dann ging die Vorstellung los, das heißt, einige Thai-Mädchen, die hier so eine Art Gesangssternchen waren, betraten die Bühne und sangen mehr oder weniger schön für unsere Ohren. Als sie dann amerikanische Evergreens sangen, hörte sich das aber gar nicht mehr gut an.

In unserem Hotel gab es auch noch einen Nachtclub, in dem auch Thai-Mädchen Striptease vorführen sollen. Dorthin wollten wir. Eine betrunkene Thai-Frau wollte aber die Männer wegen ihrer kurzen Hosen nicht reinlassen, und da wir einen schlechten Eindruck von diesem Laden hatten, waren wir auch nicht gerade enttäuscht. Unweit von unserem Hotel entdeckten wir einige unserer Gruppe, die fröhlich beim Bier saßen und wir gesellten uns dazu. Hier gab es das kälteste Bier, das man sich vorstellen kann, denn in dem Moment, wo es in die Gläser gegossen wurde, gefror es auf der Stelle. Auch der Rest Bier in der Flasche war schlagartig gefroren. Für die Leute hier war so ein Eisbier ein Luxus und der Inbegriff von Komfort, für uns ging das aber doch zu weit und wir verlangten normales Bier. Das war dann aber auch noch "saukalt".

Da ich Bier verabscheue, bestellte ich mir einen Bananensplit, der ausgesprochen lecker war und ich hoffe, daß keine Bakterien drin waren. Es waren keine drin, wie sich herausstellte.

Dann fielen wir bald ins Bett und schliefen wie die Murmeltiere. Morgens kamen wir fast nicht aus dem Bett, mußten aber schon um 7.00 Uhr zum Frühstück antreten, denn um 7.30 Uhr fuhren wir schon wieder los. Natürlich begann auch dieser Tag wieder mit einem Tempel. Es sollte der älteste Tempel sein, der aus dem 17. Jahrhundert stammt, und er war mit wunderschönen alten Holzschnitzereien und Perlmuttintarsien verziert. Mir gefielen die beiden großen Löwen am Eingang ganz besonders.

Danach besuchten wir eine Orchideenfarm, die mich total begeisterte. Hier sah ich Blüten wie noch nie zuvor, nicht mal auf der Insel Mainau, wo jedes Jahr eine prächtige Orchideenschau stattfindet. Aber hier sind die Orchideen ja auch zu Hause und gedeihen am besten. Sie hatten überhaupt keine Erde, sondern klammerten sich mit ihren kräftigen Wurzeln nur an Holzkörbchen fest. Rings um die Orchideenfarm blühten in den Teichen die schönsten Lotosblüten in rosa und weiß, wunderschön!

Auch hier gab es einen Verkaufsraum, in dem unter anderem 24 Karat-vergoldete Orchideen zu kaufen waren. Es gab klitzekleine und ziemliche Brummer. Ich erstand eine mittelgroße Orchidee als Brosche, über die meine Mutter sich freute.

Wieder ging es weiter, und auf holpriger Straße erreichten wir die Arbeitselefanten, auf die wir uns schon sehr gefreut hatten, und es war wirklich ein Erlebnis.

Über einen schmalen Pfad und eine aus Bambus geflochtene Hängebrücke liefen wir dem Geruch nach, kauften zwischendrin einige dicke Bündel Bananen als Elefantenfutter, und dann sahen wir die grauen Kolosse auch schon. Über zwanzig waren es, die hier an Bäume gekettet standen und darauf warteten, im Fluß baden zu dürfen. Einige ganz junge Elefanten, die noch nicht gefährlich sind, liefen frei herum und waren übermütig wie spielende Kinder. Man mußte aufpassen, daß sie einem nicht das Bananenbündel aus der Hand rissen. Wir verteilten die Bananen möglichst gerecht an alle, und ich war beeindruckt von der Größe dieser Tiere. So nah hatte ich noch nie vor einem Elefanten gestanden, und weiß Gott, es sind Riesentiere.

Und dann entdeckten wir den Star unter den Elefanten, ein Baby von wenigen Wochen, das quietschvergnügt umherlief und versuchte, einen von uns umzurennen. Dann lief es schnell wieder zur Mutter zurück, versteckte sich kurz unter deren Bauch und kam dann wieder mit hocherhobenem Schwänzchen angesaust. Das war ein gefundenes Fressen für unsere Filmamateure, und die Kameras surrten wie verrückt. Es war aber auch zu drollig, und wir konnten uns an dem kleinen Kerl gar nicht sattsehen. Er ließ sich auch ohne weiteres streicheln, und das Ganze schien ihm direkt Spaß zu machen.

Dann wurden alle Elefanten von ihren Mahouts losgemacht. Mahouts sind die Jungen, die ihr Leben lang mit ihrem eigenen Elefanten zusammenbleiben. Die Mahouts setzten sich hinter den Elefantenkopf, und mit ihren Füßen hinter den Elefantenohren dirigierten sie die Dickhäuter zum Fluß. Dort wälzten und aalten sich die staubigen Tiere und genossen das Bad in vollen Zügen. Jeder Mahour pflegt seinen Elefanten sehr liebevoll wie einen Bruder. Es bleibt zeitlebens eine innige Beziehung. Das beeindruckte uns sehr, und wir standen staunend vor diesem nie gesehenen Schauspiel mitten im Urwald.

Nach dem Bad gingen die Elefanten an die Arbeit. Sie bekamen Arbeitsgeschirre angelegt und mußten dann Baumstämme schleppen. Hier befand sich eine Elefantenschule, in der die jungen Elefanten von den alten lernen mußten, welche Arbeit sie im unwegsamen Dschungel zu tun haben. Mit großer Geschicklichkeit stapelten Sie einen Baumstamm nach dem anderen akurat auf einen Haufen, und es war wirklich Zentimeterarbeit. Wir waren sehr beeindruckt.

Nachdem wir noch ein bißchen mit dem Elefantenbaby gespielt hatten, fuhren wir mit dem Bus zurück zur Orchideenfarm, wo wieder ein Mittagessen im Klongsuppenstil serviert wurde. Dann ging es zurück zum Hotel, wo wir uns noch kurz duschen konnten und dann unsere sieben Sachen packten, denn heute sagten wir Chiang Mai Lebewohl, um weiter südlich nach Lamphun zu fahren, von wo aus wir am Nachmittag wieder in den Zug nach Bangkok steigen sollten.

Jeannette fuhr mit dem "Nußknacker" nochmal zum Arzt, um eine weitere Spritze gegen die Hummerallergie zu holen, die sich inzwischen auf dem ganzen Körper ausgebreitet hat und entsetzlich juckt. Die arme Frau sah ganz elend aus und litt sehr.

In Lamphun angekommen, besichtigten wir natürlich wieder einen Tempel mit einem 57 m hohen Prang (Turm), der mit echtem Gold verziert war. Als wir näherkamen, strömten hunderte von jungen Mönchen aus dem Tempel. Heute war ihr Einkleidungsfest, und jeder Mönch hatte eine orangefarbene Kutte bekommen, die sie unheimlich geschickt zwirbeln und drehen und zum Schluß ein Stück davon über die Schulter werfen. Diese Mönche glotzten mich derart unverhohlen an, daß es mir fast peinlich wurde. Was sie zum Glotzen veranlaßte, konnte ich nicht feststellen. Vielleicht war es nur die Tatsache, daß hier Touristen noch sehr selten waren, und ich für sie etwas Exotisches war. In einem weiteren Tempelgebäude hörten wir plötzlich einen Mordsradau mit Pauken und Trompeten. Eine Menge junger Männer saß da und übte auf ihren Instrumenten. Hörte sich besser an als unsere Fanfarenzüge.

Dann fuhren wir in die Stadt hinein und besuchten noch einmal eine Garküche. Dann ging es mit dem Zug wieder nach Bangkok. Diese Fahrt war nicht so lustig wie die Hinfahrt, aber wir haben ganz gut geschlafen.

Am nächsten Morgen kamen wir gegen 6.30 Uhr in Bangkok an und wurden ins Hotel gebracht. Dort hatte der Fahrer des zweiten Rotel-Busses, dessen Gruppe nun in Chiang Mai war, für uns schon das Frühstück gemacht. Unsere holländischen "Freunde" schmierten sich wieder Unmengen Brote, damit sie das Mittagessen einsparen konnten, und nahmen außerdem 5 Flaschen Tee mit, was uns ziemlich auf die Palme brachte. Sie hatten die Halbpension gründlich mißverstanden und sich dadurch den Zorn der ganzen Gruppe aufgeladen.

Wir quälten uns anschließend durch’s proppevolle Bangkok und fuhren weiter ins 85 km nördlich gelegene Ayuthaya, das 40.000 Einwohner zählte. Als wir Bangkok endlich hinter uns gelassen hatten, dehnten sich auf viele Kilometer topfebene Reisfelder aus, in denen Wasserbüffel standen. Zwischendurch begleiteten uns immer wieder Teiche mit den wunderschönen Lotosblüten.

In Ayuthaya sahen wir uns eine alte, ziemlich zerstörte Tempelanlage an. Die Burmesen haben vor langer Zeit hier alles zerstört. Hunderte von Chedis (Türmchen) ragten halbkaputt gen Himmel, und wir sahen wieder mal ein Wat nach dem anderen. Ein Wat ist eine Klosteranlage. Das war inzwischen also keine Tempelwanderung mehr, sondern eher eine Wat (t)-Wanderung.

Danach gab es aus einer Garküche Mittagessen, die sogar mal etwas für mich Schmackhaftes anzubieten hatte. Dann fuhren wir mit schmalen Booten den Menam entlang bis nach Ban-Pa-Tu, der prächtigen Sommerresidenz des thailändischen Königshauses. Durch große, gepflegte Gartenanlagen kamen wir an Teichen und hübschen Gebäuden vorbei und ächzten unter dem feuchtheißen Klima.

Todmüde kamen wir wieder in Bangkok an, und ich packte noch rasch unsere Koffer für den Heimflug am folgenden Tag, dann ging es auch schon wieder los, denn heute abend wollten wir typische Thaitänze in einem typischen Thailokal ansehen. Wir fuhren also wieder mal kreuz und quer durch die Stadt und betraten dann ein sehr schönes, gemütliches Lokal. Hier waren die Tische nur etwa 30 cm hoch und sehr liebevoll gedeckt. Normalerweise sitzt man in der Hocke vor diesen Tischen, da uns Europäern dies aber über längere Zeit enorm schwerfällt, hatte man hier einfach ein Loch unter den Tischen ausgehoben, in dem man seine Beine verstauen konnte. Auf den ersten Blick sah es aber immer noch so aus, als säße man im Schneidersitz vor diesen Tischen.

Jeder bekam sieben verschiedene Schälchen und Töpfchen vorgesetzt. Eine undefinierbare Suppe war dabei, die aber eßbar war, dann gab es natürlich Reis und diverse Beilagen, die bis auf die Fischklößchen gut schmeckten. Danach gab es verschiedene Obstsorten. In der Zwischenzeit hatte sich auch die Bühne geöffnet, und nun fingen sechs Thaimädchen in schönen Trachten an zu tanzen. Grazil und elegant waren ihre Bewegungen, schön anzusehen. Die Musik dazu war uns sehr fremd, und wir taten uns recht schwer damit. Schließlich wurde noch der Schwertertanz vorgeführt, der wieder mit amerikanischen Gags gespickt wurde, was uns sehr enttäuschte. Also auch hier war alles für Touristen gemacht und nicht mehr traditionell. Uns wurde klar, daß die Thaitänze, die wir am südchinesischen Meer erlebt hatten, die besten waren.

Das Ganze dauerte nur knapp zwei Stunden, aber für diesen Tag reichte es uns auch vollkommen. Wir fielen todmüde ins Bett.

Zum Frühstück gab es die allerletzte thailändische Ananas, dann stiegen wir wieder in den Bus, um nun das Punkstück Bangkoks, nämlich den Königspalast zu besichtigen. Damit ich auch entsprechend züchtig gekleidet war, tauschte ich mit Jeannette die Schuhe - Badelatschen und ähnliches waren nicht erlaubt - und von einer anderen bekam ich ein großes Tuch, um meine Schultern zu bedecken, denn ich mußte dem König Achtung erweisen. Militärposten achteten am Eingang des Palastes darauf, daß jeder manierlich angezogen war. Ich durfte passieren!

Doch bevor wir noch in den Palast kamen, sahen wir uns erst noch eine Reihe Wats an, bei denen man auch Vögel fliegen lassen kann. Sie sollen die Wünsche der Gläubigen in den Himmel tragen, wenn man sie fliegen läßt. Die armen Tierchen, meist Spatzen, wurden zu Dutzenden in enge Käfige gepfercht, und gegen Geld konnte man sie fliegen lassen. Aus Mitleid haben wir eine ganze Menge fliegenlassen in der Hoffnung, daß sie nicht wieder eingefangen werden.

Dann endlich kamen wir zum Königspalast, der vor Gold und Prunk und Pracht nur so strotzt. Überall standen riesenhafte Drachen als Wächter vor den Eingängen der verschiedenen Gebäude. Unser Thai-Führer bezeichnete sie als Liesen, was uns wieder zu Heiterkeitsausbrüchen veranlaßte, denn er meine Riesen, das R konnte er nicht aussprechen. Das ganze riesengroße Palast-Areal ist eine einzige Anhäufig von Prunk und Gold und auf seine Art sicher einmalig. Wir waren beeindruckt, was Menschen alles schaffen konnten.

Dann flüchteten wir von einer Schattenecke in die nächste, um nicht ständig der brennenden Sonne ausgesetzt zu sein. In einem weiteren Gebäude, dem des Smaragdbuddha, durfte man nicht stehen, sondern mußten auf dem Boden sitzen und bemühten uns, die Fußsohlen nicht zu zeigen, weil diese als grobe Unhöflichkeit verstanden wird.

Wieder zurück im Hotel gab es Ärger. Das holländische Paar hatte sich in eines der beiden Gemeinschaftszimmer eingeschlossen. Dieses Zimmer war aber für alle gedacht, um hier bis zur Abfahrt zum Flughafen unsere Koffer unterzustellen und auch noch zu duschen usw. Nun also saßen die beiden Holländer darin und beanspruchten das Zimmer für sich alleine. Wir haben alle gemeinsam dagegen protestiert und den beiden unkameradschaftlichen Zeitgenossen ganz schön die Hölle heißgemacht. Sie saßen dann mit verbissenen Mienen in irgendeiner Ecke und redeten mit niemandem. Beim gemeinsamen Trinkgeldsammeln für Fahrer und Reiseleiter gaben sie doch tatsächlich nur knapp 1 DM pro Nase, und das fanden wir eine Unverschämtheit, denn wir hatten eine supergute Betreuung. Solche Leute sollten besser zu Hause bleiben oder Hotelurlaub buchen mit Vollpension, dazu waren sie aber zu geizig. Hier waren sie total unerwünscht.

 

In Chiang Mai am Bahnhof stand schon ein Bus für uns parat, und wir stellten wieder einmal fest, daß die Organisation wirklich perfekt klappte. Alles funktionierte reibungslos. Wir fuhren zu einem feudalen Hotel, es war das beste der ganzen Reise und hieß Muang Mai Hotel. Kaum hatten wir geduscht, ging es wieder rein in den Bus, und wir krochen mühsam die enge Straße hoch in Richtung Berge, wo wir die Meo, ein Bergvolk, besuchen wollten. Auf halber Strecke stiegen wir in Jeeps um, weil die Straße hier nur noch aus Schlaglöchern und Schotterpiste bestand und der Bus nicht weiterkam. Die weitere Fahrt lehrte uns das Fürchten, wir wurden wild durchgeschüttelt und durcheinander gebeutelt, flogen ab und zu an die Decke oder von unseren Sitzen. Aber es hat uns doch Spaß gemacht, und wir haben viel gelacht.

Nach wilder Fahrt kamen wir schließlich im Dorf der Meo an, denen man gleich ansah, daß sie von den Tibetern abstammen ihrer mongolischen Gesichtszüge wegen. Sie trugen schwarzgrundige, lange Kleider, die sehr schön bestickt waren. Die Haare trugen die Frauen streng hochgesteckt mit einem merkwürdigen Dutt auf dem Oberkopf. Auch die Kinder trugen die gleiche Kleidung. Der ganze Dorfplatz war eine lehmige, schiefe Ebene, auf der vietnamesische Hängebauchschweine und wieder massenhaft Hunde herumlaufen, die genau so jämmerlich aussahen wie im übrigen Land auch.

Die Meo sind ein Bergvolk und können nur hier oben in 1.300 m Höhe leben. Das feuchtwarme Klima der Täler vertragen sie nicht und werden krank. Hier oben ist die Temperatur sehr angenehm, wir schwitzten gar nicht. Aber von dem plötzlichen Höhenunterschied ist mir doch ein wenig flau, vielleicht war auch die höllische Fahrt daran schuld.

Die Meo leben vom Verkauf ihrer Stickereien und diversen Souvenirs. Hier fand ich auch wieder den schönen tibetanischen Silberschmuck, der mir im vergangenen Jahr in Nepal schon so gefallen hatte. Schließlich erstand ich nach einigem Handeln einen schönen silbernen Gürtel, der auf schwarzer Kleidung besonders apart aussieht und um den mich später viele beneideten. Viele Händler, die eigentlich mir etwas andrehen wollten, wollten mir diesen Gürtel abkaufen. Da hatte ich wohl einen guten Griff getan.

Die Meo sind ein eigenartiges Völkchen. Sie waschen sich angeblich nur einmal im Jahr, und zwar an ihrem Neujahrstag. Genau so sahen sie auch aus, aber Neujahr sollte ja bald wieder sein. Es sind ehemalige Nomaden, die heute hauptsächlich vom Opiumverkauf leben, ihre Hunde essen und noch mancherlei eigentümliche Bräuche pflegen. Hier in den Bergen gibt es noch etliche andere Stämme, die zum Teil rauschgiftsüchtig sind und zu keiner gezielten Arbeit mehr fähig sind. Die Meo allerdings wissen mit dem Opium umzugehen und sind angeblich nicht süchtig. Ein Opiumhändler sprach uns an, und wir folgten ihm aus Neugier in seine Hütte, die hoch oben am Hang lag. Diese jämmerliche Hütte diente zum Schlafen und essen und wies nur eine kleine Kochstelle auf und eine geflochtene Matte auf Stelzen, auf der geschlafen wurde. Das war alles. Der Boden bestand aus purem Lehm, und wir malten uns aus, wie es hier nach einem Wolkenbruch wohl aussehen mag.

Der Mann stopfte in feierlicher Zeremonie die Opiumpfeife, prüfte und testete sie immer wieder über einer Kerze, probierte und stopfte, bis er sie uns schließlich zum Probieren reichte. Es wollte allerdings eine Menge Geld dafür, und da wir sowie so nichts damit im Sinn hatten, verzogen wir uns lieber, ohne probiert zu haben. Uns ekelte diese Pfeife überdies, und wer weiß, was uns widerfahren wäre. Im übrigen könnten wir sowie so nichts mitnehmen, denn wenn wir damit erwischt würden, droht uns in Thailand die Todesstrafe.

Mit Jeeps und Bus fuhren wir ein Stück zurück und besuchten auch hier wieder einen Tempel, das heißt, wir gingen nicht hinein, denn dafür hätten wir erst einmal 300 Stufen in brennender Sonne erklimmen müssen. Und danach stand uns wahrhaftig nicht der Sinn. Mit einer kühlen Cola schauten wir von unten zum Tempel hinauf. Mir war immer noch ganz schwindlig, und nachdem ich einige Salztabletten genommen hatte, ging es mir wieder besser. Wir hatten inzwischen einen Mordshunger und waren froh, als wir in ein großes Freiluftrestaurant fuhren, das an einem schönen Fischteich lag. Darin schwammen riesengroße Welse, deren breite Mäuler hämisch zu grinsen schienen.

Da wir hier wieder ein gemeinsames Mahl haben sollen, ahnten wir schon Schlimmes. Es kam dann auch so, und ich blieb wieder mal hungrig. Die verdammte Fischsuppe und den Reis konnte ich nicht mehr sehen, ich wollte was "Ordentliches". Aber hier konnte man 100 DM auf den Tisch legen, die Leute wissen nicht, was ich unter "was Ordentliches" verstehe. Also griff ich wieder zu Nüssen und Bananen.

Nach dem Essen besichtigten wir in Chiang Mai noch verschiedene Handwerkstraditionen, die es nur noch hier gibt. Die erste Station war eine Silberschmiede, wo Dutzende von Männern auf dem Boden hockten und in mühsamer Handarbeit aus Silberplatten Reliefs oder Schalen herausarbeiteten. Es waren sehr schöne Stücke dabei, auch Kleinigkeiten. Aber die Preise waren nicht nach meinem Geschmack und Geldbeutel, und ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, daß wir hier über den Tisch gezogen werden sollten. Es gab auch noch schöne, holzgeschnitzte, chinesische Drachen und Hunde zu kaufen, die auf "alt" getrimmt waren. So ein Holzhund etwa in Dackelgröße sollte jedoch über DM 1000 kosten, dafür nehme ich dann doch lieber einen lebendigen.

Wir fuhren durch Chiang Mai, das sich als sympathische, grüne und heimelige Stadt erwies. Überall blühten herrliche Bougainvilleenhecken in rosa, weiß und rot. Sie wucherten förmlich und waren eine Augenweide.

Dann besichtigten wir eine Lackwarenfabrik und staunten, was man alles machen kann. Da wurden die Formen für die späteren Gefäße aus Binsen geflochten und so oft in Harz getaucht, bis sie eine glatte Oberfläche hatten. Dann wurden sie zum Schluß in schwarzen Lack getaucht und anschließend getrocknet. Danach wurden sie entweder mit Lackfarben wunderschön und zart bemalt mit Blumenmustern oder nach Phantasie oder sie wurden mit Blattgold belegt und ausgeritzt. Sehr schöne Sachen waren dabei, und angesichts des Aufwands erschienen sie uns sehr preiswert. Hier erstand ich eine kleine Eule.

Wir fuhren weiter und entdeckten eine Herde Wasserbüffel, die gemütlich kauend in einem Reisfeld stand. Ob das die Bauern wußten?

Den nächsten Besuch machten wir in einer Seidenfabrik, und hier sah ich zum ersten Mal in natura, wie Seide gewonnen wird. Da lagen in großen, flachen Palmblattkörben massenhaft weiße Raupen, die mit Maulbeerblättern gefüttert wurden. Daneben standen die gleichen Körbe gefüllt mit tausenden gelber Kokons. Diese Kokons wurden portionsweise in Pfannen gefüllt und mit etwas Wasser leicht gekocht. Eine Frau saß dabei und fädelte einen Kokon nach dem anderen geschickt auf. Sie mußte aufpassen, daß der Faden nicht riß. So ein Kokon ist aus einem einzigen Seidenfaden gesponnen und ein äußerst feines und zartes Gebilde. Eine andere Frau nahm die aufgefädelten Seidenschnüre und zog sie durch ein Sand-Erde-Gemisch, um es zu reinigen, dann spulte sie den Faden auf eine große Rolle. Anschließend wurde die Seide gefärbt und verwoben. So entstanden die hauchdünnen und doch so stabilen Seidenstoffe, von denen wir im Verkaufsraum ganze Ballenstapel vorfanden und natürlich auf kaufen konnten. Fertige Kleidungsstücke hingen dort in allen Farben und Ausführungen. Ich kaufte zwei sehr schöne Kissenbezüge in warmen Brauntönen. Jede Frau unserer Gruppe kam mit einer gefüllten Tüte aus diesem Laden heraus. Für Näherinnen war dies ein wahres Paradies. Manche weniger Begabte ließen sich hier ein Kleid schneidern, das sie am folgenden Tag fertig abholen konnten.

Dann ging es weiter zu einer Papierschirmfabrik, die in mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Da wurde zuerst Baumrinde so lange geklopft und gestampft, bis sie zu Brei geworden war, der dann mit Wasser vermischt wurde. Ein bißchen von diesem dünnflüssigen Brei wurde auf ein siebartiges Gestell gestrichen und dann in die Sonne zum Trocknen gestellt. Die Pflanzenfasern verbanden sich, und nach dem Trocknen konnte man das Gemisch als ein großes Blatt Papier abnehmen. Es ist grobfaserig und so dünn, daß man den Schatten einer Hand dahinter sehen konnte. Dennoch war es sehr stabil. Dieses Papier wurde dann leicht angefeuchtet, um es geschmeidig zu machen und dann auf mühsam von Hand hergestellte Bambus-Schirmgerippe gespannt. Das Ganze wurde fein säuberlich verarbeitet, getrocknet, gefärbt und anschließend von Hand wunderschön bemalt. Allein die Herstellung des Schirmgerippes ging mir an die Nieren. Da saßen die Frauen mit verbundenen Fingern und schnitten aus Bambus die scharfkantigen Streben. Von diesen scharfen Kanten stammten auch die vielen Verletzungen an den Händen. Andere drehten den ganzen Tag eine Kurbel, um die Schirmschäfte zu drechseln. Und nicht zuletzt hockten da Dutzende von Frauen in der Sonne und malten mit feinen, flinken Pinselstrichen die schönsten Muster auf die Schirme. Eine dieser Frauen deutete auf meine Handtasche und sprach dauernd von Butterfly. Ich konnte mir zuerst keinen Reim darauf machten, bis ich schließlich kapierte, daß sie mir einen Schmetterling auf meine Tasche malen wolte, was ich erstaunt und gerne geschehen ließ. In weniger als drei Minuten hatte sie einen wunderschönen Schmetterling samt einigen Blüten auf die Tasche gezaubert und bedankte sich mit zusammengefalteten Händen für mein Trinkgeld. Da dieser Schmetterling mit Lackfarbe gemalt wurde, hielt er sehr lange und erinnerte mich auch noch auf manchen Reisen an diese Frau aus Chiang Mai.

 

Hier zeigte man unter anderem die Zähne einer Python. Zu diesem Zweck sperrte man dem armen Tier das Maul auf und zog das Zahnfleisch mit einem scharfen Metallstab zurück, damit die langen, nach hinten gebogenen Zähne zu sehen waren. Dabei sah man auch, daß das Reptil einen von Blutflecken bedeckten Rachen hatte, eben von diesem elenden Metallstab. Eine Schweinerei war das, und eine Schlange hat die gleiche Lebensberechtigung wie jedes andere Lebewesen auch. Ich war stinksauer.

Mit den Booten fuhren wir weiter und kamen zum weltberühmten Tempel der Morgenröte, Wat Arun genannt. Hier fanden wir eine traumhaft schöne Tempelanlage vor mit wunderschönen hohen Türmen, die reich verziert waren mit Keramik- und Glasstückchen und Gold. Auf sehr schmalen und ebenso steilen Stufen konte man auf die zweite Terrasse des höchsten Turmes steigen und hatte von dort oben einen guten Blick über Bangkok, den Königspalast und den Menam. Wir stellten aber mal wieder fest, daß Bangkok, von seinen zum Teil wirklich herrlichen Tempeln mal abgesehen, eine häßliche Stadt ist, ohne Flair und Atmosphäre. Die Häuser sind nichtssagend und einfallslos, ein richtiges Stadtzentrum fanden wir nicht, nur Lädchen an Lädchen gereiht, zwischendrin mal wieder gar nichts oder alte Buden. Als Stadt gibt Bangkok nicht viel her, und wer meint, hier liefen nur schöne Thai-Mädchen herum, der irrt sich gewaltig. Schöne Mädchen sieht man hier wie in ganz Thailand nicht öfter als bei uns auch. Und die schönsten werden hier ausgesucht und arbeiten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, alle in Massagesalons. Sicherlich gibt es auch hübsche Mädchen, die einem seriösen Beruf nachgehen, aber wir fanden nicht viele.

Anschließend fuhren wir zu einer Edelsteinschleiferei. Da saßen die Mädchen wie Bienen in den Waben nebeneinander und arbeiteten mit flinken Fingern an den Schleifmaschinen. Sie hatten weder einen Ventilator geschweige denn eine Klimaanlage, sondern waren den ganzen Tag der mörderischen Hitze und dem Gestank dieser Stadt ausgesetzt. Von Mutterschaftsurlaub hat hier noch niemand was gehört, und die armen Frauen hocken noch im neunten Monat stundenlang am Boden und schaffen in der Hitze. Nebenan war der wohlklimatisierte Verkaufsraum, wo uns sofort kostenlos Getränke gereicht wurden und wo sich viele Verkäuferinnen eifrig um uns bemühten. Sie haben den leichtesten Job unter den besten Bedingungen. Wahrscheinlich träumt jedes Mädchen an den Schleifmaschinen davon, einmal im Verkaufsraum arbeiten zu können. Hier lagen Unmengen Schmuckstücke in allen Formen und Preislagen aus. Auch Schnitzarbeiten aus Holz und Elfenbein sahen wir. Auf den Kauf von Elfenbein haben wir verzichtet, weil die Elefanten in Asien sowieso nicht mehr zahlreich sind und importiertes Elfenbein aus Afrika kam schon gar nicht in Frage.

Wir verließen den kühlen Raum und gingen nach draußen, wo uns die Hitze schier überfiel und uns den Schweiß aus den Poren jagte. Völlig geschafft fuhren wir wieder zum Hotel. Alle stöhnten, und mindestens die Hälfte der Gruppe wollte am liebsten sofort nach Hause fliegen.

So saßen wir im kühlen Hotelrestaurant und bestellten Steak mit Kartoffeln, danach gab’s noch Bananensplit, und es war sehr lecker. In diesem Restaurant stand eine Musikbox, und uns fiel eine Platte auf, die immer und immer wieder gespielt wurde, und die auch uns von Mal zu Mal besser gefiel. Schließlich baten wir den Kellner, uns den Titel in Thai-Schrift aufzuschreiben, denn wir wollten die Platte kaufen. Ein Boy bot uns an, das für uns zu übernehmen, und kurze Zeit später brachte er zwei Kassetten und einen Recorder, auf dem wir gleich das ganze Band abspielen konnten. Das war mal wieder ein toller Service. Diese Thai-Musik war damals gerade ein Hit in Thailand, und wir haben ihn auch zu Hause noch oft gehört.

Da wir noch eine Weile Zeit hatten bis zu unserer Bahnfahrt nach Chiang Mai, saßen schließlich alle im Restaurant, weil es draußen einfach nicht auszuhalten war. Schließlich fuhr unser Bus vor und dann donnerten wir durch Bangkok’s Feierabendverkehr. Wir waren zusammengepfercht wie Sardinen in diesem einheimischen Bus, weil die Reisetaschen soviel Platz wegnahmen. Der Fahrer fuhr wie eine gesengte Sau, Fuß auf’s Gas, auf die Bremse, auf’s Gas, auf die Bremse, und das in permanent schnellen Wechseln, daß wir nur noch so durchgerüttelt wurden.

An unserem Zug standen schon mindestens ein Dutzend Soldaten, die mit Gewehren und Maschinenpistolen bewaffnet waren, was wir uns überhaupt nicht erklären konnten. Schließlich sahen wir, daß ein ganzer Waggon voller Militär mit uns fuhr. Jennette erklärte, daß die zu unserem Schutz mitführen, weil die Züge in Richtung Chiang Mai so oft überfallen würden. Na, das konnte ja noch heiter werden.

Der Zug selbst ist schon ein Abenteuer. Man kann durch den ganzen Zug hindurchblicken, denn man sitzt nur auf den beiden Außenseiten, immer zwei Sitze gegenüber. Diese Sitze werden nachts zu einer Liege hergerichtet, und obendrüber befindet sich ein weiteres Bett.

Bevor wir losfuhren, gingen die Männer noch am Zug entlang und Jockel meinte dann, daß wir verrückt wären, mit so einem Schrottkoffer 14 Stunden lang durch die Wildnis zu rumpeln. Aber nun gibt es kein zurück mehr. Unsere Stimmung war jedoch angesichts dieser Bahnfahrt ganz bombig, wir lachten und blödelten, lästerten und tranken fleissig Bier bzw. Mekong-Whisky mit Cola. Dann brachten zwei Schaffner jeweils einen Tisch für zwei Leute und servierten das Abendessen, das mal wieder aus der längst vertrauten Klongsuppe und dem unvermeidlichen Reis bestand. In der Suppe schwammen eigenartige Knödel, die nicht gut rochen und die Jockel kurzerhand aus dem offenen Fenster warf zur allgemeinen Heiterkeit. Mit unserem Salat - den wir sowieso nicht essen sollten - machten wir es kurzerhand ebenso und lachten uns dabei kaputt. Es würde uns garantiert nie einfallen, in Deutschland ähnliches zu tun.

Dann kam ein Bediensteter und wischte mit einem fetzigen, nassen Lappen den Boden des Abteils auf, anschließend stank es höllisch und wir frozzelten natürlich, daß das natürlich wieder nur Klongwasser gewesen sein konnte. Dann drang auch noch von außen ein mordsmässiger Gestank zu uns herein, und das Lästern fand kein Ende.

Dann wurden Zettel verteilt, auf denen vor Dieben gewarnt wurde, und wir sollten besonders auf Bahnhöfen und während wir schlafen, die Fenster schließen und mit dem Fensterladen aus Blech absichern. Dauernd liefen die Militärs vorbei und sahen uns an. Aber das konnte uns auch nicht mehr erschüttern. Wir hatten unheimlich gute Laune und lachten unentwegt. Längst wußten wir, daß unser Waggon gleich hinter dem Speisewagen hing, wo wir schließlich noch eine ganze Reihe anderer aus unserer Gruppe und natürlich Jeannette und Charly trafen und gemeinsam weitertranken und lachten. Gegen 23.00 Uhr wurden wir langsam müde, es gab schon längst kein Bier mehr, und dann gingen wir halt in unsere Kojen. Vom permanenten Überfahren der Gleisschwellen und dem entsprechenden Ratarat-ratarat wurden wir in den Schlaf gefahren.

Frühmorgens erwachten wir und sahen, daß es draußen hell wurde. Eine zauberhafte Landschaft flog an uns vorbei. Weitläufige, schon reife Reisfelder lagen friedlich da, und die Gebirgskette im Hintergrund hob sich kraß vom hellen Horizont ab und wurde in zartes Licht getaucht. Nebel hingen noch tief und gaben dem Bild einen sanften, friedlichen Ausdruck. Wir waren davon ganz angetan und wurden schnell munter.

Innerhalb kürzester Zeit hatten die Bediensteten unsere Betten wieder zu Sitzen umfunktioniert. Wir gingen in den Speisewagen zum Frühstück. Jetzt konnten wir uns auch frei bewegen, denn nachts waren alle Abteile fest verschlossen gewesen und wurden vom Militär bewacht. Man scheint schon schlechte Erfahrungen gemacht zu haben, daß man solche Vorsichtsmaßnahmen ergriff. Außer ein paar Steinen, die uns ins Abteil flogen, ist uns aber nichts passiert.

Die Steine wurden von enttäuschten und wütenden Slumbewohnern geworfen, weil wir ihnen nichts abgekauft hatten. Diese Slums begleiteten vor allem nach der Abfahrt aus Bangkok auf einer langen Strecke den Zug. Unter menschenunwürdigen Bedingungen hausten dort Zehntausende ohne Strom und Wasser. Die Slums sehen auf der ganzen Welt gleich aus.

Wir fuhren also in den jungen Morgen hinein und sahen bereits die Reisbauern beim Einbringen der Ernte. Hier wurde noch alles von Hand gemacht, und die Reisernte ist eine mühsame und schwere Arbeit. Demnach müßte Reis viel teurer sein, wenn man diesen Aufwand miterlebt. Wir öffneten wieder die Fenster, und eine angenehme Kühle drang zu uns herein. Erfrischt und tatendurstig fuhren wir Chiang Mai entgegen. Auf einem der letzten Bahnhöfe, leerten die Köche einen Kübel voll Essensreste einfach auf die Gleise, und im Nu waren mindestens 20 Hunde darüber hergefallen. Einer biß den anderen weg, und es war eine wilde Balgerei. Hier herrschte offensichtlich noch die alte Rangordnung wie bei Großväterchen Wolf.

Dann durchfuhren wir Regenwald, kamen durch Tunnel und über Brücken. Es war eine schöne, hügelige Landschaft, die sich mit der Monotonie der platten Reisfelder abwechselte. Wir waren ganz begeistert von diesem neuen Gesicht Thailands, wenngleich auch hier noch viel Sumpf zu sehen war und die Häuser der Thais auf Stelzen standen wir im ganzen Land.

Chiang Mai soll die schönste Stadt Thailands sein, und das bestätigte sich später dann auch. Sie hat 120.000 Einwohner (1982) und liegt 305 m hoch. Bangkok liegt nur 4 m über dem Meeresspiegel und ist daher Überschwemmungen sehr ausgesetzt.

 

Wir besichtigten eine Zuckerfabrik und fuhren dann zu den vielen Kanälen, die sich in Thailand Klongs nennen. Am Ufer dieser Kanäle stehen unzählige Holzhütten auf Stelzen, und die Bewohner nehmen dieses dreckige, verseuchte Klongwasser zum Kochen und Waschen. Sie baden darin und putzen sich die Zähne, und wir wunderten uns, daß sie noch lebten. Mit Booten fuhren wir durch das verdreckte Wasser und hielten uns Tempotücher vor den Mund, um nicht das Spritzwasser abzubekommen, vor dem wir uns ekeln, weil es so stinkt und weil wir wissen, daß hier überall Hakenwürmer drin sind. Überall badeten die Thais in diesem Wasser oder spülten ihr Geschirr. Und nebendran flossen die Fäkalien mittels einer Holzrutsche in die Brühe. Es war unglaublich!

Bei einem schwimmenden Kaufhaus stiegen wir aus und wurden durch unzählige Souvenirläden geschleust, an deren Ende wieder die unvermeidliche Garküche auf uns wartete. Aber wir hatten einen herrlichen Blick auf diese zwar ekligen, aber malerischen Klongs, denn hunderte von schmalen, langen Booten waren vollgepackt mit Waren aller Art. Da lagen fette Fleischstücke, Gemüse und Obst und per Boot konnte jeder kaufen, was er wollte. Und es gab auch fahrende Garküchen auf Booten, die eine Feuerstelle an Bord hatten, wo einem in weniger als fünf Minuten ein "schmackhaftes" Essen geköchelt wurde von flinker Hand. Es sah wirklich appetitlich auch, und der unerschrockene Jockel langte auch hier wieder zu.

Wir beobachteten diese schwimmende Garküche etwas genauer und sahen, wie die Köchin ihren Spülschwamm schnell im Klongwasser ausdrückte, damit die Teller auswischte und rasch eine neue Mahlzeit einfüllte und servierte. Als Jockel das dann schließlich auch sah, war ihm gar nicht mehr wohl und machte sich Gedanken, ob er nun Hakenwürmer gefuttert hatte oder nicht. Diese Klongs sind ideale Brutstätten für Hakenwürmer, Bilharziose und unzählige andere Infektionskrankheiten, und man sollte die Warnungen ernst nehmen. Die Einheimischen sind gegen manche Krankheiten immun, die uns lebensgefährlich werden können.

Im Bus mampften wir wieder Nüsse und Bananen und träumten von Eisbein mit Sauerkraut, von Bratkartoffeln und Spiegelei oder einfach nur von einem guten Butterbrot. Hier lernten wir die Heimat schätzen, und wie!

In Nakhong Pathong steht das größte Heiligtum Thailands mit einem riesigen Goldbuddha und einem 127 m hohen Chedi.

Ungefähr 60 Kilometer vor Bangkok machten wir Halt bei dem berühmten Rose Garden, der uns allerdings sehr enttäuschte. Es war zwar ein schöner, gepflegter Park, aber damit hatte es sich auch schon. Hier sollte eine tolle Thai-Show mit Tänzen geboten werden, aber was wir dann zu sehen bekamen, war so für westliche und vor allem für amerikanische Touristen gemacht in bezug auf die Gags, daß wir am liebsten rausgegangen wären. Das war uns nun doch zu billig. Aber die Amis haben sich halbtot gelacht darüber, sie haben nun mal eine andere Mentalität.

Als wir wieder im Bus saßen, um die letzten Kilometer bis Bangkok abzusitzen, herrschte ein unglaublicher Verkehr, und wir brauchten fast zwei Stunden für das kurze Stück. Total schlapp und verschwitzt kamen wir endlich an. Die Stadt der Engel, wie Bangkok übersetzt heißt, empfing uns mit Lärm, Verkehr, Stau und Gestank und einer umwerfenden, feuchten Hitze. Im Morakot-Hotel hatten wir unseren Standplatz bzw. unsere Zimmer. Nach Erfrischung und Rotelsuppe marschierten wir aller Wertsachen ledig die Petchburi-Road entlang, die unzählige der berühmten "Massagesalons" beherbergt. Es war erst 19.00 Uhr, und da tat sich noch nicht viel, aber kaum war es richtig dunkel, da gingen die rosa Lichter überall an, und wir begriffen sehr schnell, daß hier fast jedes Lokal, in dem Licht brennt, ein sogenannter Massagesalon war, in dem massenhaft Mädchen feilgeboten wurden. Wir Frauen wollten das doch auch mal gesehen haben, denn hier in Deutschland hätten wir wohl kaum Gelegenheit dazu. Aber es gehört ja schließlich seit undenklichen Zeiten auch zum Leben dazu, und wir sind schließlich erwachsene Leute, die zu Hause auch gefordert werden wie Erwachsene. Also gingen wir mit und wollten sehen, was den Männern solchen Spaß macht.

Wir liefen viele Kilometer und wurden langsam durstig. Aber ein Lokal, wo man nur etwas trinken konnte, haben wir nirgends entdeckt. Schließlich fanden wir das "Monalisa", vor dem Polizisten auf und ab patroulierten. Hier müßte es doch was zu trinken geben, auch wenn es ein riesiger Bau war. Zumindest schien es keine üble Spelunke zu sein, wenn schon Polizei davor stand. Also marschierten wir hin und wurden freundlich eingelassen, und dann trauten wir unseren Augen kaum. Hinter einer riesigen Glasscheibe saßen über 200 Thaimädchen, eine schöner als die andere und wetteiferten um die Gunst der zahllosen Männer, die vor der Scheibe standen und ihre "Opfer" musterten wie auf einem Viehmarkt. Jedes Mädchen hatte ein Nummernschild am Badeanzug, und das gewünschte Mädchen wurde jeweils per Mikrophon herausgerufen bzw. auf das bestellte Zimmer geschickt, wo der Freier es dann erwartete. Selbst Erni und Jockel waren von den Socken, sowas hatten sie auch noch nicht gesehen und auch nicht vermutet. Karin und ich waren einfach platt und wußten nicht so recht, was wir davon halten sollten. Wir waren übrigens die einzigen Frauen hier in diesem Riesenschuppen mit den vielen Männern.

Einige Mädchen winkten uns Frauen zu, was uns einigermaßen irritierte, andere schickten heiße Blicke in Richtung unserer europäischen Männer, die die einzigen Weißen hier waren. Gleich kam auch ein - na, sagen wir Vermittler dazu - und wollte uns die Sache schmackhaft machen. Die Männer trauten sich in unserer Begleitung natürlich nicht - vielleicht wollten sie auch wirklich nicht - und so zogen wir es vor, uns erst einmal von diesem ersten Eindruck zu erholen und nebenan im sogenannten Coffeeshop erst mal etwas zu trinken. Der "Vermittler" ließ aber nicht locker und machte uns die tollsten Angebote. Wir überlegten hin und her, ob wir uns so eine Thai-Massage antun lassen sollten. Als Ehepaar konnte eigentlich nichts passieren, und der Laden machte keinen unseriösen Eindruck, wenn man das überhaupt so ausdrücken kann. Wir entschieden uns schließlich für so eine Massage, und der Vermittler meinte, daß nur wenige Mädchen bereit seien, ein Ehepaar zu "behandeln". Dann schickte er zwei Mädchen an unseren Tisch. Die eine sagte mir überhaupt nicht zu, dafür die zweite umso mehr. Kurzentschlossen blinzelte ich ihr zu und schon ging es rein in den Aufzug, der uns etliche Stockwerke höher brachte. Unser Thaimädchen kicherte die ganze Zeit und lächelte uns herzlich an. Ihre blauschwarzen, dicken Haare hatte sie hochgesteckt, und süß war sie anzusehen.

Wir wurden in ein superluxuriöses Zimmer geführt, das sehr geschmackvoll und dezent eingerichtet war. Man ging ein paar teppichüberzogene Stufen hinauf zu einem kreisrunden Bett. Daneben stand eine gemütliche Couch. Dann war das Zimmer im Nu voller Thaimädchen. Das eine brachte frische, verpackte Handtücher und einen Kamm, die nächste die Seife, eine andere Getränke, die nächste ließ Wasser in die Badewanne usw. Und dann waren sie ganz schnell wieder verschwunden. Unser Thaimädchen hatte uns blitzschnell Schuhe und Strümpfe ausgezogen und bedeutete uns, uns ganz auszuziehen. Sie leerte einige Duftwässerchen in die Wanne, und dann stieg ich ins heiße Bad, wo ich von ihr derart eingeseift wurde, daß ich meinte, für die nächsten drei Wochen kein Bad mehr zu brauchen. Schließlich duschte sie mich unter viel Gekicher ab, und dann mußte ich mich auf eine riesengroße Luftmatratze legen, die neben der Badewanne auf dem gekachelten Boden lag. Derweil stieg Erni in die frisch gefüllte Badewanne. Das Mädchen machte in einer kleinen Schüssel eine intensive Seifenlauge und schwappte mich von oben bis unten damit voll. Dann seifte sie sich selber ein, und ehe ich überhaupt begriffen hatte, rutschte sie auf mir herum und massierte mich mit Oberschenkeln und Ellenbogen. Hände und Füße benutzte sie überhaupt nicht. Dann folgte das gleiche von der anderen Seite, anschließend wanderte ich wieder in die Wanne, nachdem das Mädchen Erni ebenfalls eingeseift und geduscht hatte. Nun war er an der Reihe.

Schließlich lagen wir geseift, geschrubbt und massiert ganz schön faul und entspannt auf dem runden Bett. Die Kleine mit der Wespentaille legte jedem ein großes Handtuch über, und dann begann sie mit einer Trockenmassage bei mir, die es in sich hatte. Sie zog mir jeden einzelnen Zeh lang, massierte von den Füßen an aufwärts mit unerwartet kräftigen Händen, bis ich jeden Knochen spürte. Schließlich war sie am Hinterkopf angelangt, und mir stellten sich langsam die Haare, so kräftig packte sie zu. Das hätte ich dieser zierlichen Person überhaupt nicht zugetraut. Aber es tat einfach gut. Dann machte sie mit Erni das gleiche, und als sie an seinem Kopf angelangt war, massierte sie sein Genick und riß plötzlich seinen Kopf herum. Es knackte fürchterlich, und ich ahnte schon Schlimmes, denn wir hatten dem Mädchen nichts von Erni’s Verletzung in Singapur erzählt - aber siehe da, der Wirbel saß plötzlich wieder richtig. Hatte dieses Mädchen tatsächlich eine Ahnung von heilsamer Massage, oder war es Zufall gewesen? Wie auch immer, Erni konnte jedenfalls auf einmal den Kopf wieder richtig bewegen und hatte keine Schmerzen mehr. Das allein war schon die Sache wert. Da das Mädchen ganz gut Englisch sprach, unterhielten wir uns noch ein bißchen, dann war der Spaß vorbei. Normalerweise läuft das aber etwas anders ab, wie man sich denken kann.

Wir schlenderten hundemüde und schlapp durch das schwülwarme Bangkok zurück zum Hotel und schliefen herrlich. Um 7.00 Uhr ging es am nächsten Morgen wieder los, denn Bangkok hat eine Menge Sehenswertes zu bieten. Vor allem natürlich Tempel, Tempel und nochmals Tempel.

Vom berühmten Oriental-Hotel aus fuhren wir mit Booten den Menam entlang und wieder in die Klongs hinein. Wir beobachteten das Leben und Treiben am Fluß und besuchten von hier aus eine Schlangenfarm, die mich persönlich sehr enttäuschte. Zwar wurden hier etliche Giftschlangen gezeigt und einige große Pythons, aber meines Erachtens entbehrte diese Ausstellung der Seriosität. Ich nahm vielmehr an, daß sich die eigentliche Schlangenfarm, auf der man das Gegenserum zum Schlangengift gewinnt, ganz woanders befand, denn diese Ausstellung schien mir doch zu sehr auf Gruselkabinett für Touristen getrimmt zu sein. Da hat mir das einmalige Butantan in Sao Paulo wesentlich mehr Respekt abverlangt, denn dort wurden keine Tierquälereien vorgeführt, um den Touristen das Gruseln beizubringen.

 

Als wir schließlich erschöpft, müde und verschwitzt in Chumporn ankamen, war die allgemeine Stimmung gereizt. Jeder war geschafft und wollte seine Ruhe haben, die er aber bei Rotel todsicher nicht findet. Es lag eine tüchtige Portion Spannung in der Luft, und wir erwarteten in Bälde eine Explosion. Das Hotel verfügte jedoch über einen großen Swimmingpool, so daß nach einem erfrischenden Bad die Stimmung wieder stieg. Ja, es wurden sogar ein paar künftige Reiseziele besprochen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt jedoch keine Lust auf weitere Rotelreisen, und weil ich groggy und müde war, lief ich schon mal alleine zu unserem Hotelzimmer zurück, das ungefähr 500 m vom Swimmenpool entfernt in einer Aussenanlage lag. Auf dem Weg durch den weitläufigen Garten sah ich in den sternenüberzogenen klaren Himmel. Es ist eine zauberhafte Tropennacht, erfüllt vom tausendfachen Quaken und Zirpen der Frösche und Zikaden, die sich hier ein Stelldichein gaben. Fledermäuse jagten quietschend nach Insekten, und der Mond lag sichelförmig am Himmel mit der Bauchrundung nach unten. Bei uns steht der Mond ja immer mit dem Bauch nach rechts oder links bzw. senkrecht, hier lag er auf dem Bauch. Wie merkwürdig für uns!

Da unser Zimmer eine gut funktionierende Klimaanlage hatte, schien der Schlaf halbwegs gesichert. Einige der Gruppe, die unentwegt in der Koje schliefen, waren so fertig, daß sie die Nächte schon zählten und beteten, bald wieder nach Hause zu dürfen. Unsere liebe Frau Ost hatte so einen schlimmen Tag, daß sie sogar schriftlich niedergelegt hat, was im Falle ihres Ablebens während der Reise zu geschehen habe.

Nach einem erfrischenden Bad vor dem Frühstück im Swimmingpool, in dem lauter tote Libellen schwammen, die dem nächtlichen Regen wohl nicht standhalten konnten, fuhren wir wieder los. Uns begegneten erbärmliche Hütten voller Schmutz, und die Armut wurde immer deutlicher. Da hier an der Ostküste noch Regenzeit war, standen viele Hütten in Sumpf und Wasser, alles war von Wassergräben durchzogen, und es roch brackig und dumpf.

Schließlich fanden wir auch wieder eine Tankstelle mit Diesel. Dann regnete es wieder wie aus Eimern, der Himmel war grau und trüb, und es war schier unerträglich schwülwarm. Der Schweiß klebte uns am Körper, und unsere Stimmung war nicht die beste angesichts der Tatsache, daß wir auch heute wieder eine ordentliche Strecke zu fahren hatten. Unser Weg wurde wieder begleitet von endlosen Monsunwäldern, Kokosnußpalmen und Kautschuk. Als der Regen etwas nachließ, hielten wir bei einem kleinen chinesischen Tempel, an dem alle paar Minuten ganze Salven von Knallkörpern für die Geister abgefeuert wurden und uns jedesmal wieder zusammenfahren ließen. Die winzigen Hundewelpen am gegenüberliegenden Obststand erschütterte dieser ohrenbetäubende Lärm offensichtlich schon längst nicht mehr. Da saß so ein kleines schwarzes Bündelchen Hund vor mir und jammerte nach seiner Mutter, die aber herumstromerte und sich nicht um ihr Junges kümmerte. Der Obstverkäufer wollte mir den Hund schenken, und wenn ich hier mit dem Privatwagen unterwegs gewesen wäre, hätte ich das arme Tier ganz sicher auch mitgenommen und erst einmal von seinen Plagegeistern befreit. Das Tierchen schubberte und kratzte sich die ganze Zeit. Die Mutter hatte die Krätze, ein anderer eine große blutende Wunde an der Schulter. Ach, es ist ein Kreuz mit der armen Kreatur hier, um die sich keiner kümmert.

Auf der Weiterfahrt sahen wir überall Berge von Kokosnüssen aufgehäuft. Die Laute standen dabei und hackten sie auf. Aus der Außenhaut der Kokosnüsse wird Kopra gemacht, das ist eine Speisefettart. Der Rest wird zu Raspeln verarbeitet, die wir unter anderem für unsere Kokosmakronen verwenden. Hier sahen wir auch große Flächen getrockneter roter Chillischoten, die in der Sonne dörren sollten.

Ab und zu überholten wir große LKW’s, die vollgeladen mit großen Urwaldbäumen die Straßen hinaufkeuchten. Hin und wieder sahen wir auch Arbeitselefanten, die diese Riesenbäume aus dem Urwald zu den Verladeplätzen schafften. Rechts und links der Straße standen Zuckerrohrfelder, Ananasplantagen, Rhizinus- und Obstbäume und immer und überall die schon so vertrauten Kokosnußpalmen, die ich im Traum und blind malen könnte, so oft haben wir sie gesehen. Die Schalen der Kokosnüsse verarbeitet man auch zu Holzkohle, die Stämme der ausgedienten Palmen verwendet man zum Hausbau, und so wird jede Faser verwendet.

Wir hielten für eine kurze Mittagspause in einem häßlichen, nichtssagenden Ort. Die Garküche beachteten wir erst gar nicht, sondern kauften fritierte Bananenscheiben, die so scheußlich nach Seife schmeckten, daß nicht einmal die Hunde sie mochten, und die waren nun wirklich nicht verwöhnt. Wir entdeckten noch Cräcker, die ganz eßbar waren.

Dieses "üppige" Mahl hatte nicht dazu beigetragen, unsere Stimmung zu heben, und Erni war mal wieder auf dem Nullpunkt. Ihm hing die ewige Busfahrerei zum Halse raus, und er wollte das nächste Jahr kein Reiskorn, keine Fischsuppe und kein Toastbrot mehr sehen. Ich konnte ihn zwar verstehen, nahm die ganze Sache aber mit mehr Humor. Schließlich hatten wir die Reise freiwillig gebucht, und daß sie kein Zuckerschlecken sein würde, war uns schon vorher klar.

Die Straße wurde immer schlechter und holpriger, der Teerbelag wich einer Schotterpiste, so daß wir auch nicht mehr gemütlich vor uns hindösen konnten.

Seit dem vorigen Tag hatten wir nirgends mehr Postkarten gesehen, und das war ein sicheres Zeichen dafür, daß es hier noch keine Touristen gab. Kein Mensch sprach ein Wort Englisch, und sämtliche Straßen- und Hinweisschilder waren nur in Thaischrift. Obwohl Charly diese Tour zum ersten Mal fuhr, hat er sich trotzdem nicht einmal verfahren. Wir wären hier total aufgeschmissen gewesen.

Wir sahen überall die Beos und ab und zu auch einen schönen Eisvogel. Woher der seinen Namen wohl hat, wo er doch in den Tropen zu Hause ist?

Schließlich begann es wieder mordsmässig zu regnen, aber die dämpfig-heiße Schwüle blieb. Wir kamen in Hua Hin on Sea an, unserer Station für eine Nacht. Hua Hin liegt am Golf von Thailand und ist der bevorzugte Badeort des thailändischen Königshauses. Was die an diesem trostlosen Kaff und dem schmutzigen Strand finden, war uns ein Rätsel.

Wir bekamen für diese Nacht ein großes Appartement, das über zwei Etagen führte. Wenigstens Platz hatten wir nun. Erni war total lustlos, und so rief ich mir eine Rikscha und fuhr damit zum großen Markt, wo ich Eier kaufen wollte, denn da Charly am Abend Eier für alle kochen wollte, wollte ich für uns einige Eier als Alternative zur Garküche mitkochen lassen.

Kurze Zeit später kam ich also zu diesem Markt, wo ich wieder die ungewöhnlichsten, ekligsten Dinge vorfand. Schon beim Anblick so mancher Sachen würgte es mich geradezu. Widerlich stinkende Fische saßen voller Fliegen, überall hingen Innereien herum, und auf dem Obst türmten sich die Wespen. Dann fand ich schließlich auch Eier und kaufte 10 Stück, außerdem noch einige Dosen mit Käse, Sardinen und Thunfisch. Interessehalber lief ich noch in den hinteren Teil des Marktes und kam wieder bei den Fischständen an, wo der Boden naß und glitschig war. Und als ich gerade nach einem Ausgang suchte, rutschte ich mit meinen Badelatschen in dieser nassen Soße aus und stand plötzlich eine Etage tiefer in einem unbeschreiblich widerlichen Schlamm- und Abwasserloch. Meine Brille flog mir von der Nase auf’s Pflaster, blieb aber Gott sei Dank heil, und die 10 Eier hatte ich geistesgegenwärtig in die Höhe gehalten. Die Verkäufer ringsherum machten erst sorgenvolle Gesichter, dann lachten sie. Einer hob die Brille auf, ein anderer half mir aus dem Loch heraus, und wieder ein anderer kam gleich mit einem Eimer Wasser, worin ich wenigstens meine verdreckten Hände waschen konnte. Meine Hose sah aus, als hätte ich in einem Misthaufen gelegen, und nachdem ich den gröbsten Dreck abgespült hatte, verließ ich diesen stinkenden Ort und suchte meinen Rikschafahrer, der brav am Eingang des Marktes auf mich gewartet hatte. Er warf einen amüsierten Blick auf meine dreckige Hose, was ich mit einem hochmütigen Ausdruck quittierte und ließ mich dann zum Hotel zurückfahren.

Erni’s schlechte Laune ermunterte mich auch nicht gerade zu Witzchen, und so gingen wir schweigend zur Rotelküche, wo Charly schon fluchend stand. Es sollte Spargelcremesuppe geben, und alle saßen schon wartend und hungrig herum. Da ist ihm die Suppe geronnen und verklumpt, weil er die Suppe in heißem anstatt kaltem Wasser angerührt hatte. Er schimpfte und schüttete die ganze Schose weg. Dann gab es eben ein bißchen später Pilzsuppe, und die war in jedem Fall besser als wieder einheimische Fischsuppe.

Später fand ich im Bett massenhaft Ameisen vor. Sie saßen und krabbelten überall herum, im Waschbecken, auf dem Boden und in der Toilette. Wenigstens hatten wir einige Gekkos im Zimmer, die fleissig Ameisen vertilgten, aber gegen diese Übermacht kamen auch sie nicht an. Die ganze Nacht hörte man Trommeln und Musik, und gegen Morgen krähten mindestens fünf Hähne gleichzeitig vor unserem Fenster. Eine schlaflose Nacht mit Ameisen im Bett ist wahrlich nicht gemütlich, und so hatte auch ich am nächsten Morgen eine saumässige Stimmung, die aber nicht von langer Dauer war.

Um 7.00 Uhr fuhren wir schon los und hatten ab diesem Tag einen thailändischen Reiseleiter bei uns, weil es das Fremdenverkehrsgesetz hier so vorschrieb. Später bekamen wir in Bangkok auch noch einen einheimischen Bus, damit für Arbeitsplätze gesorgt wird. Unter diesem Aspekt ist das in Ordnung.

Die Landschaft wurde immer langweiliger. Kaum noch Wald war zu sehen, auf viele Kilometer säumten unendliche Reisfelder die Straßen. Viele Mönche in ihren orangefarbenen Gewändern waren gemächlich unterwegs, um ihr Essen für den Tag zu erbetteln. Für die Thaifamilien ist es ihre erste Arbeit am Morgen, das Essen für die Mönche zu richten. Es heißt zwar, daß die Mönche ganz asketisch leben und nur das Allernotwendigste besitzen und allen irdischen Freuden abhold sind, wir haben aber oft genug das Gegenteil festgestellt, denn sie sind zum Teil durchaus sinnenfroh!

Unsere unverwüstliche Jeannette erzählte schon wieder stundenlang von Buddha und seiner Lehre, und wir kamen uns langsam vor wie Klosterschüler. Wir kämpften mit unseren herabsinkenden Augenlidern und blinzelten nur ab und zu, wenn Jeannette wieder auf einen einmaligen Tempel, auf Klöster und Chedis (hohe Türme, die zu den Klöstern gehören) hinwies. Sie meinte es ja gut mit uns, aber wir waren bis obenhin voll mit Buddhas und Tempeln und hätten was gegeben für einen faulen Tag. Doch nun ging der anstrengendste Teil der Reise erst los!

Wir hielten in Petchaburi und besichtigten natürlich wieder eine große Tempelanlage. Hier wurde gerade ein neuer Abt in sein Amt eingeführt, und viele Mönche und auch eine Musikkapelle saßen herum. Der ganze Tempel war mit bunten Tüchern und Orchideen geschmückt, und nachdem wir den ich-weiß-nicht-wievielten Buddha besichtigt hatten, zogen wir es vor, außerhalb der Tempelanlage auf Motivsuche zu gehen. Die fanden wir auch im gegenüberliegenden Markt. Dort lagen in einem großen geflochtenen Eierkorb ein paar ganz junge, noch blinde Kätzchen.

Wir verließen die Stadt und fuhren weiter über Land. Überall standen hier Borassuspalmen, aus denen man Zucker gewinnt. Viele Rinderherden - kleinere Tiere als bei uns - mit ihren Kälbern tauchten hier auf, und außerdem sah man jetzt massenhaft Entenfarmen für die berühmten Pekingenten. Das wäre mal ein ordentlicher Braten!

 

Ich lief bis an das andere Ende der Bucht, wo die Felsen eine natürliche Barriere bildeten. Hier auf den Felsbrocken, die von jeder Welle überspült wurden, saßen und krabbelten unzählige bunte Krebse, die vor allem in Grün und Lila und Braun schillerten.

Meine Haut fing langsam an zu brennen, und nachdem ich eine Weile geschwommen war und dabei eine Menge bunter Fische sehen konnte, habe ich den Rest des Tages mehr oder weniger im Schatten und unter den Palmblattdächern verbracht, denn ich wollte mir keinen Sonnenbrand holen. Die fliegenden Händler, die uns schon bei der Abfahrt ihre wirklich hübschen Klamoten aufgeschwätzt hatten, waren mit uns gefahren und wollten auch hier noch ihre Kaftane, Morgenröcke, T-Shirts und Röcke loswerden. Das Handeln machte allen Spaß, auch denen, die gar nichts kauften, sondern nur zusahen. Später, als die Händler merkten, daß kein weiteres Geschäft mehr zu machen war, gesellten sie sich zu uns und erzählten oder fragten, woher wir kämen. So erfuhren wir, daß wir für unseren Reisepreis hier auf Phuket ein stabiles Haus kaufen könnten mit Klimaanlage und Dusche. Das wäre vielleicht noch eine Alternative!

Der eine Händler wollte mir unbedingt meine Adidas-Tennisschuhe abschwatzen, aber da ich nur dieses eine Paar feste Schuhe dabei hatte, konnte ich ihm den Gefallen nicht tun. Wir hatten schon des Öfteren bemerkt, daß diese Burschen sehr wohl wissen, welche Marken gut sind. Selbst hier in Südthailand ist Adidas ein Name.

Zwischendrin entdeckte ich eine riesengroße Heuschrecke von nie gekannten Dimensionen. Sie war sicher 17 cm lang und gelb-grun und saß an der Tasche einer Frau aus unserer Gruppe, die darauf wartete, daß das Tier abhaute, denn sie wollte an ihr Handtuch. Die Heuschrecke ließ sich aber nicht beirren und gab uns daher Gelegenheit, sie in aller Ruhe anzusehen und zu fotografieren.

Schließlich war dieser schöne Faulenzertag vorbei, und wir fuhren mit den Booten zurück zur Hotelanlage. Da inzwischen Ebbe war, konnten die Boote nicht bis zur Anlegestelle fahren, und wir mußten etwa 300 m durch’s Wasser laufen. Das wäre ja nicht schlimm gewesen, wenn hier nicht alles voller spitzer, scharfkantiger Korallen wäre, die das Laufen sehr schwer machten, zumal wir ja nur Badelatschen anhatten und bei jedem Schritt hin- und herrutschten. Und die Korallen waren äußerst schmerzhaft für uns, aber schließlich kamen wir doch sonnenverbrannt und müde wieder an.

Nach dem Duschen fanden wir uns zu unserer letzten Mahlzeit auf Phuket, einem gemeinsamen Büffet am Strand ein, wo die Kellner Tische und Stühle aufgebaut hatten. Kaum saßen wir, fing es an zu blitzen und schon fielen die ersten dicken Tropfen. Im Nu hatten die Kellner die Tische und Stühle gepackt, und wenige Minuten später wurde das Büffet im Restaurant eröffnet. Sowas ist man hier offensichtlich gewöhnt. Wir sahen uns die Platten an und entschieden uns dann für ein Essen à la carte, das uns aber auch nicht gerade begeistert hat. So langsam standen uns Fisch und Reis und all die undefinierbaren Sachen bis zum Hals, und wir hatten genug von dieser Kost. Auch das ewige Weißbrot mit Marmelade am Morgen ödete uns zusehends an.

Am nächsten Morgen räumten wir unsere niedliche Bambushütte und frühstückten ein letztes Mal auf Phuket, dieser so sympathischen Insel. Dann schossen wir noch ein Foto von Charly und dem kleinen Thaimädchen, in das er sich am Vortag hoffnungslos verliebt hatte. Wir versprachen, ihm einen Abzug von dem Foto zu schicken, und das taten wir dann auch. Sechs Wochen nach dieser Reise hat er dieses Mädchen geheiratet. Übrigens war auch der Fahrer des zweiten Rotelbusses, der einen Tag nach uns gestartet war und den wir immer dort trafen, wo wir länger als einen Tag Aufenthalt hatten, seit einigen Monaten mit einem Thaimädchen verheiratet. Wir lernten die Frau später in Bangkok noch kennen. Es scheint etwas dran zu sein an diesen sanften Frauen. Viele Männer kommen eben mit emanzipierten und selbstbewußten Frauen nicht klar.

Wir fuhren los und sahen unterwegs jede Menge Wasserbüffel, sogar schweinsfarbene. Jeannette warnte uns, hier in irgendein stehendes Gewässer zu gehen oder auch nur die Füße darin zu kühlen. Hier sei jedes Gewässer mit Hakenwürmern verseucht, die Leber und Milz auffressen, ins Hirn dringen und die gefürchtete Elefantiasis verursachen. Diese Hakenwürmer finden einen idealen Nährboden in feuchten Gegenden, in denen die Menschen keine Toiletten haben. Die Fäkalien, die einfach ungeklärt ins Wasser gelangen, geben Bakterien ab, die sich im Boden festsetzen. Daher sollten wir auch nie barfuß laufen in der Nähe menschlicher Ansiedlungen.

Wir waren träge und faul und dösten vor uns hin. Jeannette erzählte uns stundenlang von was weiß ich. Hin und wieder blinzelten wir durch die Fenster und sahen Monsunwald, unzählige Palmen und im Hintergrund den Regenwald, den wir nun mehr und mehr verließen. Es herrschte nur sehr wenig Verkehr auf der Straße.

Wir erfuhren noch, daß nur 40 % des Landes bebaubar sind, aber 80 % der Menschen leben auf dem Land.

An der zerlappten Küste links unter uns sahen wir überall zinnbaggernde Schiffe. Durch das freigelegte Zinn wurde die ganze Küste verseucht, denn Zinn ist giftig. Es sieht so schön sauber und romantisch aus, aber der Schein trügt. Als wir einen Fotostop machten, ertönte plötzlich eine Salve von Schüssen, und wir fuhren erschreckt zusammen. Es handelte sich aber keineswegs um Maschinenpistolen, sondern um Knallkörper, die anläßlich irgendeines Festes vor einem chinesischen Tempel losgelassen wurden.

Nachdem wir noch einen Teich mit herrlichen Lotosblüten bewundert hatten, saßen wir wieder träge in unseren Sitzen. Der gestrige Tag in Sonne und Waser hat uns ganz schön geschlaucht, und manchen standen die Strapazen dieser Reise schon deutlich ins Gesicht geschrieben. Dazu kam, daß es wieder sehr heiß und feucht war. Um 11.00 Uhr hatten wir immer noch fast 300 km Fahrt vor uns, und da die Strecke sehr eng und kurvenreich war, kamen wir nur sehr langsam voran.

Hier in Südthailand sind die Menschen sehr arm, und die meisten verdienen nicht mehr als 250 Baht im Monat, das sind etwa DM 32. Und dafür müssen sie sehr hart arbeiten. Kein Wunder, daß viele Mädchen, die hübsch genug sind, nach Bangkok in die Lasterhöhlen ausweichen und dank diesem Gewerbe ihre Familien über Wasser halten können. Die Prostitution wird in Thailand keineswegs so negativ angesehen wie bei uns, weil diese Mädchen das nicht tun, um schnell zu Geld zu kommen, sondern um ihre Familien und Eltern durchzubringen.

Am Himmel standen viele dunkle Wolken über der uns begleitenden Gebirgskette, die später weiter an der burmesischen Grenze entlang verläuft, die wir von hier aus gut sehen konnten.

In unerträglicher Schwüle machten wir bei Nieselregen eine Buschpause und kehrten dann entnervt und schlapp in den Bus zurück. Trotzdem sahen wir noch ein Moped, auf dem sich sage und schreibe 6 Menschen befanden. Zwei Frauen mit vier Kindern. Uns ist schleierhaft, wie die Frauen all die Kinder festhalten konnten, und sie fuhren keineswegs langsam. So ein Moped ist hier schon ein Zeichen von Wohlstand, denn ein Moped aus zweiter Hand kostet hier umgerechnet DM 1000, und das ist in Thailand ein kleines Vermögen.

Die dunklen Wolken blieben an den Bergen hängen und luden dort ihre nasse Fracht ab, was man deutlich sehen konnte. Überall begleiteten uns Flußläufe, Teiche und stehende Wasserflächen, in denen Stelzenhäuser standen. Schlammbedeckte Büffel standen in Suhlen und schienen mit sich und der Welt zufrieden. Ach, ein Büffel müßte man sein, wenigstens heute!

Unsere eingefleischten Rotelisten packten ihre unzähligen Stullen aus, die sie am Morgen geschmiert hatten. Sie hatten die Halbpension eindeutig fehlverstanden, und die ganze Gruppe wurde nach einigen Tagen stinksauer, weil morgens nicht genug Brot für’s Frühstück da war, weil diese beiden Holländer am Vortag soviele Brote geschmiert hatten, damit sie mittags auch nur ja keinen Pfennig ausgeben mußten. Genau so handhabten sie es mit den Getränken. Jedem steht eine Flasche Tee oder Kaffee zu, die beiden hingegen nahmen fünf Flaschen mit. So langsam staute sich bei uns die Wut auf, und es fielen die ersten Bemerkungen, die zum Schluß der Reise ihren Höhepunkt fanden und den Holländern ordentlich zu schaffen machten. Es ging aber auch zu weit, wenn der Holländer aus dem Gemeinschaftszimmer einfach das Handtuch mit an den Strand nahm, während alle anderen ihre eigenen Handtücher schmutzig und naß machen mußten. Es gibt halt immer wieder einige, die noch nie was von Fairneß und Anstand gehört haben. Aber davon später noch mehr.

Von Jeannette erfuhren wir unterdessen, daß vor mindestens 5000 Jahren Thailand zum ersten Mal besiedelt wurde. Wir fuhren durch das Gebiet der Karen, er ersten Einwohner. Auch hier soll es viele Straßenüberfälle geben. Da liegen dann nachts plötzlich Baumstämme quer über der Straße und zwingen die Autos zum Halten. Dann werden sie ausgeraubt. Daher waren auch hier überall Straßensperren, an denen viele Militärs postiert waren, um halbwegs Sicherheit zu gewährleisten.

Wir sahen eine Zinnmine nach der anderen, die die Landschaft verschandelten. Es schüttete auch wieder in Strömen, als wir in Ranong, der hintersten Provinz, für die Mittagspause haltmachten. In einer üblen Spelunke aßen wir ein höllisch scharfes Gericht, das uns Mund und Lippen verbrannte. Zu spät habe ich bemerkt, daß zwischen die grünen Bohnen kleine grünne Chillies gemischt waren. Die Wassermelone hinterher nahm die Schärfe aber erstaunlich schnell. Als ich die Melone intus hatte, fielen mir wieder Jeannettes Worte ein, daß die Wassermelone Überträger von Hepatitis sein kann. Herrschaft, man mußte aber auch bei allem und jedem aufpassen!

Wir saßen wieder im Bus und sahen die ersten Pandanußplantagen, deren Blätter wie hängende Ohren herabhingen.

Die Thai trugen Gewänder aus Stoffbahnen, die 2 m lang und 75 cm breit waren, meist waren sie schwarzgrundig. Manche Frauen trugen noch eine weitere Stoffbahn um den Oberkörper gewickelt oder einfach nur einen weißen BH, was lustig aussah.

Schließlich kamen wir zum Isthmus, so nennt sich die schmalste Stelle Thailands, denn hier ist das Land nur noch 13 km breit und verläuft auf viele hundert Kilometer an der burmesischen Grenze entlang. Wir machten an einer Brücke halt, um die schönen Stelzenhäuser im Wasser zu fotografieren und um Obst zu kaufen. Hierher kamen nie Touristen, und wir wurden angesehen wie Tiere im Zoo. Unser Bus machte wohl auch einen ungewöhnlichen Eindruck, vor allem der Schlafanhänger.

Dann hielten wir bei einer Köhlerei. Dort wurde aus alten, ausgedienten Kautschukbäumen Holzkohle gemacht. In dämpig-feuchter Luft und Hitze, in Qualm und Gestank mußten diese burmesischen Flüchtlinge hier ihr Brot verdienen. Die Frauen schlugen mit Holzknüppeln die Rinde von den Bäumen und die Männer transportierten diese zu den Öfen, die einen beissenden Geruch von sich gaben, da das Holz naß war. Eine wahrhaft höllische Arbeit, und uns taten diese Menschen sehr leid. Sie machten auch ganz deprimierte Gesichter. Nur die Kinder waren fröhlich wie überall auf der Welt. Was wissen sie schon von den Sorgen der Erwachsenen? Diese Kinder hier waren ausnehmend hübsch und wir verteilten jede Menge Bonbons und Kaugummis, denn Jeannette erzählte uns, daß sie sonst rabiat werden und spucken oder Steine werfen.

Als wir diesen unheiligen Ort verließen, erzählte uns Jeannette, daß es allein in Thailand 24.000, in Worten: vierundzwanzigtausend! Tempel gibt, von denen wir leider nur einen Bruchteil sehen könnten zu ihrem Leidwesen. Oh Gott, wir stöhnten schon bei dem Wort Tempel, von denen wir ja schon eine erkleckliche Anzahl kennengelernt hatten und auch noch viele weitere kennenlernen sollten. Am Ende der Reise wußte ich wirklich nicht mehr, wieviele tausend Buddhas in wievielen Tempeln ich gesehen hatte.

 

Inzwischen ist die Lippe der einen Frau, die wir insgeheim Nußknacker nennen, weil sie so einen eckigen Kopf hat, bedenklich angeschwollen. Wir tippten auf eine Infektion und beobachteten sie.

Alle "mußten" mal, aber angesichts der Schlangengefahr plädierte Jeannette für’s Erste für "Kneifen". Also kniffen wir gemeinsam, denn hier in diese üppige, unheimlich dichte Vegetation trauen wir uns unter diesen Umständen nicht. Schließlich hielten wir in einem kleinen Ort und stürmten die Toiletten einer Garküche. Umsonst taten wir es aber nicht, denn in dem kleinen Laden, der dazu gehörte, kauften wir u.a. ein ganzes Pfund wunderbarer Cashewnüsse, an denen man sich zum Schänzchen fressen kann.

Auf der Weiterfahrt besichtigten wir zwei große Chinesengräber, die in Hufeisenform angelegt waren und von großen Dämonen bewacht wurden. Es muß sich hier um stinkreiche Leute gehandelt haben, und wir erfuhren dann auch, daß es reiche Zinnminenbesitzer waren. Die einen werden einfach verscharrt, die anderen bekommen ein monströses Grab, aber unter der Erde sind sie alle die gleichen Wichte.

Nun ging es auf zum Endspurt. Schon zehn Stunden waren wir unterwegs und konnten bald nicht mehr sitzen. Jeannette erzählte unermüdlich von der chinesischen Mythologie und über Sitten und Gebräuche in Thailand. Wir waren so fertig und erschöpft, daß wir ihr kaum noch folgen konnten und wollten. Unglaublich, was diese Frau für eine Energie hatte.

Endlich, endlich fuhren wir über die Verbindungsstraße vom Festland auf die Insel Phuket, die uns für alle Mühe voll entschädigt hat. Phuket ist eine 550 qkm große Insel, die vom Fischfang, Bergbau, Zinn, Kautschuk, Kokosnüssen, Zitrusfrüchten und nicht zuletzt auch schon vom Tourismus lebt. Sie hat (1982) 100.000 Einwohner, und man fand dort herrlich einsame Buchten, feinen Sandstrand, Koralleninseln und Mangrovensümpfe.

Wir kamen zur Südspitze der Insel und fuhren in ein Bambuscamp. Hier sollten wir drei Nächte verbringen und nahmen daher ganz entzückt eine kleine Hütte aus geflochtenem Bambus. Die Wande waren hauchdünn und luftig, innen gab es eine dünne Trennwand, hinter der sich Dusche und WC verbargen, und ansonsten war alles aus Bambus. Gott sei Dank hatte diese paradiesische Hütte auch einen Miefquirrel, wie wir den Ventilator nannten. Ein schönes, großes Bett war auch vorhanden, da sollte man es ja aushalten können!

Aus Charly’s Bordküche löffelten wir Tomatensuppe und schwitzten dabei höllisch. Ein kühler Salat wäre angebrachter gewesen, ist aber gefährlich, weil man mit dem Wasser zum Waschen aufpassen muß. Dann saßen wir bei feuchter Schwüle im Lokal mit dem Direktor des Hotels zusammen, einem schmalen, jungen Mann, dem wir diesen Job nie zugetraut hätten. Später lernten wir seine Frau kennen und wußten dann, daß sie die "Hosen" anhatte.

Wir wurden von einem ausnehmend hübschen und sanften Thaimädchen bedient, von dem vor allem die Männer hellauf begeistert waren. So hatten sie sich die Thaimädchen auch vorgestellt: sanft, liebenswert, ergeben und schön. Dieses schöne Geschöpf legte zum Dank für alles und nichts stets die Hände gefaltet vor’s Gesicht und lächelte unentwegt. Sie schwebte wie ein Unschuldsengel durch das Lokal, und die Männer kriegten sich gar nicht mehr ein. Sie sprach ein paar Brocken Englisch, und so erfuhr ich, daß sie Patchawat hieß. Welche eine sanfte, gefühlvolle Sprache sie sprach, und wir langsam und geschmeidig ihre Bewegungen waren! Worte wie Hektik und Streß schien es in ihrem Leben nicht zu geben, sie war die Sanftmut in Person.

Wir saßen noch eine Weile bei Bier und Ananassaft, sagten den Weißhandgibbons am Eingang des Restaurants noch schnell gute Nacht und verschwanden schließlich in unserer putzigen Bambushütte, in der wir bis gegen 4.00 Uhr sehr gut schliefen. Plötzlich wurde ich aus dem Tiefschlaf gerissen und dachte, ein Erdbeben wäre los, denn das ganze Bett wackelte und bewegte sich. Ursache war aber Erni, der von einem Regentropfen auf’s Auge getroffen worden war, in Panik hochsprang und das Bett wegrückte, um dem vermeintlichen Tropenguß zu entgehen. Herrschaftszeiten! Es war nur dieser eine Tropfen, der eine Lücke im Blätterdach gefunden hatte. Der übrige Regen ergoß sich außerhalb rauschend auf die Blätter und trommelte auf’s Dach. Gegen Morgen wich der Regen einem strahlendschönen Tag.

Unser Frühstück genehmigten wir uns diesmal direkt vor unserer Hütte, denn davor stand ein Tisch mit vier Hockern, alles aus Palmbaumstümpfen.

Die Frau "Nußknacker" hatte an diesem Morgen ein fürchterlich geschwollenes Gesicht und sah wirklich erbarmungswürdig aus. Am Nachmittag ging Jeannette mit ihr ins Krankenhaus, wo der Arzt eine Allergie gegen Hummer feststellte und ihr eine Spritze gab. Die gute Frau hatte auch Hummer am südchinesischen Meer genossen und mußte nun so dafür büßen. Es besserte sich dann aber rasch.

Wir stiegen zum ungezählten Male in unseren so vertrauten Bus und fuhren ca. 80 km nördlich auf’s Festland zurück. Hier stiegen wir in schmale, lange Motorboote und ab ging’s in die schon lang erwarteten Mangrovensümpfe. Schlagartig veränderte sich das Bild vor unseren Augen. Der Wasserlauf war manchmal so schmal, daß nur noch das schmale Boot durchkam, dann weitete er sich plötzlich wieder, um hinter der nächsten Biegung wieder schmal zu werden. Rechts und links vom Boot waren die Ufer dicht mit Mangroven bewachsen. Diese Pflanzen haben ganz eigenartige Stelzenwurzeln, die unharmonisch zum Baum wie ein Stecken im Wasser fußen. Die Bäume selbst sehen nicht ungewöhnlich aus und sind etwa kirschbaumgroß. Von den Stelzwurzeln waren wir allerdings fasziniert, und ganz bizarr flogen während der Fahrt tausende Stelzen an uns vorbei.

Nach und nach öffnete sich der Wasserlauf immer mehr und wurde schließlich einige Kilometer breit. Man ahnt hier bereits die Nähe des Meeres. Soweit wir schauen konnten, sahen wir bizarr geformte Felsen aus dem Wasser ragen, große und kleine, manche knüppelförmig, andere wie Kuppeln. Manchmal guckte nur ein Stückchen Fels aus dem Wasser, dann wieder durchfuhren wir ausgehöhlte Riesenfelsen, in denen Tropfsteine meterlang zu uns hinabreichen. Wir waren ganz begeistert von dieser fremden, eigenartigen Welt. Nur selten war das eine oder andere Fischerboot zu sehen, ansonsten gab es keine Menschenseele in dieser einsamen Inselwelt.

Unser Boot fuhr schließlich auf einen winzigen Sandstrand zu, der etwa 30 m breit war und mitten zwischen zwei hochaufragenden Felsen lag. Dort stiegen wir aus und entdeckten Seezigeuner, die hier ihre Stände aufgebaut hatten und wunderschöne, nie zuvor gesehene Muscheln und Schnecken anboten. Wir konnten uns an dieser Farben- und Formenvielfalt gar nicht sattsehen und staunten, was das Meer herbringt. Da lagen perlmuttene Schnecken, braun-weiß gebändert und Riesenmuscheln in rosa-weiß. Wenn man diese Muscheln an das Ohr hält, hört man darin das Meeresrauschen. Wir konnten uns kaum entscheiden, solche Vielfalt fanden wir hier vor. Aber im Zweifelsfalle war immer die Größe entscheidend, denn wir konnten ja nur Kleinigkeiten mitnehmen. So kauften wir einige sehr schöne Exemplare, und das nicht ohne schlechtes Gewissen, denn uns war damals schon klar, daß die Meere ausgeräubert werden für reiche Touristen. Eines Tages gibt es solche Wunder vielleicht nur noch im Museum zu sehen. Wir wollen unsere Stücke in Ehren halten in diesem Bewußtsein.

Mit den Booten fuhren wir ein Stück zurück und besuchten das Dorf der Seezigeuner. Aber was für ein Dorf! Ein ganzes Dorf mit hunderten von Menschen war auf Stelzen in das Wasser hineingebaut. Schmale, wacklige Stege verbanden die Hütten miteinander, und mit meinen dünnen Badelatschen muß ich ganz schön aufpassen, um heil über diese schaukelnde, unebene Angelegenheit laufen zu können, denn ab und zu fehlten ein paar Bretter oder waren morsch, und hin und wieder schauten lange Nägel hervor. Und zwei Meter unter uns war dieses dreckige Sumpfwasser. Nicht zu vergessen, daß es in diesem Dorf natürlich keine Kanalisation gab, und alle Abfälle und Fäkalien direkt ins Meer fielen. Die Toilette des "Restaurants" war wirklich eine Sehenswürdigkeit. Man befand sich in einem kleinen Raum, dessen Boden ebenso wie die Stege nur aus zusammengenagelten Brettern bestand und gewaltige Lücken aufwies. Die Toilette selbst war einfach - ein Loch! Da fehlten einfach ein paar Bretter, und man machte sein Geschäft über diesem Loch. Als Jeannette auf diese Toilette ging und sich gerade hinhockte, sah ich, wie ein großer Krebs an den Stelzen zu ihr hochkrabbelte. Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, wie schnell sie fertig war!

Für uns war hier ein Essen arrangiert. Es gab Königskrabben, Krebse, gebratenen Fisch, scharfe Soße und natürlich Reis. Wir pickten wieder nur und freuten uns schon auf das Rotelsüppchen am Abend. Wahrscheinlich waren wir Kostverächter, weil wir diese Delikatessen nicht kannten und skeptisch waren. Sie sagten uns einfach nicht zu.

Schließlich fuhren wir wieder zurück und hatten bereits einen leichten Sonnenbrand, weil die Sonne hier wirklich erbarmungslos schien.

Mit dem Bus fuhren wir dann in einem Höllentempo zu einer Zuchtperlenfarm, wo man einzelne Perlen, aber auch ganze Schmuckstücke kaufen konnte. Ich sah mir alles an, kaufte aber nichts, weil ich Perlen nicht besonders schön finde.

Der Direktor unserer Hotelanlage war mit uns gefahren und überreichte jedem bei der Weiterfahrt zwei Orangen zur Erfrischung. Was für ein netter Service!

Dann besichtigten wir auch noch einen Höhlentempel, in dem natürlich auch wieder Buddha seine Zelte aufgeschlagen hatte. In der ziemlich dunklen Höhle waren tausende von Fledermäusen zu Hause und flogen quietschend über unsere Köpfe.

Für heute hatten wir genug gesehen und fuhren rasch zurück ins Rawai-Beach, wo unser Bambushüttchen schon auf uns wartet. Nach kurzer Erfrischung machten wir einen Rundgang durch das Camp und das angrenzende Gelände, besuchten nochmal die niedlichen Weißhandgibbons und fütterten sie mit Erdnüssen und Bananen. Besonders ein junger Gibbon ist ein ganz süßes Kerlchen mitgroßen, feuchten, seelenvollen Augen, den jeder gleich ins Herz schließt.

Nach der abendlichen Suppe saßen wir noch im Freiluftrestaurant und hörten den unzähligen Fröschen bei ihrem unermüdlichenKonzert zu, bevor wir schließlich zu Bett gingen. Am nächsten Morgen gingen wir gleich wieder zu den Affen, um sie zu füttern. Der Kleine war ganz naß geworden vom nächtlichen Regen, und einer der Boys machte in dann von der Kette los und gab ihn mir. Das kleine Kerlchen schmiegte sich an mich und legte mir die Arme um den Hals wie ein Menschenbaby. Ich glaube, da bestehen immer noch Gemeinsamkeiten. Am liebsten hätte ich den kleinen Kerl mitgenommen.

Nur mit Badesachen bekleidet, fuhren wir mit Tuc-Tuc-Booten (Wasser-Taxis) hinaus auf’s Meer durch die herrliche Inselwelt. Der Himmel war wieder strahlendblau, und die Sonne brannte heiß auf unserer Haut. Nach einer guten halben Stunde hielten wir an einem wahren Traumstrand. Feiner heller Sand wurde gesäumt von vielen Palmen und Strandklee, dahinter lagen große Felswände. Der Strand war nur ein paar hundert Meter lang, aber für unsere kleine Gruppe reichte er vollkommen. Hier gab es auch Koralleninseln, die man in wenigen Minuten schwimmend erreichen konnte. Einige von uns schnorchelten, andere liefen am Ufer entlang und klaubten auf, was das Meer freiwillig hergab. Überall lagen Korallenstückchen und Muscheln herum, und viele kleine Krabben sausten so schnell über den Sand, daß man einen Moment lang glaubte, kleine Wattebäusche würden vom Wind davongetragen.

 

Von Jeannette erfuhren wir, daß Thailand eine Nord-Süd-Ausdehnung von 1740 km hat und 700 km breit ist, damit ist es doppelt so groß wie die alte BRD. Überall auf den Straßen waren Sperren angebracht, an denen Militär stand. Hier gab es viele Überfälle, und zum Schutz aller waren deshalb alle paar Kilometer diese Straßensperren errichtet worden. Jeannette schärfte uns ein, schon von weitem fröhlich lächelnd zu winken, da man damit am ehesten ungeschoren davonkam. Wir probierten es, und es klappte auch prompt jedes Mal. Ich weiß nicht, wieviel Dutzend dieser Straßensperren wir passieren mußten, es waren jedenfalls reichlich, und ich glaube, unsere Gesichtszüge waren zum Schluß schon ziemlich verzerrt!

Gegen Abend kamen wir bei den Seezigeunern in Songkhla an. Es handelt sich hier im sogenannte Protomalayen, um Seenomaden, die inzwischen seßhaft geworden sind und hauptsächlich vom Verkauf getrockneter Meeresfrüchte leben. Ihr ganzes Dorf stank in der Tat zum Himmel, denn soweit das Auge reichte, lagen auf geflochtenen Matten die Fische, Krabben und Tintenfische zum Trocknen ausgebreitet. Eine Unmenge Fliegen tummelte sich darauf, und wir konnten vor Ekel kaum noch atmen. Die Kinder liefen alle nackt herum, und die Menschen waren reichlich grob und häßlich anzusehen.

Hier in Songkhla und Umgebung kamen viele der vietnamesischen Flüchtlingsboote an, viele trieben lange auf See, weil die thailändische Regierung die Einreise verweigerte. Viele dieser armen Menschen wurden von Piraten ausgeplündert oder ertranken in stürmischer See. Wir waren hier also am berühmt-berüchtigten südchinesischen Meer.

Endlich kamen wir zu unserem Hotel, einem modernen Neubau, an dessen Eingang doch tatsächlich in Deutsch stand "Herzlich willkommen Neckermann". Uns hat’s fast umgehauen. Die verdammten Neckermänner hocken aber auch überall! Als wir dann erfuhren, daß die Neckermänner für 14 Tage Urlaub hier über 8.000 DM zahlen mußten, waren wir aber doch schadenfroh, denn wir sahen für die Hälfte in drei Wochen hundertmal mehr.

Nachdem die Männer den Schlafanhänger aufgebaut hatten, gingen wir in Badesachen zum Meer, das uns pi-warm empfing, aber sauber war und gut roch. Am Horizont sahen wir Hunderte von Fischerbooten, die Seezigeuner machten wieder Beute zum Trocknen.

Von Jeannette sind wir gewarnt worden, nach Anbruch der Dunkelheit nicht mehr am Strand entlang zu laufen. Hier soll es viele Überfälle geben und jede Menge Kriminelle. Das glaubten wir ihr auf’s Wort. So aßen wir brav unser Rotelsüppchen und saßen anschließend im Hotelrestaurant, das ringsherum offen war, damit der Wind durchstreifen und kühlen konnte. Dort erfuhren wir, daß es in diesem Lokal einmal günstigen Hummer zu essen gab, und da so ein Süppchen nicht lange sattmacht, genehmigten wir uns hinterher noch Hummer. Jeder bekam zwei ganze Hummer, und die kosteten doch sage und schreibe nur DM 10. Man stelle sich das bei uns mal vor! Wir schlagen also zu, und es schmeckt auch ganz gut, aber wegen Hummer würde ich keine Kopfstände machen. Ein Räucherfelchen ist mir zehnmal lieber.

Für die Neckermänner ist es ihr Abschiedsabend, und sie sitzen alle an einer langen Tafel zusammen. Eigens für sie wurde eine Gruppe Thai-Tänzerinnen engagiert, und wir sahen schmarotzend zu, was die Neckermänner zwar ärgert aber nicht verhindern können. So sahen wir vier sehr anmutige und grazile Thaimädchen, die schöne alte, traditionelle Tänze aufführten, die teilweise schon an’s Akrobatische grenzten. So stützten sie zeitweise ihren Ellenbogen auf die Unterseite der Füße, das mache erst mal einer nach! Mit den Händen und Fingern fabrizierten sie komplizierte Verrenkungen, im Hintergrund spielte eine thailändische Kapelle recht entnervend, aber auf jeden Fall fremd und typisch.Wie wir viel später feststellten, war das die beste und typischste Tanzvorführung überhaupt. Alles, was wir danach sahen, war nur für Touristen bestimmt und entbehrte oft der Tradition.

Da saßen wir also am südchinesischen Meer mit Hummer im Bauch, genossen die Anmut der Thaimädchen und kämpften unter dem Tisch mit den Moskitos, die sich an unseren Beinen und Knöcheln labten. Zwar hatten die Boys Räucherkerzen unter den Tisch gestellt, aber das hielt die Viecher nicht ab, und nach kurzer Zeit waren wir total zerstochen. Es gibt wohl keine ungetrübte Freude! Als wir schließlich ins Bett gingen, waren meine Füße sehr stark geschwollen und juckten entsetzlich. Kein Knöchel war mehr zu sehen, und als ich die Hose auszog, sahen meine Beine aus wie dicke Sauerkrautstampfer.

Wir schliefen in unserem Zimmer recht ordentlich, und als wir uns morgens zum Rotel-Frühstück einfanden, war die ganze Gruppe total entnervt vom nächtlichen Kampf mit den Moskitos, die keinen verschont und manchen wirklich ganz übel zugesetzt hatten. Einige hatten hunderte von Stichen an sich und die ganze Nacht kein Auge zugetan. So langsam machte sich die Erschöpfung breit, und manche werden daher aggressiv. Diesen Zustand kennen wir von der Indienreise her und wissen, was auf uns zukommen konnte. Und Jeannette begrüßte uns auch noch mit den Worten:" Wünsche wohl gemückt zu haben!"

Wir wußten, daß wir einen schlimmen Tag vor uns hatten, denn wir mußten 500 km durch zum Teil unwegsames Gebiet fahren. Außerdem war es drückendschwül, dann begann es zu nieseln, und kurz darauf schüttete es wieder wie aus Eimern. Heute verließen wir jedoch die regenreiche Ostküste, an der Regenzeit herrschte, und fuhren an die Westküste. Unser Ziel war die Insel Phuket, und wenn wir an diesem Morgen gewußt hätten, welch herrliches Fleckchen Erde uns am Abend erwartete, wären wir bestimmt fröhlicher gewesen.

Hier in Thailand fiel uns auf, daß vor jedem Haus ein Geisterhäuschen steht, ein kleines Holzhäuschen, das uns wie reich geschmückte Vogelfutterhäuschen vorkommt. Die Leute opfern ihren Geistern Blumen und Nahrungsmittel, um sie bei Laune zu halten. Und in der Tat stand wirklich vor jedem Haus in ganz Thailand so ein Geisterhäuschen. Das fanden wir niedlich.

Uns fiel auch sofort auf, daß Thailand wesentlich ärmer ist als Malaysia. Zwar geht auch hier niemand in Lumpen, aber es ist nicht mehr so sauber, die Straßen sind in schlechterem Zustand, die Häuser sind ärmlicher, und es gibt viel weniger Autos als in Malaysia. Dafür fuhren hier jede Menge Mopeds und Motorräder rum. Auf so einem Moped saßen oft zwei Erwachsene und zwei bis vier Kinder. Uns war schleierhaft, wie die sich alle an einander festhalten konnten. Dafür würden sie bei uns ein saftiges Knöllchen bekommen.

Es gab auch offene Sammeltaxis, die Tuc-tuc heißen.

Mitten in der Stadt sahen wir auf einmal sechs Kühe mitten auf einem Sandhaufen liegen. Schade, daß wir nicht halten konnte, um sie zu fotografieren. Es sah wirklich witzig aus.

Wir verließen die Stadt und fuhren wieder durch große Kautschukplantagen, an Kokosnußpalmen und Reisfeldern vorbei. Überall waren Wasserläufe, Tümpel und Teiche zu sehen, und stellenweise standen ganze Landstriche unter Wasser. Die Leute haben wohlweislich ihre Häuser auf Stelzen gebaut. Und dann gab es nach wie vor die unvermeidlichen Straßensperren.

Von Jeannette erfuhren wir wieder Wissenswertes. Thailand hat heute (1982) 50 Mio Einwohner, davon sind etwa 40 % unter 15 Jahre alt. Also ist auch hier die Bevölkerungsexplosion schon zu einem Problem geworden, und besonders die großen Städte haben damit zu kämpfen. Die Thai leben am liebsten am Wasser, und ca. 85 - 90 % der Menschen leben in kleinen Dörfern. Auch hier ist die Dengfliege weit verbreitet, die Kreislaufkollapse und eine erweiterte Leber verursachen kann. Dieses Jahr war eine Epidemie ausgebrochen und hat viele Tote gefordert. Wir sollten daher kein Wasser trinken und nie Getränke mit Eiswürfeln bestellen, weil darin die Erreger leben.

Auch hier in Thailand gibt es noch Ureinwohner, die unter anderem Jumbri heißen und auch vom Sammeln und Jagen leben. Sie sind Nomaden und tragen nur einen Lendenschurz aus Fächerpalmblättern.

Am Straßenrand sahen wir in den Tümpeln Wasserschildkröten, die hier zu Hause sind. Viele Enten und Gänse schwammen herum oder saßen in den Reisfeldern, die uns auf viele Kilometer begleiteten. Im Hintergrund tauchten einzelne, bizarre Berge auf. Dann erschienen ganze Gebirgsketten rechts und links von uns, und langsam wandelte die Landschaft ihr Gesicht. Vom tropischen Regenwald fuhren wir immer mehr durch Monsunwald, der nicht mehr so üppig wuchert.

Oft sahen wir auch ganze Teiche und Wasserläufe übersät voll mit dem herrlich rosafarbenen Königslotos oder der weißen Variante. Die Häuser am Straßenrand waren alle aus Teakholz gebaut, manche auch aus Bambus, und natürlich alle auf Stelzen.

Zwischen drin kam immer wieder ein Stück Regenwald mit gigantischen Bäumen, Schmarotzerpflanzen, Orchideen und Lianen. Dann machten wir eine Buschpause am Straßenrand, und als eine von uns sich gerade hinhockte, kam ein ganzer Bus voller Männer vorbei, die hupten und johlten, weil sie wohl noch nie so einen großen weißen Po gesehen hatten. Wir haben uns köstlich amüsiert. Der Betroffenen war es allerdings sehr peinlich. Wieso denn?

Eine unserer Mitfahrerinnen hatte eine ganz dicke Oberlippe bekommen, und auch die Unterlippe begann anzuschwellen. Sie vermutete, von einem Insekt gestochen worden zu sein, aber ein Moskito kann keine solche enorme Schwellung verursachen. Wir hörten noch längere Zeit davon.

Überall an den Hängen rechts der Straße waren ganze Schneisen vom Regen ausgewaschen. Im vergangenen Jahr sind hier sintflutartige Regenfälle runtergekommen, die ganze Hänge abrutschen ließen. Ganze Baumriesen wurden in die Tiefe gerissen, und viele tausend Kubikmeter Erde gingen verloren. Überall lagen entwurzelte Bäume herum, es war ein Bild der Verwüstung.

Zwischendrin sahen wir uns eine Kaffeeplantage an. An den Sträuchern hingen nicht nur reife Kaffeekirschen, sondern auch schöne weiße Blüten.

Unsere Mittagspause verbrachten wir in Trang, wo Touristen völlig unbekannt waren. Wir wurden unverhohlen neugierig angesehen. Im Markt haben wir dann wieder die kuriosesten Lebensmittel betrachtet, ich kannte nicht mal ein Viertel davon. Diffuse Gerüche schwirrten herum, und überall lag unheimlich fettes Fleisch und Speck in der Sonne, auf dem massenhaft Fliegen saßen. Wir kauften ein Bündel Minibananen und freuten uns, daß keiner ein Wort Englisch sprach. Hier lernten wir unverfälschtes Thaileben kennen.

Bei der Weiterfahrt sahen wir die ersten Arbeitselefanten. Jeannette versprach uns noch viel mehr Elefanten, und die bekamen wir später dann auch noch.

Dann fuhren wir durch die Bergwelt von Krabi. Es handelt sich dabei um Konsidamaratausläufer, ein komplizierter Name für eine bizarre Bergwelt, die uns faszinierte. Wir fotografierten wie wild und entdeckten dann am Straßenrand eine recht große, überfahrene Schlange. Also hatte Jeannette mit ihren Warnungen doch nicht übertrieben.

So fuhren wir Stund um Stund und dösten großenteils vor uns hin, wechselten von einer Sitzbacke zur anderen und hofften, daß wir bald ankämen, da wir schon arg verschwitzt und klebrig waren. Immerhin fuhren wir nun über den Trans-Asian-Highway, ein dolles Wort für so eine einfache Straße, aber da es die einzige Straße war, konnte sie ruhig so einen hochtrabenden Namen tragen. Die Straße wurde gesäumt von herrlichen Bambuswäldern und führte mal bergauf, mal bergab. Immer wieder sahen wir Wasserbüffel, die sich in Schlammlöchern suhlten und sich anschließend dreckig und schmierig in der Sonne aalten. Oft saßen Kuhreiher und Madenhacker auf ihren Rücken, um das Ungeziefer aus ihrer Haut zu picken. So hilft sich die Natur selber.

 

Weiter ging es zum Schlangentempel, von dem wir schon soviel gehört hatten. Und da lagen doch tatsächlich eine Menge der giftigen Pit Vipern herum, krochen auf Tischen und Regalen, über den Boden und auf Gegenständen. Eine Menge Räucherstäbchen glimmten und sollten die Tiere betäuben, aber das war gar nicht der Fall. Man erzählte uns, daß schon etliche Leute hier gebissen worden sind, die eine Schlange übersehen hatten. Uns war nicht ganz wohl in unserer Haut, denn wo wir hinsahen, lagen die Schlangen herum, die alle ihre Giftzähne noch hatten. Welch ein Leichtsinn! Hinterher griffen wir uns an den Kopf, daß wir tatsächlich in diesen Tempel hineingegangen waren. Manchmal ist man schon verdammt leichtsinnig!

Auch diesen denkwürdigen Tempel brachten wir hinter uns und fuhren dann zum großen Kanyin-Tempel, dessen hoher Pagodenturm uns schon von weitem entgegen leuchtete. Auf dem Weg durch die Straße bis zum Tempel wurden wir eingelullt von unzähligen Läden, die vollgestopft waren mit Kleidungsstücken aller Art, von Holzschnitzereien und Souvenirs, daß jedem Reisenden das Herz lachte. Wir mußten uns aber sehr beeilen, damit wir den Anschluß an die Gruppe nicht verpaßten, denn Jeannette, die das alles längst kannte, marschierte schnellen Schrittes voran. Uns lief wieder die Brühe am Körper runter, und meine Brille rutschte mir ständig von der Nase. Schließlich kamen wir am Tempel an, in dem auch wieder ein großer goldener Buddha lag und lächelte. Schließlich erklommen wir unter viel Mühen und noch mehr Schweiß die Pagode der 1000 Buddhas, und nachdem wir endlich oben ankamen, waren es sicher noch mehr als 1000 Buddhas gewesen, denn die Wände waren von oben bis unten vollgemalt und geklebt mit Buddhas in allen Varianten. Warum nicht einer pro Tempel ausreichte, ist mir immer ein Rätsel geblieben.

Oben an der Pagodenspitze hatten wir einen schönen Ausblick über die Insel Penang und die Stadt und sahen auch das Festland. Dann marschierten wir mit zittrigen Knieen wieder abwärts über die engen und sehr schmalen Stufen, und ich bekam Gleichgewichtsstörungen. Dauernd meinte ich, in die Tiefe gezogen zu werden und mußte mich ständig festhalten. Die Stufen waren nur etwa 12 cm breit, und da mußte man höllisch aufpassen. Endlich waren wir schweißgebadet wieder unten angekommen, und die Sonne brannte erbarmungslos auf uns herab. Die Fische im angrenzenden Teich schwammen mit offenen Mäulern an der Wasseroberfläche und japsten nach Luft wie wir. Etliche trieben schon bauchaufwärts und waren tot. Eine richtige Tierquälerei war das. Nebendran im Becken waren tausende von Schildkröten untergebracht, denen es kaum besser ging. Sie hatten Hunger, denn sobald jemand etwas Grünes hineinwarf, fielen sie darüber her. Man konnte dieses Futter kaufen, und im Nu waren zwei Bündel davon aufgefressen. Was sollte das alles hier? Wir mußten immer wieder feststellen, daß mit den Viechern nicht gut umgegangen wurde.

Mangels Mineralwasser tranken wir eine Cola und stürzten uns dann ins Einkaufsgewühl, wo wir zuvor schon einen Riesen-Holzbuddha gesichtet hatten, von dem wir schon zu Hause geträumt hatten. Es handelte sich in Wirklichkeit um einen taoistischen Glücksgott, der glatzköpfig und dickbäuchig einen richtigen Genießer aller Lebensfreuden darstellte. Sowas hatte uns gerade noch gefehlt, und nach einigem Suchen fanden wir ihn auch wieder. Er war etwa 45 cm hoch mit einem Durchmesser von etwa 25-30 cm und aus massivem Mahagoniholz geschnitzt. Sein Preis war entsprechend hoch. Wir konnten ihn aber um DM 120 runterhandeln und erstanden ihn dann zu einem akzeptablen Preis. Nun schleppten wir also diesen 14Pfünder mit uns herum und brachten ihn auch heil nach Deutschland.

Wir erstanden noch einige andere hübsche Dinge und gesellten uns dann zum Rest der Gruppe, die mal wieder eine Garküche besucht hatte, auf die wir keinerlei Wert legten seit jener sagenhaften Kanalratte. Im Zweifelsfall aßen wir Nüsse, Bananen oder Ananas, damit konnten wir nichts falschmachen.

Jockel und Karin hatten einen Laden entdeckt, in dem es T-Shirts und Hemden von der Marke "Lacoste" gab, und zwar zu lächerlichen Preisen. Jockel feilschte und handelte und kaufte dann vier T-Shirts für zusammen DM 50. In Deutschland kostet eines davon schon DM 80. Auch Pullis von Dior waren zu Spottpreisen zu haben. Nun wissen wir also, welche Gewinnspannen diese Firmen in Europa machen. Und wenn auf dem Etikett steht "made in France", dann darf man getrost Malaysia oder Thailand dazu sagen, denn überall fanden wir diese Marken wieder, und ein Thai hat uns später auch erzählt, daß die Hemden alle nicht in Frankreich hergestellt würden, auch wenn es draufstünde. Der Kunde will belogen werden, also wird er belogen.

Wir fuhren anschließend zum Hotel zurück und hatten Freizeit. Ja, auch das gab es bei Rotel, einige freie Stunden ohne Programm. Wir konnten es kaum fassen, sprangen in unsere Badesachen und gingen ans Meer, wo auch viele Einheimische spazierengingen oder badeten, denn es war Sonntag. Wir stellten fest, daß wir erst eine Woche unterwegs waren, aber es kam uns vor, als wären wir schon wochenlang auf dieser Reise, weil wir so unglaublich viel gesehen und erlebt hatten in dieser kurzen Zeit, die so ganz anders verlief als eine Alltagswoche zu Hause. Selbst Erni’s Prügel waren schon fast vergessen, obwohl er noch hin und wieder etwas spürte. Er hatte sich inwischen auch ganz gut an den "Rotelstreß" gewöhnt und begann, die Tour zu genießen. Bei Rotel ist ja immer volles Programm, und Langeweile hat da absolut keine Chance. Manches Mal wären wir für eine Verschnaufpause direkt dankbar gewesen. Nach einer gewissen Zeit kann einem selbst der schönste Tempel den "Buckel runterrutschen", aber es gab etliche Leute, die wirklich jeden Tempel besuchten und jedem die gleiche Begeisterung entgegenbrachten und fotografierten wie die Weltmeister. Ich fragte mich, wie die wohl zu Hause alle diese Tempel noch auseinander halten konnten.

Aber Rotelisten sind eine besondere Sorte Reisende und viele sind ziemlich fanatisch, die alles in den Himmel heben, was mit Rotel zu tun hat. Eines muß man diesem Unternehmen wirklich lassen, man kommt in die entlegensten Ecken und Winkel, die kein normaler Tourist jemals zu Gesicht bekommt. Und man kann Menschen kennenlernen, die noch nie einen Deutschen gesehen haben und nicht wissen, wer oder was Deutschland ist. Das kann kein anderes Reiseunternehmen bieten, und das gefällt uns eben sehr gut. Wegen der Schlaferei in den verflucht engen Kojen und das noch bei diesen Temperaturen inklusive Moskitos würden wir jedenfalls nicht mitfahren.

Jeannette erzählte uns, daß nun auch auf Penang der Tourismus begonnen hat, und es wurden jede Menge moderne Hotels gebaut. In ein paar Jahren wird die Insel viel von ihrer Ursprünglichkeit und Originalität verloren haben. Schon jetzt stehen zuviele Hochhäuser dort, und wir waren froh, jetzt dagewesen zu sein. Bis jetzt sprach noch kein Händler ein Wort deutsch, und das war ein gutes Zeichen. Bald werden auch hier die Neckermänner einfallen und alles versauen, was heute noch freundlich und echt ist.

Am Abend nach erfrischend kalter Dusche fanden wir uns zum gemeinsamen kalt-warmen Büffet unter freiem Himmel ein und fanden auf einer großen Platte einen Riesenfisch vor, dessen breites Maul höhnisch grinsend in die Breite gezogen war. Dieser Fisch war das einzige, was uns schmeckte, den Rest verbuchten wir unter das Kapitel "Garküche", wenngleich ich fairerweise sagen muß, daß auch in den Garküchen manchmal für unsere Geschmäcker recht genießbare Speisen zu haben waren.

Unsere Gruppe sprach wieder von der Bierbörse, denn der Bierpreis war für viele entscheidend darüber, ob der Abend gelingen würde oder nicht. In der Tat war das Bier sehr teuer, es schwankte zwischen DM 6 und 9 pro Flasche, und das ging doch ordentlich ins Geld. Hier war es sehr teuer, so daß die meisten sich schon früh verkümelten oder außerhalb des Hotels nach einer günstigeren Quelle suchten und auch fanden.

Auch wir gingen bald in die Federn und wurden nachts von einem gewaltigen Donnerschlag aus dem Schlaf gerissen. Ein Gewitter tobte und wurde von einem gewaltigen Wolkenbruch begleitet. Feuchtigkeit und dämpfige Luft ließen uns kaum atmen. Gegen Morgen hörte der Regen auf, aber es blieb stickig-schwül.

Wir frühstückten wieder im Freien und erfuhren, daß die Sachen von etlichen unserer Gruppe des nachts naß geworden waren, weil der Wind den Regen in den Gang der Schlafkojen getrieben hatte. Während wir unser Knatschbrot mümmelten, kamen fliegende Händler und stellten uns zum Teil schöne Ölbilder mit malayischen Motiven vor wie zum Beispiel Fischer oder Reisbauern. Wir kauften auch, und zu Hause kam uns das Bild wie ein Kunstwerk vor. Das war es ja auch.

Beim Frühstück sahen wir auch wieder Katzen mit abgehackten Schwänzen, was uns schon oft aufgefallen war und erfuhren, daß die Malayen den Katzen die Schwänze abhacken, damit sie damit nicht im Dreck rumwedeln können. Hat man so einen Schwachsinn schon gehört? Dabei ist doch die Katze das sauberste Tier. Aber was bei uns so manche Tierzüchter fertigbringen, ist ja auch keinen Deut besser.

Hier flogen auch wieder etliche Beos herum. Diese Vögel gibt es bei uns für teures Geld in Zoohandlungen, und hier fliegen sie so zahlreich herum wie bei uns die Stare, und sie singen auch sehr schön. Mit etwas Mühe und Geduld kann man ihnen auch das Sprechen beibringen.

Wir brachen schließlich auf und setzten mit der Fähre wieder über auf’s Festland. Dann ging es weiter in Richtung Alor Star, der Grenzstadt Malaysias zu Thailand. Unterwegs erzählte uns Jeannette noch, daß Malaysia 753 km lang und 322 km breit ist.

Heute war in Malaysia Feiertag, weil man das Lichterfest feierte. An diesem Tag soll niemand vor seiner Tür kehren, damit man das Glück nicht fortfegt. Das könnte sich mancher von uns auch zu Herzen nehmen!

Unterwegs sahen wir herrlich grüne Reisfelder. Wir hielten an und konnten 16 Reisbauern oder Frauen beim Pflanzen der Setzlinge beobachten. Bis zu den Knieen standen sie im heißen, brackigen Schlammwasser und mußten für jede einzelne Pflanze den Arm bis zum Ellbogen in die Brühe tauchen, um sie im Schlamm zu verankern. Eine mühevolle, schmutzige und sehr schwere Arbeit. Die Nässe zieht in den Kleidern hoch bis zur Hüfte, gesund ist das sicher auch nicht. Man sah viele krummgearbeitete alte Leute, die von dem ewigen Naß- und Gebücktsein in den Reisfeldern üble Krankheiten hatten. Aber diese Menschen haben keine Alternative und können sich ihren Beruf nicht aussuchen.

Gegen Mittag kamen wir in Alor Star an, das uns gar nicht gefiel. Es hatte keine Atmosphäre und war sehr hektisch. Dennoch fanden wir ein gutes Restaurant und aßen dort ein Wasserbüffelsteak. Dafür ließen wir unsere letzten Malaysia-Dollar liegen. Die Bedienung waren schon Thaimädchen, die über die Grenze zum arbeiten herkommen. Sie waren viel anmutiger und sanfter als die Malayen. Dieser erste Eindruck wurde später in Thailand immer wieder bestätigt.

Dann begleiteten endlose Kautschukplantagen unsere weitere Fahrt, dazwischen Reisfelder und ganze Herden von Wasserbüffeln. Im Schlamm oder in kleinen Teichen saßen Enten und dunkelbraune, hübsche Gänse und dösten in der Sonne.

Unsere Mannschaft hing faul in den Sitzen, und unsere Männer träumten von einem anständigen Mittagsschläfchen in einem kühlen Zimmer, wo nicht ständig das Rauschen der Klimaanlage stört. Sie nannten sich zum x-ten Male Idioten, daß sie solche Strapazen auf sich genommen haben, und ich wunderte mich zeitweise, da ich die Reise zwar anstrengend fand, aber keineswegs litt. Ich habe keine Sekunde mit der Tour gehadert. Allerdings ging es mir auch prächtig, ich schwitzte ganz normal, hatte weder Magen- noch Darmverstimmungen noch schlechte Laune. Immer fand ich etwas, das mich begeisterte, und wenn ich müde war, döste ich halt vor mich hin. Die Männer erwarteten entweder zuviel oder waren zu "schwach". Erni jedenfalls war mal wieder grätig und schwor, nie wieder eine Rotelreise zu machen. Und ich wollte nie wieder mit ihm eine Reise machen. Beides ist dann auch eingetroffen.

Gegen 14.00 Uhr kamen wir an der thailändischen Grenze an, wo wir wieder ausgiebig Formulare ausfüllen mußten. Nach zwei Stunden Warterei ging es weiter zur nächsten Polizeistation. Nach einer weiteren halben Stunde durften wir zum Zoll fahren. Hier stand alles unter Wasser, und die Menschen konnten vom Wohnzimmer aus das Wasser zum Kochen schöpfen.

 

Wieder im Bus, betrachteten wir üppige tropische Landschaft und sahen, wie der Bergrücken in scharfem Kontrast zum Himmel sich über den Wald erhob. Die vielen riesigen Mangobäume voller Früchte hatten es mir angetan. Was für prächtige Bäume das waren! Von der ewig gutgelaunten Jeannette ließen wir uns erzählen, daß es in Malaysia keine ausgeprägten Jahreszeiten gibt wie bei uns. Ab und zu fallen halt alte Blätter von den Bäumen und vermodern auf dem Waldboden zu neuem Humus, während neue ständig nachwachsen. Es ist ein ständiges Werden und Vergehen ohne Pause.

Unsere Busnachbarn hatten wieder schachtelweise ihre Pralinen und hauchdünnen Täfelchen von Lindt ausgepackt und sehen nichts um sich herum. Wir amüsierten uns darüber wie jeden Tag und lästerten natürlich auch nicht wenig. Der Schlecker ist ein Berliner, der ab und zu von seinen Erlebnissen in Ägypten berichtete und immer Ejipten sagte. Somit hatte er bald seinen Spitznamen, denn für uns blieb er fortan nur noch der Ejipter. Sobald er seine Süßration vertilgt hatte, schlief er. Wachte er auf, mampfte er gleich wieder Kekse. Daraus machte er eine richtige Philosophie. Er nahm z.B. einen Butterkeks ganz in den Mund, schob sein Gebiß vor und zermümmelte den Keks in millimeterkleine Stückchen, bis er einen Brei im Mund hatte, den er dann langsam und andächtig durchkaute und schließlich schluckte. Dann ging das Ganze mit dem nächsten Keks von vorne los. Wir stupsten uns nur noch grinsend an und deuteten auf den Ejipter, dann lachte alles los. Nur er selbst hat davon gar nichts mitbekommen. Warum er diese Reise gemacht hat, ist uns ein Rätsel geblieben. Aber er war ein Original, das uns oft zum Lachen brachte.

Zwischendrin erfuhren wir noch, daß nur 20 % der Fläche Malaysias besiedelt ist, der Rest ist Urwald.

In Ipoh besichtigten wir einen thailändischen Buddhatempel, in dem ein 23 m langer Papp-Buddha liegt. Rings um den Buddha herum saßen hunderte von Pappmönchen mit starren Gesichtern. Dann gab es da noch unzählige kleine Glaskästchen, in denen die Urnen von Verstorbenen standen. Ihre Konterfeis steckten auch dabei. Und natürlich durften die unvermeidlichen Räucherstäbchen nicht fehlen.

In einem kleinen Lädchen erstand ich dann karamelisierte Bananenscheiben, die recht eßbar waren. Am Straßenrand wurden Pomelos verkauft, eine Art Riesengrapefruit, die uns überhaupt nicht schmeckte. Danach besuchten wir den Perak-Tong-Tempel, ein schönes taoistisches Bauwerk mit einem 15 hohen Riesen-Buddha. Ein Mönch schlug auf einen gigantischen Gong, der dumpf ertönte. Das Ganze befindet sich in einer riesigen Höhle, deren Decken und Wände mit wunderschönen chinesischen Motiven verziert sind. Eine seltsam fremde Stimmung herrschte hier.

Wieder vor der Höhle sahen wir große Teiche mit wunderschönen Lotosblüten darauf. Viele Orchideen wuchsen hier, und wir staunten immer wieder über die Pracht und Üppigkeit dieses Landes.

Auf dem weiteren Weg nach Kuala Kangsar sahen wir unglaublich große Bäume, deren Kronen Durchmesser von 30 bis über 50 Metern erreichen. Wir konnten es kaum fassen, daß es solche gigantischen Pflanzen gibt.

Als wir in Kuala Kangsar ankamen, sahen wir schon die goldene Kuppel der großen Moschee leuchten, die aussieht wie ein Gebäude aus 1001 Nacht. Der anschließende neue Sultanspalast steht der Moschee an Pracht in nichts nach. Gleich dahinter stand der alte Sultanspalast, der im Fachwerkstil errichtet wurde und hier seltsam exotisch anmutete. Wir fuhren weiter und hatten schöne Motive vom Perakfluß und dem anschließenden Park, in dem wieder diese unglaublichen großen Bäume standen, die ich ihrer Kronenform wegen Regenschirmbäume nannte. Die Äste waren von Farnen und Epiphyten überwuchert, und die einfallenden Sonnenstrahlen tauchten die Bäume in ein zauberhaftes Licht. Leider war die enorme Luftfeuchtigkeit schuld daran, daß unser Fotoapparat anfing zu spinnen und manchmal nicht auslöste. Aber uns ist es dennoch gelungen, die Regenschirmbäume zu fotografieren.

Während die anderen wieder eine der Garküchen aufgesucht hatten, tranken wir nur etwas und schauten den Einheimischen zu, die uns ebenfalls sehr interessiert beobachteten, denn Touristen sind hier unbekannt. Alle aßen mit den Händen, und da sie auch mit offenen Mündern kauen, sah das für unsere Begriffe nicht gerade ästhetisch aus. Aber alle waren sauber und ordentlich gekleidet, und man hatte im ganzen Land nicht den Eindruck, daß die Bevölkerung hungern muß und elend lebt. Auf jeden Fall geht es ihnen ungleich viel besser als den Menschen in Indien, die in Lumpen und zerrissener Kleidung herumlaufen und oft nicht das allernötigste zum Leben haben. Malaysia ist ja durch sein Zinn als relativ reiches Land anzusehen, aber im Vergleich mit uns ist es doch sehr arm.

Nach der Mittagspause fuhren wir wieder durch die endlose Vielfalt des Regenwaldes in Richtung Taiping, die Stadt des ewigen Friedens und der Gärten. Die müßte mir eigentlich sehr sympathisch sein. An den Regenwald schlossen sich schier endlose Kautschukplantagen an. Das Wort Kautschuk stammt übrigens aus dem Indianischen und bedeutet "weinende Bäume". Die armen Bäume!

Schließlich erreichten wir Butterworth und setzten von dort aus mit der Fähre über auf die Insel Penang, die Betelnußinsel. Penang ist malayisch und heißt übersetzt Betelnuß, allerdings wachsen hier zumindest jetzt nicht mehr soviele Betelnußpalmen, wie man dem Namen nach vermuten würde. In Penang angekommen, fuhren wir erst einmal zu einem Supermarkt, denn Charly und Jeannette mußten für die Gruppe "Futter" einkaufen. Wir nutzten die Gelegenheit, einen malayischen Supermarkt zu inspizieren und waren von den Socken, was wir da alles zu sehen bekamen. In blitzsauberen Regalen standen Waren wie bei uns, massenhaft gute Konserven lösten frische und appetitlich aussehende Lebensmittel ab. Und auch das Preisniveau erstaunte uns nicht wenig, denn es war z.T. höher als bei uns. Für eine Dose malayischen Thunfisch mußten wir hier DM 3 hinlegen, und eine Dose Corned Beef kostete etwa DM 3,50. Von Jeannette erfuhren wir, daß ein Pfund Trauben bis zu DM 80 kosten kann, weil es die hier nicht gibt. Das muß ja auch nicht ein, wo doch soviele herrliche Früchte hier zu Hause sind. Wie deckten uns mit einigen Konserven zur Frühstückserweiterung ein.

Danach fuhren wir quer über die Insel, die einen wohlhabenden Eindruck auf uns machte. Hier sahen wir etliche prachtvolle Villen, die reichen Zinnminenbesitzern gehören. Weiter ging es an die Westküste, wo wir schließlich an der Ferringhi Beach anhielten. Dies soll der schönste Strand von Penang sein, und ein Hotel steht neben dem anderen. Wir erkannten auch gleich deutsche Touristen, was uns nicht gerade freute. Unser Hotel war auch dementsprechend teuer, aber wir nahmen trotzdem ein Zimmer für die Nacht. In unseren Badesachen liefen wir anschließend an den Strand, der direkt hinter dem Hotel begann. Das Meer war pi-warm und roch nicht gut. Vermutlich waren Abwässer oder gar Chemikalien darin. Wir sind trotzdem ins Wasser gegangen und haben anschließend unter den herrlichen Kasuarinen gesessen und auf’s Meer geschaut. Kasuarinen sind hohe Nadelbäume, die den ganzen Strand entlang wuchsen.

Abends gab es Erbsensuppe mit Speck und zum Toast eine Dose Leberpastete. Alle lobten die gute Rotelküche. Wir waren so müde, daß wir uns bald in die Federn verkrochen. Nach gut durchschlafener Nacht wachte ich gegen 6.45 Uhr auf, und es war noch stockfinster. Kaum 10 Minuten später war es taghell. Wie überall in den Tropen gab es auch hier keine Dämmerung, um Nu ist es Tag bzw. Nacht. Wir liefen gleich wieder zum Strand und beobachteten kleine, blitzschnelle Krabben. Als wir dann noch eine Schlange sahen, die von der Brandung auf den Sand geschleudert wurde und versuchte, wieder ins Wasser zu kommen, wurden wir doch vorsichtig und dachten daran, wie unbeschwert wir gestern hier ins Wasser gegangen waren. Daß Seeschlangen besonders giftig sind, wußten wir längst.

Nach einem dank Supermarktbesuch ausgesprochen opulenten Frühstück starteten wir zu unserer ersten Inselrundfahrt und sahen dabei wunderschöne Gärten, in denen Blumen- und Gemüsebeete angelegt waren. Auch ein Radrennen mit sicher über 100 Teilnehmern sauste an uns vorbei. Schließlich hielten wir an einem großen Thaitempel, in dem ein großer Buddha liegt, der auch wieder aus Pappe ist, wie wir das langsam schon kannten. Vor dem Tempel waren fliegende Händler und Schlangenbeschwörer dabei, das Publikum zu faszinieren. Einer hatte Pit Vipern dabei, denen man die Giftzähne herausgebrochen hatte. Arme Viecher! Mit so einer Schlange um den Hals konnte man sich fotografieren lassen. Ich legte zwar keinen Wert auf ein Foto, aber ich fand es schön, die Schlange anzufassen, denn diese Tiere faszinieren mich seit jeher. Mir ist unverständlich, wie man sich davor ekeln kann. Aber natürlich habe ich einen Riesenrespekt vor den Giftschlangen, die ich dennoch sehr anziehend finde. Mich graust es nur vor allen Tieren, die mehr als vier Beine haben, auch wenn sie völlig harmlos sind.

Gegenüber vom Thai-Tempel befindet sich ein sehr schöner burmesischer Tempel, in dem viele Menschen beteten, denn es war Sonntag und die Menschen brauchten nicht arbeiten. Jeder hatte Orchideen oder Lotosblumen in der hand, dazu Räucherstäbchen oder Blattgold, das sie ihrem Buddha aufdrückten verbunden mit der Bitte um Erfüllung eines Wunsches. Wir standen staunend dabei und ließen die seltsam feierliche Atmosphäre auf uns wirken.

Danach fuhren wir mit Rikschas zu einem alten chinesischen Clanhaus, das heute nicht mehr bewohnt ist und nur noch als Anschauungsobjekt gilt. In diesen Clanhäusern wohnte früher eine ganze chinesische Sippschaft. Diese alte chinesische Tradition gibt es auch heute noch. Jedenfalls handelte es sich hier um ein ganz prächtiges Haus, das wir glatt für einen reich verzierten Tempel gehalten hätten. Und von Tempeln hatten wir langsam aber sicher genug. Aber so leicht kamen wir nicht davon, die meisten standen nämlich noch aus.

Auf der Rückfahrt veranstalteten die Rikschafahrer ein Wettrennen, an dem alle viel Spaß hatten.

Mit dem Bus fuhren wir weiter zu einem Batikzentrum, wo wie wieder bei der Herstellung zusehen konnten. Uns Frauen interessierte aber viel mehr der Verkaufsraum, der voller Stoffballen lag und stangenweise Kleider, Blusen usw. aufwies. Man wollte mir eine Hose verkaufen, die mir auch recht gut gefiel, aber als ich sie anprobieren wollte, bekam ich Schwierigkeiten, denn das gute Stück hatte nur eine einzige Naht. Von den inneren Hosenbeinen bis hoch zur Taille führte eine Naht, die Beine waren nach außen offen. Ich stand ziemlich ratlos da, und die Mädchen nahmen mir lachend die Hose aus der Hand. Mit geschickten Händen zogen sie das seltsame Stück auseinander und mir durch die Beine und verknoteten das Ganze um die Taille. Die Beinteile wurden in Wadenhöhe verknotet, und fertig war eine sehr luftige und sehr kesse Hose, die nur den einen Fehler hatte, daß der Schritt fast in den Kniekehlen hing. So zog ich das komplizierte Ding wieder aus und wartete auf eine bessere Gelegenheit.

 

Schließlich fanden wir doch tatsächlich eine Garküche in einem kleinen Ort, die wir sofort stürmten. Wir tippten mit den Fingern auf die verschiedensten Töpfe und Pfannen und bedeuteten so den Boys, was wir essen wollten. Schließlich bekamen wir nackten Reis aufgetischt! Mit dem Teller sausten wir wieder zur Küche und zeigten auf die Soße und das Fleischgericht, und nach einigem Hin und Her hatten wir so halbwegs das, was wir gewählt hatten. Das Fleisch stellte sich jedoch als ungeheuer zäh heraus, was um so schlimmer war, weil man hier ja keine Messer kannte. Überall in Malaysia und später auch in Thailand wurden nur Gabeln und Löffeln serviert, Messer gab es nicht. Angesichts dieses zähen Fleisches war es uns ein Rätsel, wie wir damit fertigwerden sollten. Schließlich packte ich so ein Fleischstück mit dem Mut der Verzweiflung und biß hinein, dann zerrte ich mit beiden Händen daran und versuchte, ein Stück abzubeißen. Aber eher fielen einem die Kronen raus, bevor sich das Fleisch beissen ließ. Schließlich stopfte ich es ganz in den Mund und entschied mich nach einer Ewigkeit des Kauens einfach zum Schlucken, denn es ließ sich um’s Verrecken nicht zerkauen. Wir lästerten und lachten und einer meinte, daß es sich bei diesem Fleisch vermutlich um eine Kanalratte gehandelt hat, die sich beim Jogging zu Tode gelaufen hat. So war’s wohl auch!

Nachdem wir etliches von diesem Essen aussortieren mußten, setzte Erni dem Ganzen noch die Krone auf, indem er abschliessend zu diesem "fürstlichen Mahl" meinte: zum Scheissen reicht’s! Das war zwar drastisch, traf den Nagel aber auf den Kopf, und allgemeines Gelächter bestätigte das. Es fielen jede Menge Sprüche, die man gar nicht zu Papier bringen darf, sonst fällt dieser Bericht noch unter "jugendgefährdende Literatur". Es war auf jeden Fall ein unheimlich lustiges Essen.

Nach diesem Eß-Erlebnis schlenderten wir noch ein bißchen die Straße auf und ab und entdeckten einen Markt, wo wir die unglaublichsten Lebensmittel zu Gesicht bekamen. Teilweise konnten wir selbst bei genauestem Studieren nicht feststellen, um was es sich eigentlich handelte, sowas hatten wir noch nie gesehen. Und da kein Mensch auch nur ein Wort Englisch sprach, wird uns das auch immer ein Rätsel bleiben. Hier war auch alles nur in malayisch geschrieben, nirgends ein Wort in Englisch, und so waren wir einfach aufgeschmissen. Teilweise erschütterten uns wahre Gestankwolken von Fischköpfen oder von ganzen getrockneten Fischen, die in der Sonne lagen. In einer anderen Bude sahen wir komische, etwa pferdeäpfelgroße, dunkelbraun-weiß gemusterte Bollen, die wir für irgendeinen Tierkot hielten. Später erfuhren wir, daß es sich um minderwertigen Kautschuk handelte. Bei dem Gestank hätten wir weiß Gott nicht auf Kautschuk getippt. Jedenfalls hockten die Einheimischen inmitten dieser Stinkbollen auf dem Boden und zerschnitten sie. Job’s gibt’s, das ist unwahrscheinlich!

Etwas weiter entdeckten wir auch wieder einen Berg fauler Eier, die im Kreidemantel steckten und uns unheimlich anekelten. Wir kamen aus dem Lästern gar nicht mehr raus, und da uns die Einheimischen Gott sei Dank nicht verstehen konnten, fassten sie unser Gelächter und fröhliche Mienen offenbar sehr positiv auf und lächelten zurück.

Schließlich saßen wir bester Stimmung wieder im Bus und waren auf dem Weg in den tiefsten Regenwald, auf den wir uns schon sehr gefreut hatten.

Jeannette erzählte uns über die Dschungelbewohner, die unter anderem Orang Asli Negritos heißen. Orang heißt der Mensch, Orang-Orang sind viele Menschen. Orang-Kanak sind kleine Eingeborene, die als Jäger und Sammler bis heute im Regenwald leben. Das Wort Kanaken stammt daher. Wir wollten also die Orang-asli-negritos besuchen, einen noch sehr primitiven Stamm, der halbnackt in simplen Holzhäusern auf Stelzen lebt und sich von allem ernährt, was der Urwald hergibt. Ackerbau und Viehzucht kennen sie nicht, sie leben teilweise als Nomaden und haben animistische Religionen. Teilweise jagen sie noch mit vergifteten Pfeilen, die sie durch Blasrohre abschießen. Das Gift gewinnen sie aus einem Pflanzensaft, wie man es auch von den Indianern am Amazonas her kennt.

Wir waren schon sehr gespannt und staunten über den immer dichter und undurchdringlicher werdenden Wald um uns herum. Man wurde förmlich von Baumriesen, Lianen und Riesenfarnen eingeschlossen, und die immer enger werdende Straße führte bergan. Der Regen schüttete ununterbrochen heftig herab, und wir fühlten uns schlagartig wie in einer anderen Welt. Unser Bus schraubte sich schnaufend immer höher und höher in die Cameroun Highlands hinauf, der Nebel hing bis tief in die Schluchten hinab und verzauberte diese gigantische Natur noch zusätzlich.

Schließlich hielten wir bei einem Wasserfall, wo es einen Trampelpfad für die Gehfaulen gab. Wir gingen abseits davon und kletterten und schlitterten über nasses, modriges Laub bergan, stiegen über Felsbrocken und hielten uns an Wurzeln und Lianen fest und kamen so tief in den Dschungel hinein, daß wir nur noch mit Hilfe der Lianen weiterkamen. Es roch modrig-dumpf, leicht faulig und war schwül-heiß. Der ständig fallende Regen verursachte ein monotones Rauschen. Wir sahen nur noch Grün, Grün, Grün. Ab und zu klatschten wir wegen der Schlangen kräftig in die Hände und kamen uns vor wie Alice im Wunderland. Schließlich wurde es so steil und glitschig und damit gefährlich, daß ich mich nicht weiter hinauftraute. Ich sah hinunter und wußte nicht so recht, wie ich da wieder wegkommen sollte. Ich rutschte und kletterte mehr oder weniger elegant Stein für Stein und Wurzel für Wurzel nach unten, rutschte ein paar Mal aus auf dem nassen Laub und sah bald aus wie ein Schwein, das sich gewälzt hat. Klatschnaß war ich inzwischen auch, aber das war mir egal. Ich ließ diesen einmaligen Moment inmitten dieser beeindruckenden Natur voll auf mich einwirken und lauschte gebannt dem Rauschen des Regens. Die Zeit schien stillzustehen, mir war es wie der Inbegriff der Ewigkeit. Wie unwichtig ist doch der Mensch für diesen Wald! Ich sah hinauf und versuchte, die Kronen der Bäume zu entdecken, aber sie waren so hoch und so dicht umwuchert von zahllosen Pflanzen, daß man das Gefühl hatte, die Bäume würden endlos in den Himmel wachsen. Ich war restlos begeistert und hätte am liebsten so einen Urwaldriesen umarmt. Diesen kleinen Ausflug in die Welt des Regenwaldes werde ich mein Lebtag nicht vergessen.

Dreckig und naß stiegen wir schließlich wieder in den Bus und waren total beeindruckt.

Der Dschungel hat natürlich auch weniger schöne Seiten, denn dort gibt es Viecher in rauhen Mengen. Vor allem kleine und daher sehr unangenehme Tiere wie Ameisen, Käfer und Blutegel. Von Blutegeln sind wir Gott sei Dank verschont geblieben, aber Ameisen hatten wir ne Menge an uns, auch etliche kleine Käfer und anderes Kleinzeug, aber die bissen wenigstens nicht. Eigentlich waren wir ja enttäuscht, keine Blutegel erwischt zu haben, nachdem man uns die vorher in den dollsten Beschreibungen geschildert hatte. Wenigstens einen zum Kennenlernen hatten wir uns erhofft. Aber vielleicht hatten die sich wegen dem Regen unter die Blätter verkrochen.

Im Bus konnten wir nichts mehr sehen, weil die Scheiben von unseren dampfenden, nassen Körpern vollkommen beschlagen waren. Wir schnatterten alle wild durcheinander und teilten unsere Begeisterung mit. Dieser Wald hatte uns total beeindruckt.

Wir fuhren weiter und Jeannette befürchtete, daß wir gar nicht zu den Orang-asli-negritos fahren könnten, weil der Weg dorthin völlig verschlammt und glitschig sei. Aber alle wollten die Eingeborenen sehen, und so hielt der Bus mitten auf der Straße, auf der wahre Sturzbäche uns entgegenflossen. Wir sprangen lachend durch den Regen und kletterten mühsam den lehmig-matschigen Weg hinauf zu den Orang-aslis, die bei diesem Regen hinter den Bambusstäben ihrer Behausungen hockten und trübsinnig in den Regen starrten. Unten am Fluß badeten nackte Kinder und kreischten fröhlich. Diese Menschen leben wir vor hunderten von Jahren, völlig eins mit der Natur und sehr widerstandsfähig. Sie sind winzigklein - ähnlich wie die Pygmäen - und schon früh "verschrumpelt". Entweder sahen wir Kinder oder alte Leute. Menschen mittleren Alters schien es hier nicht zu geben. Vielleicht waren sie auch auf der Jagd. Aber unter den gegebenen Lebensumständen altern diese Menschen auch sehr schnell und haben keine hohe Lebenserwartung, wie das vor gar nicht allzu langer Zeit auch bei uns der Fall war.

Die Kinder der Orang-aslis waren die schönsten, die wir auf der ganzen Reise zu sehen bekamen. Jedes einzelne war bildhübsch, und wir waren ganz fasziniert von ihnen. Klar, daß diese primitiven Menschen kein Wort Englisch konnten, aber man wird in solchen Situationen erfinderisch, und mit Händen und Füßen kann man sich doch einiges mitteilen. Und ganz wichtig und auf der ganzen Welt verbindlich ist ein Lächeln, das immer eine positive Gesinnung zum Ausdruck bringt.

Von Jeannette erfuhren wir, daß die Mütter dieser Orang-aslis ihren Jungen im Alter von fünf Jahren das Rauchen beibringen. Sie werden dann auch mit dem Stachel des Stachelschweins tätowiert, anschließend wird dieser Stachel durch einen Nasenflügel gebohrt. Mit dieser Zeremonie wird der siebten Seele des Kindes das Leben eingehaucht (Animistische Religion).

Diese Menschen haben uns mit ihrer einfachen und ursprünglichen Lebensweise sehr beeindruckt, und wir dachten darüber nach, wie weit wir uns mit unseren Atombomben, mit Wasserspülung und perfekter Hygiene doch vom Ursprung des Menschen entfernt haben. Aber wahrscheinlich sind wir im Grunde doch immer noch die alten Affen, wie Eugen Roth es in einem seiner Gedichte einmal so treffend formulierte.

Klatschnaß, glücklich und tief beeindruckt setzten wir unsere Busfahrt fort und kamen gegen Abend in Tapah an, wo wir übernachten sollten. Wir waren Gäste einer chinesischen Herberge. Dort bekamen wir ein riesenhaftes Appartement mit zwei großen und etlichen kleineren Räumen. Sofort stellten wir wieder eine Menge Ameisen fest und setzten unsere Taschen und Koffer gleich hoch. Zum Duschen gab es nur kaltes Wasser, aber immerhin gab es überhaupt welches, was keineswegs selbstverständlich war. Mehr als einmal haben wir geflucht, wenn wir verschwitzt und aufgeheizt unter die Dusche traten in Erwartung kühlen Nasses und dann zu unserer Riesenenttäuschung feststellen mußten, daß kein Tropfen Wasser kam. Das empfanden wir manchmal fast als Schicksalsschlag!

Nach der abendlichen Suppe saßen wir wie jeden Abend noch eine Weile zusammen und erzählten, und nachdem wir die meisten Ameisen vertrieben hatten, gingen wir schließlich zu Bett. Man gewöhnt sich fast an alles, sogar daran, daß es keine Steckdosen gab.

Nachts begann es wieder stark zu regnen. Ganze Heerscharen von Zikaden sangen ihr Lied und bereiteten uns ein fortwährendes Konzert. Und am Morgen weckten uns die gesammelten Hähne des Ortes. Von unserer Unterkunft aus genoß ich einen herrlichen Blick auf den schmalen Fluß, der träge und schmutzigbraun dahinfloß. Nebel stiegen langsam auf, und ein seltsamer Zauber lag in diesem Bild.

Derweil verfluchte Erni mal wieder seinen streikenden Batterie-Rasierer und den zerbrochenen Spiegel und murmelt vor sich hin, daß er zu Hause jetzt Brötchen holen könnte. Er meinte, jetzt, nachdem er den Regenwald gesehen habe, könnte er ja eigentlich nach Hause fahren, denn die Reise sei ja schon verdammt anstrengend. Es soll ja auch Leute geben, die andere Länder lieber am Fernseher erleben!

In der "Küche" des Appartements versuchen wir, uns die Zähne zu putzen. Mit einer Hand wehren wir die zahllosen Ameisen ab, die uns währenddessen die Beine hochkrabbeln, aber im Gegensatz zu Erni finde ich diese Situation so zum Schreien, daß ich mich über seinen Veitstanz wegen der Ameisen schier kaputtlache. Er schimpfte sich selber einen Idioten, für so einen "Horrortrip" auch noch Geld zu bezahlen. Er ist nun wirklich kein Rotellist, das war mir spätestens jetzt klar. Ich hingegen fand und finde diese Art des Reisens einfach ideal.

Wir hockten anschließend beim Frühstück und verzehrten unser "Knatschbrot", nämlich weiches, pampiges Toastbrot mit Marmelade, genossen dabei den herrlichen Blick auf den dichten Urwald, der uns umgab. Ob wir jemals im Leben wieder so frühstücken werden?

Als wir aufbrachen, wurde die arme Frau Ost von einem großen Insekt direkt unter’s Auge gestochen und schrie auf. Wir haben das Tier gesehen, aber keiner konnte sagen, was es war. Die Stichstelle schwoll rasch an.

 

Während die anderen die Moschee besichtigten, schrieb ich wieder unzählige Postkarten. Insgesamt waren es rund 60 Stück, das war ein hartes Stück Arbeit, und das bei dieser Hitze! Aber als ich so daran dachte, daß es in Deutschland jetzt kalt und neblig war und womöglich schon Schnee fiel, dann schwitzte ich doch liebend gerne. Und den November hasse ich seit jeher.

Schließlich trafen wir in unserem Hotel ein und bekamen ein schönes Zimmer mit funktionierender Klimaanlage. Welch eine Wohltat! Jockel hatte heute seinen 35. Geburtstag und wir feierten zusammen im Hotelrestaurant. Die Männer orderten schon wieder eine Runde Bier und schon wieder Steak, während ich es mit Hähnchen nach Großmutterart probierte. Wir fürchteten schon, dick und fett wieder nach Hause zu kommen, aber es sollte nicht sein, wie ich noch schildern werde.

Jeannette setzte sich zu uns und erzählte, daß sie sich nach sieben Jahren Rotel in den Tropen immer noch vor Kakerlaken ekelt und einen Satz macht, wenn sie eine entdeckt. Es wurde ein lustiger Abend, und wir gingen zufrieden auf unser Zimmer, wo wir zu unserem Leidwesen feststellten, daß sich die Klimaanlage nicht ausschalten ließ, so daß ich nachts zähneklappernd aufstand und nach einer Decke und Klamotten suchte. Durch die Kälte wurde auch Erni’s Genick wieder steif, und er war am nächsten Morgen wieder reichlich grätig. Mit zwei linken Händen hantierte er herum und maulte und schüttete dann auch noch prompt den Tee vom Vortag über unsere Klamotten und seine Halskrause.

Dann stellten wir fest, daß die Fenster von außen beschlagen waren, denn im Zimmer war es viel kälter als draußen. Das kann man sich bei uns gar nicht vorstellen. Dasselbe haben wir auch oft an unseren Busfenstern festgestellt.

Nach unserem Freiluftfrühstück sahen wir uns noch ein bißchen um, denn bis zur Abfahrt dauerte es noch ein bißchen. Sämtliche Häuser ringsum wiesen mehr oder weniger massive schwarze Stock- oder Schimmelflecken auf. Kein Wunder bei diesem Klima, und außerdem heißt die Stadt ja auch Siedlung im Schlamm. Zudem war hier ja jetzt auch Regenzeit, wie wir kurze Zeit später noch zur Genüge erlebt haben.

Heute war der siebte Reisetag, und wir hatten den 12. November. Wenn ich meine Notizen nicht hätte, wüßte ich schon längst nicht mehr, welchen Wochentag und welches Datum wir jeweils haben. Bei dieser Art des Reisens verwischt das alles und wird unwichtig. Während der ganzen Reise war keine Zeitschrift und keine Nachricht zu bekommen, so daß wir nicht die geringste Information über Politik und Wirtschaft hatten. Wir stellten aber auch fest, daß uns das keineswegs fehlte, sondern direkt erholsam war. Man kann sehr gut ohne den Streß der allumfassenden Information leben.

Als wir dann schließlich in den Bus einstiegen, war es schon wieder sehr schwül. Wir fuhren zu den Batu Caves, einer riesigen Tropfsteinhöhle, zu der 272 schmale, enge Stufen hinaufführten, die nicht nur mich an den Rand der Erschöpfung brachten. Als ich später wieder unten ankam, zitterten mir die Knie, und mir war ganz flau. Ich triefte, und der Schweiß rann mir in die Augen, den Bauch hinunter, die Kniekehlen entlang. Wenn man es nicht erlebt hat, kann man sich dieses Wasserschütten gar nicht vorstellen.

Auf dem großen mit Gras bewachsenen Platz vor dem Eingang der Höhle spielten eine Menge Jungen im Schlamm mit einem Ball. Sie bewarfen sich gegenseitig mit Schlamm und sahen aus wie Schweine, aber sie hatten einen Mordsspaß und wir auch vom Zuschauen. Nebenbei machten einige Männer gymnastische Übungen, und wir wunderten uns, wie man bei diesen Temperaturen auch noch Gymnastik machen kann, wo einem doch schon das Laufen schwerfiel.

Wieder im Bus klaubten wir unsere restliche Kokosnuß vom Vortag raus und stellten erstaunt fest, daß sie über und über mit Schimmel bedeckt war. So schnell verdirbt hier alles bei dem Klima.

Danach besichtigten wir eine Batikfabrik und sahen den interessanten und mühevollen Arbeitsgängen zu, bis aus einem simplen Stück Stoff ein wunderschönes Kleid oder ein Seidentuch geworden war. Im Verkaufsraum nebenan erstand ich so ein Seidentuch und dazu eine hübsche silberne Brosche, die eine Figur aus dem vielgerühmten Ramayana-Epos zeigte. Es gab hier auch viel echtes Elfenbein und schöne Holzschnitzereien sowie diverse andere Kuriositäten zu kaufen. Unter anderem lag da doch tatsächlich ein ganzer Karton voll getrockneter Tiger-Penisse, denen die Malayen magische Kräfte beimessen. Auch deswegen werden die letzten Tiger umgebracht.

Unser heutiges Tagesziel sollte Tapah sein. Unterwegs sahen wir etliche überfahrene Hunde auf der Fahrbahn liegen, und das ist hier nichts Besonderes. Kein Mensch weint ihnen eine Träne nach, denn Hunde gibt es hier in Hülle und Fülle.

Inzwischen war der Himmel grau und trüb und dunstig, die enorme Luftfeuchtigkeit machte uns schwer zu schaffen. Irgendwo unterwegs hielten wir an und besichtigten eine Glasnudelfabrik, woraufhin wir beschlossen, niemehr Glasnudeln zu essen, denn das war eine äußerst eklige und unhygienische Angelegenheit. Aus Reis, Mais, Roggen, Weizen und Salz sowie Wasser wurden hauchdünne Nudeln gezogen, anschließend gewaschen und von Hand mit Kämmen sortiert und in Portionen auf geflochtene Riesentabletts in die Sonne zum Trocknen gelegt. Massenhaft Fliegen taten sich daran gütlich, etliche Hühne pickten daran herum, und die unvermeidlichen Hunde hoben ungeniert ihr Bein. Es grauste uns bei der Vorstellung, davon irgendwo ahnungslos was zu essen zu bekommen. Schnell verließen wir diesen ekligen Ort.

Jeannette erzählte uns auf der Weiterfahrt, daß hier bis zu 11 m Regen pro Jahr niedergehen, und das glaubten wir ihr auf’s Wort, denn hier stand alles unter Wasser. Bei der enormen Hitze dazu gedeiht alles ins Überdimensionale, kein Quadratzentimeter Boden ist unbewachsen, und es wuchert ungeheuer dicht und in ungekannter Pflanzenvielfalt. Das beeindruckte mich ganz besonders. Inzwischen schüttete es wieder wie aus Eimern, und die vielen Riesenfarne am Wegesrand neigten unter dem Gewicht des Wassers die Wedel. Hier wuchs auch der Mörderbambus, der seinen Namen aus Kambodscha hat, wo man im Krieg die Feinde auf einer Bambusmatte auf diesen Bambus legte bzw. festschnallte. Da der Mörderbambus stahlhart ist und zudem 30 - 40 cm pro Tag wächst, wurden die Menschen innerhalb weniger Tage qualvoll von den Bambusspitzen durchbohrt. Zu was für unglaublichen Grausamkeiten der Mensch doch fähig ist!

Wir fuhren weiter durch den endlosen Regenwald, der hin und wieder von Ölpalmplantagen unterbrochen wurde. Wir wollten uns diese Palmen einmal näher ansehen, aber wegen der vielen Giftschlangen war das sehr gefährlich. Schließlich fanden wir eine Plantage mit einem Lehmweg. Dort stiegen wir aus und gingen vorsichtig zu den Palmen und betrachteten neugierig die uns fremden Früchte, die etwa pflaumengroß sind und eine rot-gelbe Färbung haben, wenn sie reif sind. Zwei davon habe ich mitgenommen, aber sie waren längst verschimmelt, als ich sie zu Hause auspackte. Kein Wunder!

Wir fuhren weiter und bekamen so langsam Hunger, denn die Mittagszeit war schon längst vorüber. Hier in dieser Gegend gab es weit und breit keinen Ort, und schon gar nicht ein Restaurant in unserem Sinne. Nicht mal die ungeliebten Garküchen sind vorhanden, und so fingen wir an, von leckeren Gerichten zu schwärmen und uns gegenseitig den Mund wässrig zu machen. Da ging die Rede von Wurstsalat und Schinkenbroten, von Quellmännern mit Matjes und Kartoffelsalat oder einem deftigen Schweinebraten mit Knödeln. Wir stellten fest, daß wir wohl schon unter dem Urwaldsyndrom litten und daß doch nichts über das gute saubere Deutschland ginge, in dem alles zu haben ist und wo man alles mit Appetit essen kann. Ach, was waren wir doch verweichlicht.

Es regnete in Strömen, und wir kamen nur langsam vorwärts, zumal vor uns auch noch eine richtige Autoschlange stand. Es gibt nur diese eine Nord-Süd-Verbindung in Malaysia. Rechts hinter der Gebirgskette folgt das, was auf der Landkarte weiß ist, also unbekanntes Land. Da gibt es viele Quadratkilometer, die noch kein Mensch je betreten hat und die von dichtem, undurchdringlichem Regenwald überwuchert sind. Malaysia hat auf einer Quadratmeile die meisten verschiedenen Pflanzenarten, die es auf der Welt gibt. Wie schön, daß es das auch heute noch gibt.

Immer wieder sahen wir rechts und links der Straße große Zinnminen, und schließlich hielten wir trotz strömenden Regens und liefen durch den warmen Segen von oben zu der erbärmlichen Hütte, wo die Zinnminenarbeiter gerade ihre Mittagspause machten bzw. warteten, daß der Regen aufhörte. Die zinnhaltige Erde wird hochgepumpt und läuft über Holzrutschen mittels Wasser ab. Das schwerere Zinn setzt sich am Boden ab und wird von den Männern eingesammelt. Eine mühevolle, schmutzige und gefährliche Arbeit, denn Zinn ist giftig.

Diese wilden Gesellen schlafen und essen in dieser jämmerlichen Hütte, und die einzigen Gesellschafter, die sie hier haben, sind keineswegs ihre Frauen oder Familien, sondern wieder mal die Hunde. Hier liefen etliche süße kleine Welpen herum, die aber scheu waren und sich von uns leider nicht anfassen ließen.

Ziemlich durchnäßt kamen wir wieder im Bus an und fuhren dann weiter. Jeannette erzählte uns von Flora und Fauna Malaysias. So erfuhren wir, daß es in Südostasien 300 verschiedene Säugetierarten gibt, davon 200 allein in Malaysia. Außerdem gibt es hier die meisten Fledermausarten der Welt, etliche davon sind noch völlig unbekannt und namenlos. Der kleinste Hirsch der Welt lebt hier, ist nur 35 cm hoch und hat den Kopf einer Maus und den Körper eines Rehs. Deswegen wird er Mäusehirsch genannt, gehört aber zur Familie der Kamele. Wir nahmen an, daß es sich hier um den malayischen Wolperdinger handelte.

Inzwischen hatten wir einen Bärenhunger bekommen und schwärmten mit schnalzenden Zungen von Sülze mit Bratkartoffeln und anderen unerreichbaren Delikatessen. Nichtsdestotrotz klärte Jeannette uns weiter darüber auf, daß es in Malaysia noch etliche Tiger gibt und daß jeder Tiger ein 60 qkm großes Revier hat. Außerdem leben hier Unmengen von Wildschweinen, Rehen, Affen und Halbaffen, unter anderem der Orang-Utan, der leider auch vom Aussterben bedroht ist, weil er in großen Mengen wegen seines wunderbaren Fells geschossen worden ist. Also wieder nur menschliche Schuld! Hier lebt auch der Gaur, das Tapir und das Pangulin, eine Art Gürteltier.

Schließlich, nachdem wir uns an den Ausführungen über Flora und Fauna reichlich ergötzt hatten, stellten wir einmütig fest, daß es sich hier nicht um eine Rotel-Tour, sondern um eine Diät-Tour handelt. Wir blödelten herum und machten uns lustig über das Unvermögen der meisten Asiaten, unser "R" zu sprechen. Statt "R" sagen hier alle "L". Und daraus entstanden natürlich die ulkigsten Wortschöpfungen wie Cullyleis für Curryreis, und aus dem Rotelbus wurde der Loddelbus usw. Wir hatten jedenfalls einen Mordsspaß daran und haben uns so den Hunger und die Zeit vertrieben.

 

Einige der Gruppe sind schon reichlich überdreht. Die einen motzen, weil sie meinen, allen Dreck alleine wegmachen zu müssen, dabei haben sie es freiwillig gemacht und keiner hat es verlangt. Jeder langt mal zu und kehrt den Bus oder räumt auf etc. Und jeder muß selber sehen, daß er sein Brot getoastet bekommt usw.

Wir gingen auf unser Zimmer und unter die Dusche und genießen die Tatsache, nicht im engen, heißen Bus schlafen zu müssen. Wir waren sehr froh, uns ein Zimmer leisten zu können. Lieber wollten wir weniger Andenken mitnehmen und dafür den "Luxis" eines Bettes genießen. Wie wir schon vermutet hatten, begann nun aufgrund des schwülheißen Klimas und der stickigen Kojen der Run auf die Zimmer. Eine Holländerin z.B. teilte sich ein Zimmer mit einer Münchnerin. Diese hatte nur eine Nacht im Rotel verbracht und fürchtete, sie müsse darin verrecken. Fortan hat sie also immer ein Zimmer genommen und die Holländerin mit darin schlafen lassen. Unausgesprochen war eigentlich klar, daß diese sich an den Kosten beteiligen würde. Aber dem war keineswegs so, wie sich leider erst nach einer Woche herausstellte. Nassauern ist in so einer Gruppe total verpönt, und als diese Tatsache bei der Gruppe bekannt wurde, war die Holländerin nicht mehr wohlgelitten. Ihr Partner trieb es allerdings noch weit schlimmer, wie noch zu lesen sein wird.

Nebenbei bemerkt, war ich wieder mal die Jüngste der ganzen Gruppe, die meisten waren ältere Leute im Rentenalter.

Wir schliefen erstaunlich gut und gingen gutgelaunt zum Frühstück. Diese Art, unter freiem Himmel bei angenehmen Temperaturen zu frühstücken, gefällt mir sehr, wenngleich wir auch manchmal gutes deutsches Brot vermissen. Ich hatte zwar einige Pakete isoliert verpacktes Vollkornbrot dabei, aber damit mußte ich doch sehr geizen, damit wir auch in der letzten Woche noch etwas hatten. Ich erfuhr später, daß ich wegen dem Vollkornbrot und dem mitgebrachten Käse in Singapur den größten Ärger hätte bekommen können, denn dort ist die Einfuhr jedweder Lebensmittel strengstens verboten.

Erni’s Genick hatte sich sehr gebessert. Frau Ost, die von uns liebevoll Mutter Ost genannt wurde, und die in früheren Jahren als Heilgymnastin tätig war, massierte ihn jeden Morgen und Abend mit Tigerbalm, einer Salbe aus ätherischen Ölen, und das half. Frau Ost war eine der wenigen aus der Gruppe, die wirklich nett war und über die wir oft genug lachen mußten, wenn sie ihre Weisheiten zum Besten gab oder Witze erzählte.

Nachdem die Männer den Bus wieder startklar gemacht hatten, fuhren wir los in Richtung Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysias. Übersetzt heißt Kuala Lumpur: Siedlung im Schlamm, und da ist was dran. Rings um Kuala Lumpur liegen unzählige Zinnminen. Im Übrigen besteht Malaysia aus 13 Staaten und ist etwa 1/3 größer als die alte BRD. Hier gibt es Sultanate, und jeder Sultan wird für fünf Jahre Amtszeit gewählt und entspricht einem König.

Die vorbeifahrenden LKW’s haben zu unserem Erstaunen Holzbänke, auf denen die Fahrer saßen. Was muß das für eine Tortur sein!

Wir fuhren durch eine traumhaft grüne Landschaft. Soweit wir schauen konnten, wechselten sich Kokosnußpalmen, Kautschuk und Reisfelder ab. Zwischendrin standen vereinzelte Kampongs, und im Hintergrund tauchte zu unserer Rechten ein Gebirgszug auf, der uns viele Tage begleitete. Hier begann undurchdringlicher Regenwald, und Tarzan hätte an diesem Gewirr von Lianen und Pflanzen seine wahre Freude gehabt.

Unterdessen erzählte uns Jeannette unermüdlich weiter über Land und Leute. So besuchen die malayischen Kinder vom 6. bis zum 15. Lebensjahr die Schule und müssen dafür oft lange und mühsame Wege in Kauf nehmen. Alle tragen Schuluniform. In Malaysia gibt es drei Universitäten, zwei davon in Kuala Lumpur, eine auf der Insel Penang.

Bei einer Obstpause erstanden wir frische Kokosnüsse, deren Milch sehr fett, aber erfrischend ist. Das Fleisch konnten wir gar nicht auf einmal aufessen, weil es so sättigend ist. Jeannette rät uns, keine Wassermelonen zu kaufen, weil die kein Filtersystem hätten und daher Überträger der gefürchteten Hepatitis sein könnten. Gut, das zu wissen. Überhaupt gab Jeannette uns so manchen Tip und Ratschlag und war immer und überall hilfsbereit, freundlich und lustig. Wir haben sie im Laufe der Reise sehr liebgewonnen. Auch Charly mochten wir sehr, und ein besseres Team als die beiden hätten wir uns gar nicht wünschen können.

Jeannette, die von der Welt der Sagen und Mythen im Fernen Osten fasziniert war, verschonte uns nicht mit stundenlangen Erzählungen darüber. Auch las sie uns aus dem indischen Ramayana-Epos vor, eine Art Märchen- oder Legendenbuch auf asiatisch, das im ganzen asiatischen Raum überaus beliebt ist und deren Figuren wir überall dargestellt vorfanden. Wir erfuhren auch einiges über Medizinmänner und Sitten und Gebräuche und wunderten uns ein um’s andere Mal. Was für eine fremde Welt!

In dieser Gegend wurde auch viel Tapioka angebaut. Die Wurzeln enthalten Blausäure und müssen mehrfach gekocht werden, bis man schließlich Mehl oder Gemüse daraus gewinnen kann. Das eßbare Produkt nennt sich dann Maniok.

In Seramban besichtigen wir ein altes Immam-Haus, das heute als Museum dient. Vor dem Haus klingelte ein Eisverkäufer mit seinem Glöckchen derart impertinent, daß er allen auf den Wecker ging. Da mußte man schon völlig taub sein, wenn man ihn überhören wollte, aber der Bursche glaubte wohl, daß seine Ausdauer größer wäre als unsere Geduld und wir uns doch noch zum Kauf von Eis verlocken lassen würden. Aber Eis ist in den Tropen eine gefährliche Sache und man sollte es besser bleiben lassen, wenn man sich nicht wer weiß was einfangen will. Und wie sollten wir ihm klarmachen, daß wir empfindliche Europäer waren, die ein paar Bilharzioseerreger oder Bakterien gleich umhaut?

Jeannette erklärte uns etliche Bäume und Sträucher, an denen die schönsten Blüten hingen. Mit dem Makro-Objektiv haben wir eine ganze Reihe davon gebannt.

Wieder im Bus packte einer unserer Nachbarn, der unentwegt deutsche Kekse mampfte, doch tatsächlich Schokoladenlebkuchen aus und schleckte sich ständig die Finger ab, weil die Schokolade natürlich gleich verlief bei der Hitze. Soweit wäre selbst ich als Schleckermaul nicht gegangen, Lebkuchen mit in den Urwald zu nehmen. Der ganze Bus hat sich köstlich amüsiert darüber, und die Stimmung war sehr heiter.

Unterwegs kaufte Jeannette für jeden eine Sternfrucht, deren Geschmack uns allerdings nicht vom Hocker riß. Aber immerhin haben wir sie mal probiert. Auf der weiteren Fahrt sahen wir jede Menge riesengroße Hibiscussträucher. Hibiscus ist die Nationalblüte Malaysias.

Als wir schließlich in Kuala Lumpur eintrafen, sahen wir gleich auch die riesige Moschee und dann das herrliche Regierungsgebäude sowie viele moderne Wolkenkratzer. Hier machten wir auch Mittagsrast, und Jeannette hat uns ein Restaurant versprochen, das mehr bieten soll als Garküchenniveau. Wir sind etwas skeptisch geworden, denn immer, wenn Jeannette sagte, in dieser oder jener Garküche könne man sehr gut und lecker essen, war nach unserem Geschmack genau das Gegenteil der Fall.

Hier in Kuala Lumpur herrschte ein irrer Verkehr, und wir wußten gar nicht, wie wir über die Straße kommen sollten. Kein Mensch dachte daran, mal zu halten und die armen Fußgänger rüberzulassen, mit Gehupe und Tempo drängte jeder rücksichtslos voran, und es war gar kein ungefährliches Unterfangen, endlich die andere Straßenseite zu erreichen.

Wir kamen dann aber doch in dem besagten Lokal an, und nach einigem Studieren der immerhin vorhandenen Speisekarte bestellten wir ein Sizzling-Steak und Krabbencocktail als Vorspeise. Also, die Krabben waren schon mal sehr gut, und das Lokal machte wirklich einen ordentlichen Eindruck. Vielleicht war dann ja das Steak auch genießbar.

Dann kam der Kellner und band jedem zu unserem Erstaunen einen großen "Schlabberlatz" um, was wir grinsend hinnahmen. Dann wurde ein großes Brett mit einer gußeisernen Platte in Form einer Kuh vor uns auf den Platz gelegt, und auf die glühendheiße Gußkuh flog ein Stückchen Butter, das zischend zerschmolz. Dem folgte dann ein sehr appetitliches, großes Steak und drei Kartöffelchen. Es war so heiß, daß wir nur unter viel Pusten mit der Esserei beginnen konnten, aber es hatte sich gelohnt. Endlich bekamen unsere Mägen mal wieder was Handfestes, das man wirklich weiterempfehlen konnte. Wir rieben uns wohlig die Bäuche, und nachdem wir auch noch einen leckeren Fruchtsalat mit Sahne verdrückt hatten, stürzten wir uns wohlgestärkt wieder in den Mordsverkehr und die Hitze Kuala Lumpurs.

Draußen empfing uns eine richtige Waschküche. Es war unerträglich schwülheiß, und kurz darauf, als wir gerade wieder in den Bus gestiegen waren, ging ein wahrer Tropenguß nieder. Wie aus Kübeln prasselte das Wasser auf die Erde, und wir staunten über diese Wassermassen. Und so schnell, wie der Regen gekommen war, verschwand er auch wieder. Wir stiegen aus in diese dampfende Hitze und latschten größtenteils barfuß über die nassen Platten des Nationaldenkmals, das eine wunderschöne goldene Kuppel besaß und ringsherum von einem Wassergraben mit Springbrunnen umgeben war. Anschließend fuhren wir zum hochinteressanten Nationalmuseum, in dem alles zu sehen war, was es von Malaysias Frühzeit bis heute zu sehen gab. Im oberen Stockwerk waren die Tiere Malaysias in präparierter Form zu sehen. Da gab es überdimensionale Schmetterlinge, riesige Käfer mit Hörnern, schillernd bunte Fische und Vögel. Riesenschildkröten und Tiger wetteiferten mit Nashörnern um die Wette, und wir bekamen einen guten Einruck von der Vielfalt der Fauna Malaysias. Auch die wichtigsten Giftschlangen waren dort zu sehen, allen voran die Königskobra, die gebänderte, schwarze Krait und nicht zuletzt die so gefürchtete Pit Viper, einer kleinen dünnen Giftschlange, deren Bekanntschaft wir später noch mit lebenden Exemplaren machten.

Als wir das Museum verließen, klebte uns jede Faser am Körper, wir waren total durchgeschwitzt und stanken wie die Iltisse. Es war wirklich unerträglich schwülheiß, und wir träumten von einer kühlen Dusche am Abend. Aber noch war es nicht soweit, und Jeannette hatte immer ein volles Programm. Sie ließ uns kaum Zeit zum verschnaufen. So fuhren wir am wunderschön verzierten Bahnhof vorbei, und kein Mensch würde diesen hübschen, romantischen Bau für so einen triste Angelegenheit wie einen Bahnhof halten. Weiter ging es zur neuen Moschee, die aber modern ist und uns deswegen nicht gefiel. Außerdem mußten die Frauen sich züchtig kleiden, und auch bei den Männern sind kurze Hosen nicht erlaubt, so daß man ihnen kurzerhand einen schwarzen Mantel umhing. Jockel, der sowie so schon wie ein Adonis aussah, kam uns in diesem schwarzen Mantel mit seinem Walroßschnauzer und den dunklen Haaren wie ein orientalischer Gott vor, wirklich ein Bild von einem Mann!

 

Die Landschaft wurde immer vielseitiger. Überall am Straßenrand sahen wir die Holzhäuser der Einheimischen, die auf Stelzen gebaut sind wegen des vielen Regens und der zeitweiligen Überschwemmungen. Vor den Häusern wächst Croton, eine Pflanze, die wir hier in Blumengeschäften für teures Geld kaufen müssen. Auch das herrliche Elefantenohr wächst überall und jede Menge Süßkartoffeln, die uns gar nicht schmeckten.

Nachdem wir die fünfte Tankstelle angefahren hatten, bekamen wir endlich wieder den Tank voll Diesel, denn das gibt es hier längst nicht überall.

Eine sehr abwechslungsreiche Landschaft begann. Bambusbüsche wechselten sich ab mit Rhizinusbäumen, Bananen und Millionen von Kokosnußpalmen. Auch Betelnußpalmen waren ab und zu zu sehen. Sie haben ganz senkrechte, dünne Stämme und führen steil in die Höhe. Unter dem Blattansatz hängt dann jeweils ein Kranz von etwa pflaumengroßen Betelnüssen. Hier mußten wir mit den Buschpausen vorsichtig sein, denn nirgends gibt es angeblich soviele Giftschlangen wie in Malaysia. So "kniff" ich lieber, als mich womöglich von einer Pit Viper oder einer Krait beissen zu lassen. Ich bin schließlich noch nicht fertig mit dieser Welt. Natürlich gibt es hier auch die größte Giftschlange der Welt, die Königskobra, die bis zu 5 m lang werden kann und deren Biß innerhalb kürzester Zeit tödlich wirkt.

Jeannette riet uns, ab und zu kräftig in die Hände zu klatschen und kräftig aufzutreten, um die Schlangen zu vertreiben, denn normalerweise suchen sie ihr Heil in der Flucht. Ganz geheuer war uns die Sache aber doch nicht.

Jeannette informierte uns ausführlich über die Malayen und das Land. Die Malayen sind Ackerbauern und lieben das Landleben. Für Geschäfte eignen sie sich nicht so, dafür sind die vielen Chinesen zuständig, die gewitzt und flink sind und immer eine Chance wittern, irgendetwas zu Geld zu machen. Dagegen sind die Malayen schwerfällig und bedächtig. Die Menschen, die uns begegneten, hatten großenteils grobe Gesichtszüge, waren selten hübsch und im Übrigen sehr zurückhaltend, aber freundlich. Wir sind weder in Malaysia noch in Thailand jemals "über’s Ohr gehauen" worden. Das Rückgeld wurde sofort und korrekt ausgehändigt, und es gab nirgends Ärger damit wie seinerzeit in Indien und Nepal. Wir wußten ja manchmal gar nicht, was etwas kostete, weil viele kein Wort Englisch verstehen. So reichten wir ihnen auf gut Glück einen Schein und bekamen entweder etwas heraus oder mußten noch etwas nachlegen. Die Preise schienen uns überall auf dem Land reell. So kostete z.B. eine ganze Ananas, mundgerecht geschält, nur knapp eine Mark. Die kleinen Minibananen, die nur etwa 5-8 cm lang und sehr aromatisch sind, kosteten etwa 60 Pfennig das Kilo.

Wir fuhren also weiter durch diese üppige tropische Landschaft und besonders ich konnte mich an der Vielfalt der Pflanzen nicht sattsehen. Erni ging es sehr schlecht, ihm war schwindlig, er hatte Kopfschmerzen und konnte das Genick nicht bewegen. Nachdem er Salz- und Kreislauftabletten genommen hatte und von Jeannette eine Halstütze bekommen hatte, ging es ihm langsam wieder etwas besser. Gott sei Dank hatten wir nicht unter Durst zu leiden, obwohl es sehr heiß war. Die Feuchtigkeit der Luft war aber recht gut zu vertragen.

Unterwegs machten wir Halt, um frische Ananas zu kaufen. Der Bus fuhr links an den Straßenrand und blieb stehen. Da gab es plötzlich einen Ruck, und der linke Hinterreifen war bis auf die Karrosserie in den weichen Boden eingesunken. Was tun? Alle Mann raus und sich das Dilemma angesehen! Es sah übel aus, der ganze Bus hing schief. Wir rechneten damit, daß es Stunden dauern würde, bis ein LKW vorbeikäme, der stark genug ist, uns hier um wahrsten Sinne des Wortes aus der Patsche zu helfen. Doch nachdem etliche LKW’s vergeblich gezerrt hatten, kam schließlich ein dicker Mercedes-LKW daher und schwupp stand unser Bus wieder auf allen vier Rädern. Uns fiel wahrlich ein Stein vom Herzen. In der Zwischenzeit hatten wir Gelegenheit, ein Kampong - also ein Holzhaus der Einheimischen - von innen anzusehen. Es ist aus Holz - zumeist Teak - und steht wegen des sumpfigen Bodens auf Stelzen. Eine Frau mit ihren beiden Kindern lächelte uns an und ließ uns bereitwillig in ihr Haus. Es gab einen großen Raum, in dem eine Couchgarnitur stand, nebendran eine Spüle und der Kocher. Im anschließenden Raum waren die Betten untergebracht, und das war’s dann auch schon. Das Ganze war sehr luftig, ein Windhauch zog ständig durch das Haus und kühlte, und wir staunten, wie wenig man zum Leben braucht.

Hier sind auch die Tiere frei. Jede Henne hat eine Schar Küken um sich, und es gibt keine Hündin, die nicht Mutter, und keinen Rüden, der nicht Vater ist. Überall sahen wir massenhaft Hunde aller Formen und Varianten. Rassehunde gibt es hier nicht, aber herrliche Mischlinge. Allerdings leiden sie alle unter Parasiten, Ungeziefer und Krankheiten. Oft genug sahen wir Hunde mit Geschwüren, kahlen Hautstellen, Blutflecken, abgehackten Pfoten oder gebrochenen Beinen. Manchen hingen die Gedärme raus, andere waren hoffnungslos abgemagert. Einen Tierarzt bekommen diese Kreaturen nie zu Gesicht, hier gilt noch erbarmungslos das Gesetz der Natur, und nur die Stärksten überleben.

In einem kleinen Ort machten wir Mittagsrast, und dort stand doch tatsächlich ein amerikanisches Restaurant, in dem es richtige, echte Hamburger zu kaufen gab, die auch so gut schmeckten wie sie aussahen. Als Jockel das erste Bier des Tages in die heiße Kehle spülte, meinte er freudestrahlend: "Das ist so, als wenn einem ein Engel auf’s Herz pinkelt". Und alle haben natürlich gelacht und ihm beigepflichtet.

Weiter ging es durch das endlose Grün der malayischen Landschaft, wir bestaunten die schönen Kampongs mit den gebogenen Dächern, die man Büffelhorndächer nennt wegen ihrer auswärts gerichteten Krümmung. Vor jedem Haus steht ein großes Tonfaß, das als Trinkwasserreservoir dient, denn fliessendes Wasser und Strom ist hier unbekannt. In diesen Tonfässern schwimmt natürlich so mancherlei Getier, und ein Labor in Deutschland würde hier eine wahre Fundgrube für Krankheiten entdecken. Hier ist auch die Dengfliege weitverbreitet, deren Stich schlimmes Fieber verursachen kann und als weitere Folge Milzschwellung und Lungenödeme. Wir wunderten uns, daß hier die Menschen trotzdem einen recht gesunden Eindruck machten, wahrscheinlich sind sie zum großen Teil schon immun gegen viele Krankheiten, die uns umbringen würden. Es gibt übrigens 14 Millionen Einwohner in Malaysia (1982), die fast alle mohammedanischen Glaubens sind.

Jeannette erzählte uns einiges über die für uns fremden Früchte in diesem Land. Die größte Frucht der Welt gedeiht hier, sie heißt Chempedak oder Jackfruit und wiegt bis zu 40 Pfund. Dann gibt es noch die Mangosteen, die man auch die Königin der Früchte nennt wegen ihres angenehmen Geschmacks. Und nicht zuletzt wächst hier auch die Durian, auch eine etwa fußballgroße Frucht, die angeblich wie die Hölle stinkt, aber wie der Himmel schmeckt. Leider war die Zeit der Durian gerade vorbei, so daß wir sie nicht mehr probieren konnten.

Inzwischen tauchten auch die ersten großen Reisfelder auf, die uns in herrlichem Frühlingsgrün entgegen leuchteten. Zwischen den Kokospalmen wuchsen hier auch Nippampalmen, deren Blätter man zum Hausbau bzw. für das Dach verwendet. Die Malayen verstehen es, aus diesen Blättern wasserdichte Dächer zu flechten, und wir haben gestaunt darüber, denn wenn es hier regnet, wird daraus gleich ein Wolkenbruch.

Dann entdeckten wir einen mohammedanischen Friedhof, auf dessen Gräbern jeweils ein kleines Türmchen steht.

Das Thermometer kletterte erbarmungslos in die Höhe, und wir erreichten schließlich Malakka, unser Ziel für diesen Tag. Im Museum betrachteten wir zahllose Varianten der Kris (Malayendolche), die aus verschiedenen Jahrhunderten stammten. Auch alte, herrlich geschnitzte Holzmöbel und typische Kleidungsstücke waren hier ausgestellt.

Auf einem Hügel finden wir St. Paul’s Kathedrale bzw. deren Überreste vor. Die Portugiesen haben sie vor einigen Hundert Jahren hier erbaut. Auf dem zurück zum Bus sahen wir herrliche Feuerbäume und Riesencrotons, deren Blätter grellgelb und leuchtendrot funkeln.

Bei einem Bummel durch die Altstadt besuchten wir einen wunderschönen chinesischen Tempel mit besonders kunstvollen Türmchen. Innen glimmten jede Menge Räucherstäbchen und verbreiteten eine fremdartige Atmosphäre. Nebenbei konnten wir den Vorbereitungen für eine chinesische Beerdigung zusehen. Dazu wurde ein riesiger Aufbau aus Pappe angefertigt und knallbunt angemalt. Er wird mit bunten Papierschleifen und Bändern dekoriert und alles, was man dem Toten wünscht, legt man in Form von Pappgegenständen dazu. Das geht los beim Papiermercedes bis hin zu Lebensmitteln.

Nun hatte Jeannette Zeit für uns und rief ein Taxi herbei. Den Rücksitz mußten wir erst einmal von Hühnerkacke reinigen. Der Fahrer hatte wohl vorher Hühner chauffiert.

Vor dem Krankenhaus angekommen, baten wir den Fahrer, etwa 10 Minuten auf uns zu warten, wobei hier 10 Minuten ein sehr dehnbarer Begriff ist. Wir irrten im Krankenhaus umher und fanden einen Boy, der uns zu Kasse leitet, wo wir etliche Papiere ausfüllen mußten. Schließlich empfing uns ein indischer Arzt, der erst einmal zusätzliche Formulare ausfüllte, dann begann er, Erni zu untersuchen. Er wollte ihn gleich im Krankenhaus behalten, um am nächsten Morgen eine Röntgenaufnahme zu machen, im Moment ging das nicht. Wir mußten aber am nächsten Morgen mit der Gruppe weiterfahren, und nachdem feststand, daß Erni nichts gebrochen hatte und seine Verletzung nicht bedrohlich war, wollten wir bloß noch das Krankenhaus verlassen. Wir versprachen also, am nächsten Morgen zum Röntgen zu erscheinen und gingen dann zur Kasse, nachdem der Arzt zu einem Notfall gerufen worden war. Wir wollten die Behandlung bezahlen, aber Geld wollte man nicht. Dafür reichten sie uns wieder einen Stapel Formulare. Im Warteraum sahen wir etliche Betten mit Notfallpatienten, etliche schwer blutend und bewußtlos. Wir haben uns dann schleunigst aus dem Staub gemacht und sind zur Gruppe zurückgefahren, die auf uns gewartet hatte. Alle waren erleichtert, daß es sich nur um eine Stauchung handelte.

Charly, unser Fahrer, kochte uns ein prima Süppchen an diesem Abend. Hierher saßen wir noch eine Weile im Freien und erzählten. Die Männer tranken fleissig Bier und Erni stellte plötzlich fest, daß dieses Elixier der Beweglichkeit des Genicks sehr förderlich ist. Seine Laune stieg zusehends, und es ging keine Rede mehr vom Heimfliegen. Ich war sehr erleichtert.

 

Als ich ins Hotelzimmer kam und erwartete, einen stöhnenen, schmerz-gepeinigten Erni vorzufinden, stand dieser fröhlich grinsend da, frisch geduscht und ausgeschlafen. Mich traf fast der Schlag, und seine frohe Miene kam mir wie bittere Ironie vor. Was hatte ich mich geängstigt und gesorgt, hatte mich schon fast als Witwe gesehen und traf den nun vermeintlich Schwerverletzten strahlend und unternehmungslustig an, der wild entschlossen war, eine elende Dämonenmaske zu kaufen, die er am Vortag entdeckt hatte. Das war einfach zuviel! Mir liefen die Tränen über’s Gesicht, und ich habe alle Männer verflucht!

Natürlich wollte der "Held" jetzt auch keinen Arzt sehen, er wehrte sich mit Händen und Füßen, und auch der Mister Fu konnte ihn nicht überreden. Schließlich brachte der eine chinesische Medizin, mit der ich Erni’s Wunden einreiben sollte. Auch das ließ er sich nicht gefallen, und ich dachte wieder einmal, daß Männer einfach nie erwachsen werden. Sie meinen zwar, sie hätten die Vernunft gepachtet und wir Frauen könnten nicht logisch denken und vernünftig handeln. Tatsache ist aber oft genug, daß es genau anders herum läuft. Aber das nutzte mir auch nichts. Wenn Erni nicht will, ist er stur wie ein Wasserbüffel, unnachgiebig, eigensinnig und borniert! So kam also kein Arzt, und wir fuhren mit dem Taxi in die Stadt und kauften die verdammte Maske. Erni lief rum, als wäre nichts gewesen, und ich hätte an einem Stück heulen können.

Schließlich trafen wir die Gruppe und fuhren mit ihnen weiter. Alle fragten besorgt nach Erni’s Befinden, und da er das Ganze als "halb-so-wild" abtat, wurden natürlich auch Witze darüber gemacht.

Wir kamen zur Krokodilfarm, wo Hunderte von Krokodilen zum Zwecke der Lederproduktion gehalten werden. In großen Bassins liegen abgeteilt die ganz kleinen Babykrokodile, dann die mittelgroßen und schließlich die riesigen, meterlangen Monster. Dazwischen schwammen halbierte Schweineköpfe und Füße sowie Innereien. Träge lagen die Viecher da und rührten sich kaum. Einige lagen mit weitgeöffnetem Maul in der Sonne und ließen uns in ihre bedrohlichen Rachen schauen. Es grauste uns zwar, aber gleichzeitig bedauerten wir die Tiere. Gleich dabei gab es einen Verkaufsraum, in dem alles zu kaufen war, was aus Krokodilleder hergestellt werden kann. Viele Verkäuferinnen redeten intensiv auf uns ein, aber wir wollten kein Krokoleder kaufen.

Danach fuhren wir weiter durch riesige Parkanlagen am gigantischen Hafen von Singapur vorbei. Singapur hat den zweitgrößten Hafen der Welt, und Riesenschiffe lagen hier vor Anker. Bis zum Horizont waren Dampfer und Tanker zu sehen.

Wieder angekommen im Hotel, holten wir unsere Reisetasche und die Koffer, die nun im Rotel verstaut wurden, mit dem es kurze Zeit später losging in Richtung malayische Grenze, die nur eine Autostunde entfernt ist. Wir begutachteten erst einmal unser neues Vehikel, also unser Rotel, in dem wir die kommenden drei Wochen verbringen sollten. Der Bus war recht eng, aber ansonsten hatte er eine funktionierende Klima-Anlage, gut gepolsterte und bequeme Sitze und wieder ein Tischchen vor uns, auf dem wir unsere Kamera und das Buch für die Reisenotizen usw. deponieren konnten.

Die Grenzformalitäten wurden mittels Kulis und T-Shirts ein wenig beschleunigt, und bald waren wir im Staate Johore Bahru. Wir waren in Malaysia!

Die erste Station für unsere Übernachtung war ein Rasthaus, das von einer chinesischen Familie geführt wurde. Im Restaurant wurde ein Abendessen für unsere Gruppe serviert, und da wir schon in Deutschland beschlossen hatten, nicht in den den engen, heißen Kojen des Busses zu schlafen, mieteten wir ein Zimmer und sahen der ersten Nacht auf malayischem Boden recht zuversichtlich entgegen. Jeannette war informiert und organisierte während der gesamten Reise immer ein Zimmer für uns. Das hatten wir auch bitter nötig, denn Erni’s Prügelei ging doch nicht "halb-so-wild" über die Bühne, sondern plagte ihn noch mit gewaltigen Schmerzen tagelang, wie es der Hoteldirektor vorausgesagt hatte.

Vor dem Essen setzten wir uns auf eine Bank im Garten vor dem Rasthaus. Nach wenigen Minuten juckten unsere Beine, und wir sprangen erschreckt hoch, als wir sahen, daß massenhaft winzige Ameisen an uns hochgekrabbelt waren und ihre Waffen einsetzten. In Windeseile waren sie in unseren Hosenbeinen, in Schuhen und Strümpfen, und wir konnten gar nicht schnell genug alle abwimmeln. Noch eine halbe Stunde später bissen sie mich an allen möglichen Körperstellen, und ich machte mich auf allerhand gefaßt in puncto Viecherei für den Rest der Reise. Es ist aber in der Hauptsache bei diesen Ameisen geblieben, die wir fast in jedem Hotel wiederfanden.

Wir bekamen ein malayisches Abendessen in Form von scharfem Fisch, Reis und einer eigenartigen Gemüsemischung und scharfer Soße, in der wir mehr herumpickten als davon aßen. So recht begeistern konnten wir uns nicht dafür. Danach saßen wir noch ein Weilchen im Freien und erzählten mit den anderen, dann gingen wir zu Bett. Erni wälzte sich dauernd herum und stöhnte über Schmerzen im Genick, die sich von Stunde zu Stunde steigerten. Schließlich brauchten wir zu zweit fünf Minuten, um ihn von einer Seite auf die andere zu drehen. Das Genick konnte er fast nicht mehr bewegen. Schließlich saßen wir nachts um 3.00 Uhr entnervt da und lasen die Versicherungsbedingungen durch, weil Erni daran dachte, so bald wie möglich nach Hause zu fliegen. Das wäre frühestens in zwei Tagen ab Kuala Lumpur möglich gewesen. Wir überlegten hin und her und beschlossen, erst einmal so bald wie möglich nun doch einen Arzt ausfindig zu machen. Der Rest der Nacht war noch fürchterlich. Wir haben kein Auge zugetan, und Erni’s Stimmung war auf dem absoluten Nullpunkt angelangt. Er schimpfte sich einen Idioten, für so einen Horrortrip auch noch ne Menge Geld zu bezahlen. Die schönen Seiten der Reise konnten ihn zu dem Zeitpunkt nicht mehr beeindrucken, und alle Aufmunterungsversuche fruchteten nichts. Den Rest der Reise oder den eventuellen Heimflug malte ich mir nicht gerade in rosigen Farben aus. Hinzu kam, daß wir hier noch von Moskitos geplagt wurden, und irgenwann kam der Punkt, an dem man sich fragt, warum man eigentlich derartige Strapazen auf sich nimmt, wo wir es doch zu Hause so schön haben.

Ich stand auf und entdeckte eine fette Kakerlake, die durch’s Zimmer lief. Letztes Jahr noch hätte ich bei der Gelegenheit einen Schrei losgelassen und wäre mit einem Satz ins Bett gesprungen, jetzt aber konnte mich dieses Viech nicht mehr erschüttern. Ich zog meine Latschen an und ging ins Bad, ohne der Kakerlake noch einen Blick zu gönnen. Man gewöhnt sich wohl an alles oder relativiert alles.

Als es Zeit für das Frühstück war, kam der Rest der Gruppe mit ziemlich gequälten Gesichtern daher. Alle hatten schlecht geschlafen und unter den Moskitos und der nächtlichen Hitze gelitten, und den meisten sah man die Erschöpfung schon an. Jetzt am Morgen waren die Temperaturen aber noch angenehm.

Wir stiegen also wieder in unseren Bus, nachdem die Männer ihn abgebaut hatten, und fuhren in Richtung Malakka. Unterwegs sahen wir die ersten großen Kautschukplantagen. Häßlich helle Bäume mit spärlichem Blätterwuchs sind das. Die Einheimischen waren schon lange bei der Arbeit. Jeder Baum wird am frühen Morgen mit einem scharfen Messer diagonal eingeritzt, und der austretende Saft - das Baumblut - wird in einem kleinen Schälchen aufgefangen. Dieser weiße Saft wird später am Tag aus den Töpfchen genommen, er ist dann zu einem Klümpchen geworden und stinkt bestialisch. Diese Klumpen werden durch eine Art Mangel gedreht und hängen dann in Form eines "Handtuchs" auf einer Bambusstange. Überall sahen wir diese weißen "Tücher" in der Sonne trocknen.

Jetzt tauchten auch die ersten Ölpalmplantagen auf. Schöne, niedrigwachsende Palmen, deren Früchte zur Ölgewinnung verwendet werden (Palmolivseife usw.).

 

Im Zimmer packte ich die Tasche für die nächsten drei Tage, denn am folgenden Tag sollten wir mit dem Rotelbus nach Malaysia weiterfahren, und zwar mit dem Rotel, und dann gibt es die Koffer nur noch alle 2 - 3 Tage. Man muß also wohl planen und überlegen, was man für die nächsten Tage alles in die Tasche packen muß. Für’s Haaretrocknen brauchte ich Zeit, denn hier gibt es keine Steckdosen, und wenn es welche gibt, passen unsere Stecker nicht. Leider hatte ich keine Adapter mitgenommen.

Während also meine Haare trockneten, machte ich wieder Notizen für diesen Reisebericht und versuchte, mich zu erinnern, was wir am Tag über so alles gehört und gesehen hatten. Jeannette hatte uns noch erzählt, daß das Wegwerfen von Müll oder auch nur einer Zigarettenkippe ein kleines Vermögen an Strafe kosten kann, nämlich 500 Dollar, das sind umgerechnet etwa DM 600. Das läßt uns wirklich aufpassen. Auch ist es verboten, die Straßen außerhalb von Zebrastreifen zu überqueren, auch dafür wird eine Strafe von 500 Dollar erhoben. Mit diesen drakonischen Strafen hat es die Regierung von Singapur aber tatsächlich geschafft, eine saubere und disziplinierte Stadt zu werden, die uns wahrscheinlich gerade deshalb so steril erscheint. Singapur soll angeblich die sauberste Stadt der Welt sein und die grünste dazu.

Um 3.20 Uhr in der Nacht weckte mich Karin voller Besorgnis, weil Jockel noch nicht im Bett war. Schlaftrunken drehte ich mich um und stellte fest, daß auch mein Ehegesponst nicht neben mir lag. Ich war zwar einiges gewöhnt, aber in Singapur schien mir diese Uhrzeit für einen sogenannten Herrenabend doch reichlich ungeheuer. Da die Bar des Hotels und das Restaurant längst geschlossen und dunkel waren, machten wir uns ernstlich Sorgen, konnten aber nichts unternehmen, denn wo sollten wir in dieser fremden, großen Stadt nach den Männern suchen? Wir mußten notgedrungen warten.

Gegen 5.00 Uhr morgens kamen die Männer dann. Erni wankte blutend und lädiert ins Zimmer. Am Hals hatte er ein großes Pflaster, und die linke Halsseite war faustdick geschwollen. Vom Knie bis zur Hälfte des rechten Oberschenkels hatte er einen riesigen, tiefdunkelroten Bluterguß und im Gesicht zwei tüchtige Schmisse, aus denen Blut auf die Erde tropfte. Ächzend fiel er auf’s Bett und stöhnte. Ich war voller Panik, Angst und Sorge und wußte gar nicht, was ich tun sollte. Es war kein vernünftiges Wort aus ihm herauszubringen und ich konnte nur so etwas hören, daß man ihn mit Knüppeln totschlagen wollte. So sah er auch aus. Er schlief wie ein Sack Blei, und ich saß verzweifelt neben ihm und dachte, daß wir diese verfluchte Reise wohl besser gelassen hätten.

Eine Weile später - Erni schlief immer noch tief und fest wie ein Sack Mehl und reagierte auf nichts - ging ich zum Frühstück runter und kämpfte mit den Tränen. Jockel war halbwegs ansprechbar und erzählte, was in der Nacht wirklich passiert war. Die beiden waren also in der Hotelbar, nachdem wir Frauen uns verzogen hatten. Dort haben sie mit dem Barkeeper ein Gespräch angefangen und sich mit Händen und Füßen verständigt. Schließlich kam noch der Freund des Barkeepers dazu, und die Stimmung war wohl ausgelassen und von ziemlich viel Alkohol geschwängert. Schließlich sind alle vier mit dem Taxi in ein anderes Lokal gefahren. Dort saßen sie im Freien an einem Swimmingpool, tranken weiter Bier und radebrechten. Die beiden Fremden erzählten, daß sie Münzen sammeln und fragten, ob Erni und Jockel welche bei sich hätten. Nichtsahnend bzw. ganz schön angesoffen und daher ohne Durchblick, sah jeder in seinem Geldbeutel nach und holte ein paar Groschen heraus. Die beiden Gauner hatten es natürlich keineswegs auf die ollen Münzen abgesehen, sondern wollten feststellen, wieviel Geld die beiden reichen Deutschen bei sich hatten. Als sie schließlich nach Hause wollten und vor dem Lokal auf ein Taxi warteten, wollten die beiden Fremden unsere Männer nicht gehen lassen, es entstand ein Streit. Jedenfalls griffen die beiden zu langen Holzknüppeln, die zufällig (???) herumstanden und schlugen Erni erstmal zwischen die Beine, was er noch halbwegs abfangen konnte. Der zweite Schlag traf ihn in die Kniekehle, und dadurch ging er zu Boden. Und im Fallen traf ihn dann noch mit voller Wucht ein Hieb an den Hals, der ihn bewußtlos zu Boden fallen ließ, wo er auch regungslos liegenblieb. Daraufhin bekamen die beiden Fremden wohl Angst, weil sie dachten, er sei tot, und machten sich aus dem Staub. Jockel, immerhin Polizist aus Frankfurt, hatte längst das Hasenpanier ergriffen und war ein Stück weggelaufen, während Erni wohl an die Macht des Verstandes geglaubt hatte und mutig sein wollte. Hier gelten aber andere Gesetze. Mit einem betrunkenen Kopf ist da schon gar nichts mehr zu machen, hier gilt das Gesetz des Brutaleren.

Nachdem die beiden Schurken getürmt waren, schleifte Jockel den stöhnenden Erni in ein Taxi und zu einer Krankenstation, die ihm u.a das Pflaster verpaßte und dann wieder heimschickte. Mit einem Eisbeutel lieferte er ihn dann um 5.00 Uhr bei mir ab. Noch nie im Leben hatte ich solche Angst und Sorgen und habe mehr als einmal die verfluchten "Herrentouren" verdammt, die bisher immer glimpflich abgelaufen waren.

Da Erni offensichtlich nichts gebrochen hatte und mit keinem Mittel aus seinem Tiefschlaf zu rütteln war, fuhr ich also mit den anderen los, nachdem ich die Reiseleiterin über den Vorfall informiert hatte. Sie wollte einen Arzt bestellen für die Mittagszeit. Ich wollte dann die Tour abbrechen und ins Hotel zurückkehren.

So fuhr ich also schweren Herzens mit den anderen, hockte deprimiert und voller Sorgen im bus, sah im Nationalmuseum die schönen Stücke wie durch einen Schleier und konnte im Theater den malayischen, chinesischen und indischen Tänzen kaum folgen. Im Van-Kleef-Aquarium sahen mich die Fische genau so traurig an wie ich sie, und auch die Schulklasse süßer chinesischer Kinder, die fröhlich lachten und spielten, konnte mich nicht aufmuntern. Ich ging wieder zu Jeannette und drängte sie, den Arzt so schnell wie möglich ins Hotel zu bestellen, was sie dann auch tat. Weiter ging es noch einmal nach Chinatown, das ich nun bei Tag erlebte. Es hatte ein ganz anderes Gesicht als nachts, der Zauber der vielen Lämpchen und Kerzen war weg, hier war jetzt nur ein großer, bunter Markt von Lebensmitteln, Kleidung usw., aber auch das war hochinteressant. Hier gab es faule Eier, die von den Chinesen als Delikatesse gegessen werden. Man erfand sie vor langer Zeit für die Seefahrer, damit sie auf See mit genügend Vitaminen versorgt werden konnten. Die frischen Hühnereier werden in einen Mantel aus Kreide gewickelt und in die Erde gelegt für viele Wochen. Dort findet ein chemischer Prozeß statt, der die Eier für lange Zeit haltbar macht. Sie werden dann innen ganz schwarz, und das Eiweiß sieht aus wie braunes Gelee, der Eidotter ist schwarz. Also eigentlich faul bzw. verdorben sind sie nicht, aber für unsere Begriffe einfach ekelhaft. Auch die berühmten Schwalbennester gab es dort zu kaufen. Mir ist schleierhaft, wie man sowas essen kann.

Wir gingen dann auch noch einmal zum reich verzierten Mariamman-Tempel, wo viele halbnackte Inder in einer Riesebadewanne plantschten und sich eimerweise Wasser über die Köpfe leerten oder sich gegenseitig fingen und in die Wanne warfen. Es waren ausgewachsene Männer, aber albern und verspielt wie Kinder.

Danach besuchten wir noch einen herrlich verzierten, chinesischen Tempel, auf dessen Dach etliche Drachen und Dämonen aus Holz hockten und in dessen Innenraum Tausende von Räucherstäbchen glimmten und uns benebelten. Es war heiß und stickig, und von dem Duft der Räucherstäbchen konnte einem fast schlecht werden. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus vor Sorge, und netterweise oder aus Schuldgefühlen heraus ging Jockel mit mir zum nächsten Taxi, das uns ins Hotel brachte. Dort riefen wir den Mister Fu, den Direktor des Hotels, der von dem Vorfall schon informiert war.

 

Wieder im Bus informierte uns Jeannette, daß die Grundstücks- und Wohnungspreise in Singapur sehr hoch sind, weil die Fläche ja sehr begrenzt ist. So kostet z.B. eine zwei-Zimmer-Wohnung etwa DM 800 Miete, und wir wunderten uns, wer das bezahlen kann. In Singapur gibt es fast keine alten Holzhäuser auf Stelzen mehr (Kampongs genannt), denn das Leben darin war sehr ungesund wegen der enormen Luftfeuchtigkeit und den Sümpfen ringsherum. Die Malaria und viele andere Infektionskrankheiten waren früher weitverbreitet. Seit die alten Holzhäuser in den Sümpfen abgerissen wurden und neuen, modernen Betonhäusern gewichen sind, gibt es fast keine Fliegen und Moskitos mehr und damit wurde auch die Malaria unter Kontrolle gebracht. In der Tat sind wir in Singapur von keinem Moskito gestochen worden. Fliegen haben wir allerdings in den Garküchen zur Genüge gesehen.

Jeannette möchte uns das Mittagessen in einer der Garküchen probieren lassen, aber der Geruch von schlechtem Fisch und der Anblick undefinierbarer Speisen in den Töpfen und Tiegeln nimmt uns den Appetit. So liefen wir die berühmte Orchard Road entlang und entdeckten vor einem feudalen Hotel eine Art Freiluftrestaurant, wo wir mit Appetit ein Nasigoreng verspeisten. Die Tasse Kaffee zum Schluß kostete fast DM 3. Stolze Preise hat man hier!

Anschließend inspizierten wir noch ein berühmtes Einkaufsviertel und entdeckten die teuersten Läden der Welt. Angefangen von Dior bis Aigner, von Davidoff bis hin zum herrlichsten Kitsch war alles vorhanden, und die Preise ließen uns mit den Ohren schlackern. Die wenigsten Bewohner von Singapur werden sich diesen Luxus leisten können, aber Singapur ist ja Drehpunkt für die ganze Welt, und die gesamte Prominenz kommt regelmässig hierher zum Shopping.

Wir stiegen wieder in unseren Bus und fuhren zum Mount Faber. Eigentlich lächerlich, diesen Hügel von 115 m Höhe als Berg zu bezeichnen, aber da Singapur nur zwei "Berge" hat, ist diese Bezeichnung hier vielleicht doch angebracht. Von dort oben hat man jedenfalls eine gute Übersicht über die Stadt und kann sogar die indonesischen Inseln sehen, die ja nur einen Katzensprung über’s Meer entfernt liegen.

Weiter ging es zu einer Edelsteinschleiferei, wo viele Mädchen und wenige Männer aus Edelsteinen und Halbedelsteinen Bilder zusammensetzen, die ich unheimlich kitschig fand. Schade um die schönen Steine. Dort gab es auch eine Menge Jade zu kaufen in allen Varianten. Die Burma-Jade ist die beste und natürlich auch die teuerste. Da ich kein Faible für Schmucksteine habe, war ich der Qual der Wahl schon enthoben und leistete mir nur einen winzigen Buddha aus Lapislazuli.

Zurück im Hotel stellten wir fest, daß wir diesen ersten Tag ganz gut überstanden hatten. Singapur hat einen seltsamen Eindruck auf uns gemacht. Es hat sehr wenig Flair, ist zu modern und sauber, um einen eigenen Charakter zu vermitteln und kam uns daher fast steril vor. Die Menschen sind alle sauber und gut gekleidet, und die meisten sind europäisch angezogen. Wir hatten nicht das Gefühl, 18.000 km von Deutschland weg zu sein und fühlten uns merkwürdigerweise ständig an die Schweiz erinnert. Das wollten wir hier an sich nicht vorfinden.

Am Abend aßen wir gemeinsam mit Karin und Jockel, unseren neuen Reisefreunden, im Hotelrestaurant zu Abend. Anschließend fuhren wir zu viert mit dem Taxi in Singapurs berühmte Chinatown, wo nur Chinesen wohnen und Handel treiben. Wir fanden ein kunterbuntes Gewimmel von Menschen vor, und Tausende von Ständen und Garküchen säumten die dunklen Straßen und gaben der Nacht einen malerischen Glanz. Wir beobachteten fasziniert das Treiben um den berühmten Mariamman-Tempel herum, einem Hindu-Tempel, der den vielen Indern in Singapur gehört und wo sie ihre Götter verehren. Hier war gerade ein Hindu-Fest, und zahllose Inder mit Fackeln und Kerzen strömten zum Tempel. Dunkle, schweißglänzende Körper und funkelnde Augen umgaben uns, und mich hatte wieder der Zauber Indiens erfaßt, der mich im letzten Jahr dort so ergriffen hatte. Ja, die Inder gefielen mir sehr, viel mehr als die Chinesen oder Malayen.

Wir kämpften uns durch dieses Gewühl von Menschen, standen staunend vor völlig unbekannten, nie gesehenen Dingen, vor fremden Lebensmitteln und fremden Menschen. Hier war intensives, pulsierendes Leben, hier erfüllten tausend verschiedene Gerüche die Luft, und tausend verschiedene Töne und Laute gaben uns endlich das Gefühl, in der fernen und fremden Welt zu sein, die wir gesucht hatten.

Wir ekelten uns allerdings, hier etwas zu essen. Jockel war da weniger pingelig, und da er ein Freund von Meeresfrüchten war, kam er hier voll auf seine Kosten. Er probierte einen Teller voll kleiner, unbekannter Muscheln, die sehr schwer zu öffnen waren. Da ich nichts anderes zu tun hatte, pulte ich ihm die Muscheln auf, die er mit Appetit aß. Wir sahen ihm angewidert zu. Nicht für 1000 DM hätte ich den Teller leergegessen, aber Jockel ließ sich nicht beeindrucken. Später schickten wir noch einen kleinen Jungen los, Bier zu kaufen, denn das gibt es in den Garküchen nirgends. Wir saßen noch eine ganze Weile dort und sahen dem bunten Treiben um uns herum zu. Karin mümmelte eine Portion Maroni wie bei uns im Winter, und schließlich, beim Weiterlaufen, entdeckten wir einen Obststand, wo wir einige unbekannte Früchte und Ananas erstanden. Die unbekannten Früchte stammten von der Jackfruit, die in Europa unbekannt ist und auch nicht eingeführt wird. Es ist die größte Frucht der Erde, eine einzige wiegt bis zu 40 Pfund! Gegessen werden aber nur die weichen Samen, die etwa pflaumengroß und weich sind und sehr lecker schmecken. Sie erinnern entfernt an Bananen.

Beim Schlendern durch die schmalen, bunten Gassen, wo es alles zu kaufen gibt, was ein Haushalt braucht, wurden wir Frauen oft angesprochen, ob wir Opium kaufen wollten. Damit war keineswegs das Rauschgift gemeint, sondern das bei uns sündhaft teure Parfüm, das die Frauen in aller Welt sehr schätzen. Da so ein winziges Fläschchen aber auch hier über DM 100 kostet, lassen wir es bleiben, denn im Dutyfreeshop gibt es das günstiger.

Schließlich fuhren wir zum Hotel zurück und tranken im Restaurant noch was. Die Männer blieben bei ihrem vertrauten Bier, während wir Frauen hier mit dem Trinken von frischem Ananassaft begannen. Am Ende der Reise konnte ich bald keine Ananas mehr sehen, soviel habe ich davon in jeder Form zu mir genommen. Schließlich schickten uns die Männer mehr oder weniger galant in die Federn mit dem Argument, daß wir ja noch die Haare waschen wollten. In Wirklichkeit wollten sie an der Bar noch ein Männergespräch (Haha) führen bei einem oder mehreren Bierchen. Wir als brave Ehefrauen verzogen uns also und bereuten das am nächsten Morgen sehr, wie gleich erzählt wird.

 

Der Jumbo der Singapore Airlines hatte einigen Luxus an Bord. So fand man in den Toiletten Reinigungsmilch, Gesichtswasser, After Shave, Mundwasser und Eau de Toilette von Elisabeth Arden. Das wunderte und freute mich.

Nachdem im Flugzeugsitz an Schlaf nicht zu denken war, legte ich mich schließlich ziemlich gekrümmt auf den Boden, wo ich es jedoch auch nicht lange aushielt, und die Zeit schien nicht zu vergehen. Die Flugzeugmotoren brummten eintönig, und wir beteten fast, daß der Flug bald zu Ende sein möge. Schließlich hatte wir in Bahrain (Saudi Arabien) eine Zwischenlandung, und nach einer Stunde Aufenthalt ging es wieder rein in den Flieger. Die folgenden sechs Stunden vergingen einigermaßen passabel mit Dösen und Dämmern. Um 5.30 Uhr Ortszeit wurden wir geweckt, draußen war es bereits sehr hell, und die Sonne schien gleissend grell ins Flugzeug. Nach dem Frühstück räkelte sich alles, stürmte die Toiletten und freute sich auf die Unterbrechung, die die Zwischenlandung in Bangkok uns bescheren würde. In Bangkok hatten wir wiederum eine Stunde Aufenthalt, dann ging es weiter zur letzten Etappe über den Äquator nach Singapur.

Wir konnten kaum noch sitzen und spürten jeden einzelnen Knochen, waren überdreht und erschöpft und träumten von einem anständigen Bett. Schließlich und endlich um 18.05 Uhr Ortszeit (Zeitverschiebung Deutschland - Singapur = plus 7 Stunden) landeten wir in Singapur, nahmen unser Gepäck in Empfang und stellten eine enorme Schwüle und Hitze fest, die wir allerdings auch erwartet hatten. Unsere Reiseleiterin, die Jeannette hieß und auf uns wie ein exotischer Vogel wirkte mit ihren bunten, unkonventionellen Klamotten, nahm uns gleich sehr freundlich in Empfang und brachte uns zum Bus. Wir konnten gar nicht genug staunen über diesen supermodernen Flughafen und die vielen Orchideen überall, mit den vielen Wasserspielen überall im Gebäude und den modernen Plastiken. Darüber hinaus war es so unerwartet sauber, daß wir fast meinten, in der Schweiz oder in Deutschland zu sein. Auch auf den Straßen und Plätzen war alles wie geleckt und blitzblank. Während der Fahrt zum Hotel stellten wir erstaunt fest, welch tolle Autos hier herumfahren. Jede Menge nagelneue Mercedes und andere Marken, die genau so gut in Schuß sind wie bei uns.

Im Hotel angekommen, wurde allen ein Zimmer zugeteilt, weil es in Singapor nicht erlaubt ist, in Campingwagen, Zelten etc. zu schlafen, also auch nicht in unserem Schneewittchensarg, wie wir das rollende Hotel halb liebevoll, halb spöttisch nennen. Wir waren sehr froh, ein Zimmer mit guten Betten vorzufinden, und nachdem wir uns erfrischt hatten, gingen wir in das Hotelrestaurant, um uns zu stärken. Dort liefen Bedienungen herum, die man glatt für Wachsfiguren oder Püppchen halten könne, wenn sie sich nicht bewegen. Es waren überwiegend Chinesinnen, fein und grazil gebaut und sehr schüchtern.

Nachdem wir sehr leckere Krabben gefuttert hatten, verzogen wir uns todmüde ins Bett, wo wir wegen der irren Hitze leider kaum schlafen konnten.

Am nächsten Morgen frühstückten wir um 8.00 Uhr und begutachteten schon mal unsere Reisegruppe, von der ja zum großen Teil die Stimmung der folgenden drei Wochen abhängt. Zu unserer Enttäuschung fanden wir überwiegend ältere Damen vor, insgesamt 18 Frauen und nur 5 Männer. Wenigstens ist noch ein Ehepaar in unserem Alter dabei, und das stimmte uns schon etwas heiterer. Wir spekulierten über die hohen Preise, die wir hier schon festgestellt hatten und die uns zu denken gaben. Unser Hotelzimmer kostete 90 US-Dollar, das Frühstück ging noch extra.

Wir starteten mit einem einheimischen Bus zu unserer ersten Rundfahrt. Singapur hat heute (1982) 2,4 Mio Einwohner, die sich aus 80 % Chinesen und 20 % Malaien und Indern zusammensetzen. Es herrscht Linksverkehr.

Wir machten den ersten Halt beim Raffles Denkmal am Singapurfluß, wo wir einiges über die Geschichte Singapurs hörten und gleichzeitig den dicken chinesischen Dschunken beim Beladen zusahen. Es war sehr heiß und schwül, und wir begannen zu schwitzen. Bei dem Gedanken, daß in Deutschland jetzt ekliges Nebelwetter und Regen ist, genossen wir die Hitze aber doch.

Auf der weiteren Fahrt durch die Stadt sahen wir viele moderne Hochhäuser und Banken, aber auch viele Grünanlagen und Blumen. Selbst die Bauzäune an den Baustellen waren noch ein Foto wert, weil sie sehr akurat dastanden und auch noch toll bemalt waren in harmonischen grün-braun Tönen und sich so perfekt anpaßten, daß man die Baustellen gar nicht als störend empfand. Ganz klar, daß Singapur ein reicher Stadt-Staat ist. Man merkt es überall. Die ganze Stadt blitzte vor Sauberkeit und Ordnung, und wir wunderten uns ein um’s andere Mal. Kein einziger Hund oder Katze sind uns begegnet. Später erfuhren wir, daß sie nicht gehalten werden, weil sie Schmutz hinterlassen! Das fand ich denn doch reichlich übertrieben.

Mit einer Dschunke (Lastkahn) fuhren wir auf dem Singapurfluß entlang, genossen die heiße Sonne auf der Haut und betrachteten die alten, winkligen und windschiefen Häuschen der Chinesen, die hier von ihren Dschunken leben, auf denen sie alles und jedes hin und her transportieren. Im Hintergrund stehen die Wolkenkratzer, und man hat fast den Eindruck, in Manhattan herumzuschippern.

Danach fuhren wir wieder mit dem Bus in den Tigerbalmgarden, einer Anlage, die sich noch am ehesten mit einer Art Disneyland in chinesischer Ausführung vergleichen läßt. Hier standen Unmengen von Papp- und Plastikfiguren in Form von Drachen und Dämonen, Nilpferden, Tigern und Kriegern. Darin befindet sich auch so eine Art asiatisches Gruselkabinett. Die Asiaten sind ja seit jeher für ihre besonderen Grausamkeiten bekannt, und was wir dort in Form von Pappdarstellungen sahen, ließ uns ahnen, was es mit dieser Grausamkeit auf sich hat. Da waren Menschen dargestellt, denen der Kopf durchgesägt wurde, denen man lebendig die Gedärme herausschnitt, die man lebend mit einer Art Mistgabel an einen glühenden Ofen preßte oder die von Mistgabeln durchlöchert wurden. Da wir wußten, daß es sich hier nicht um Phantasien handelte, dachten wir nicht gerade freundlich darüber.

Wir verließen diesen unheiligen Ort und besuchten den Botanischen Garten. Der Gegensatz konnte nicht krasser sein, denn wir wurden mit herrlich weiten Parkanlagen und Unmengen Orchideen erfreut. Das Ganze ist aber so weitläufig, daß man bei einem kurzen Aufenthalt nicht viel davon sehen kann, und da wir in puncto Orchideen von unserer Insel Mainau sehr verwöhnt waren, beschlossen wir, angesichts der Hitze etwas zu trinken.

 

5000 Kilometer durch den Dschungel oder gelobt sei, was hart macht.
Singapur, Malaysia und Thailand
'vom 06. - 28.11.1982

Daß auf uns Strapazen, Hitze und Kakerlaken warteten, wußten wir schon bei der Buchung dieser Reise, und wir freuten uns sogar darauf. So starteten wir mit halbstündiger Verspätung ab Frankfurt mit einem Jumbo und sahen dem 17stündigen Flug mit sehr gemischten Gefühlen entgegen, denn niemand von uns hatte bisher so lange in einem Flugzeug gesessen. Die anmutigen Stewardessen der Singapore Airlines in ihren bodenlangen Kleidern, mit ihren blauschwarzen Haaren und dem ewigfreundlichen Lächeln im Gesicht stimmten uns jedoch zuversichtlich und gaben sich wirklich jede erdenkliche Mühe, uns den Flug so angenehm wie möglich zu gestalten. Nachdem wir duftende, heiße Handtücher zur Gesichts- und Händereinigung dankend entgegen genommen hatten, servierten uns die Hübschen ein leckeres Mahl, so daß wir anschließend wohlgefüttert vor uns hindösten und anhand der Karte, die wir bekamen, feststellen konnten, daß unser Flug über Österreich, Ungarn, Bulgarien, Türkei, Zypern, Syrien, Irak, Kuwait, Bahrain, Iran, Pakistan, Indien, Burma und Thailand und von dort weiter über das südchinesische Meer bis nach Singapur führen würde, das unser erstes Ziel dieser Reise war. Die Auflistung dieser vielen Länder macht die enorme Entfernung von Deutschland aus deutlich, und wir staunten über uns selber, daß wir uns getraut hatten, so ein fernes Ziel anzusteuern.