Vietnam Reisebericht: 

Vietnam einmal anders erleben

Vietnam war für mich immer ein ganz besonderer Ort, obwohl ich erst 2012 zum ersten Mal dorthin gelangte. Mir waren die Wirrungen des zermürbenden Vietnamkrieges noch bekannt, meine Eltern erzählten mir vom Vorgehen der Amerikaner und der Tatsache, dass dadurch sehr viele Naturdenkmäler des Landes zerstört wurden. Als ich Anfang der 90er Jahre mit dem Studium begann, beschleunigte sich auch die Öffnung des Landes und ich hätte fast die Gelegenheit bekommen, einen Forschungsaufenthalt dort wahrzunehmen. Mich haben seit jeher insbesondere die klassischen Kolonialbauten hier interessiert, aber auch die wenig bekannte Halong-Bucht bei Haiphong im Norden des Landes. Diese hat die UNESCO 1994 sogar zum Weltkulturerbe erklärt, wahrlich nicht ohne Grund.

Zentralvietnam und seine Tücken

Als es letztes Jahr losging, hatte ich mir einen straffen Plan erstellt und wollte mit dem Rucksack von Hanoi aus nach Huế, der ehemaligen Hauptstadt in Zentralvietnam gelegen. Hier nämlich steht eine der Verbotenen Stadt in Peking nachempfundene Zitadelle, die trotz der Zerstörungen der Tet-Offensive von 1968 ein wahrer Anziehungspunkt ist und wo ich viele Urlauber kennenlernte, die teilweise sogar aus Australien anreisten. Besonders interessant empfand ich den etwa 50 Kilometer südöstlich gelegenen Nationalpark Bạch Mã, der Anfang der 90er Jahre gegründet wurde und sagenhafte 20.000 Hektar groß sein soll. Hier konnte ich den Perlenpfau fotografieren, ein ziemlich scheuer Zeitgenosse und äußerst wachsam noch dazu – ich habe eine geschlagene Stunde gebraucht, um ihn im dichten Unterholz überhaupt mal in voller Gänze zu Gesicht zu bekommen.

Besonders für mich als Vogelliebhaber war das ein höchst interessanter Trip, denn ich wollte mich unbedingt selbst von den scheinbar über 300 Vogelarten überzeugen, die hier beheimatet sein sollen. Allerdings machte mir der starke Regen im Januar enorm zu schaffen, denn es regnete hier tagelang und man konnte sich dementsprechend relativ schwierig fortbewegen. Zum Glück aber hatte ich Carol aus Wisconsin getroffen, die hier etwas Erholung von ihrem Job suchte und genau wie ich auf Vogelsichtung war. Sie hatte ein großes Drei-Mann-Zelt mit robuster Plane und großem Vorzelt mit, noch dazu eine ganze Profiausrüstung an Campingklamotten. Dank ihrer Hilfe gelang es mir dann, die Zeit vor der Rückreise zum Gästehaus auszufüllen und einen Abstecher zum Rhododendron-Wasserfall einzuschieben.

Weiter nach Ho-Chi-Minh-Stadt

Weiter ging es nach Ho-Chi-Minh-Stadt, die gemeinhin als heimliche Hauptstadt des Landes gehandelt wird. Ich hatte mir unbedingt vorgenommen, eine Stadttour mit den Fahrradrikschas namens Cyclo zu unternehmen. Dabei hatte ich das unverschämte Glück, einen Fahrer mit Berufserfahrung in der Südvietnamesischen Armee zu bekommen, der mir einiges zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten und derlei sagen konnte. Entgegen der Annahme, dass viele Vietnamesen im Touristikbereich gut Englisch sprechen können, war dies bei mir nicht der Fall – es war schon lustig, sich mit Händen und Beinen sowie seinem gebrochenem Englisch zu unterhalten. Der Freund von Carol, ein ziemlich lustiger Brite aus Liverpool, erzählte mir nachher in der Bar von seinen Erlebnissen mit ziemlich aufdringlichen Fahrern. Ich denke aber, dass man stets freundlich und zuvorkommend auftreten sollte, um solchen Dingen einfach aus dem Weg gehen zu können.

Ein wahrer Blickfang in dieser Stadt ist das Stadttheater namens Dai Lo Le Loi, was mich unzweifelhaft an französische Bauten ähnlichen Stils in Lyon erinnerte. Für diejenigen, die es etwas luxuriöser mögen und die Stadt mal aus einer anderen Perspektive wahrnehmen wollen, kann ich die Cafés auf der südlichen Seite des Wiedervereinigungspalastes empfehlen. Hier war früher der Sitz der Südvietnamesischen Regierung, auch Führungen werden angeboten. Da die Zeit knapp war und ich mir ein weiteres Ziel vorgenommen hatte, kam das leider nicht in Frage. Ich hörte von Einheimischen aber, dass es wohl unterirdische Bunkeranlagen zu besichtigen gäbe.

Die Sache mit der Sprache

Was mir in dieser Stadt aufgefallen ist, sind vor allem die vielen älteren Personen mit ihren sehr guten Deutschkenntnissen. Ich unterhielt mich mit einem und erfuhr, dass dieser früher in der DDR studierte und fand mich in einer völlig anderen Welt wieder. Anfangs war mir zwar der Bezug zur DDR aufgrund der Sozialistischen Staatsform bekannt, hätte aber nie im Leben erwartet, so etwas hautnah miterleben zu können. Als ich den Tipp bekam, mir doch einmal das als Gartenstadt bezeichnete Restaurant anzusehen, ließ ich hiervon natürlich nicht ab. Man findet es im Distrikt 1 und kann Weißbier und Würste in ziemlich eigenwilliger Atmosphäre genießen.

Letzter Abstecher nach Dalat

Um meinen Urlaub hier mit einer ganz besonderen Sache zu krönen, entschied ich mich kurzerhand für einen Ausflug nach Dalat. Die Stadt liegt in den Bergen des Zentralen Hochlands und ist auf dem ersten Blick mal gar nicht mit dem vergleichbar, was mir in Hanoi oder Ho-Chi-Minh-Stadt widerfahren ist. Ich empfand es als Erleichterung und Abwechslung, mich hier in einer vergleichsweise kühlen Region aufzuhalten, in jedem Fall ein Kontrast zum häufig schwül-warmen Klima in den anderen Regionen. Auch hier findet man ziemlich viele Ansätze der französischen Kultur, was vermutlich auch daran liegt, dass das Klima wesentlich milder und damit für europäische Verhältnisse angenehmer ist. Schlendert man so gemütlich durch die Stadt, fällt einem zunächst die hohe Anzahl an Junggesellenabschieden auf. Erst nach dem Urlaub erfuhr ich, dass Dalat unter jungen Vietnamesen als idealer Ort für Hochzeitsreisen oder eben Junggesellenpartys gilt. Ziemlich erstaunt war ich aber trotzdem, weil mir der Vietnamese zuvor als eher ruhiger und bedächtiger Zeitgenosse auffiel, nicht so sehr als Partylöwe vor dem Herrn.

Wäre noch ein wenig mehr Zeit vorhanden gewesen, hätte ich mir glatt ein Bike ausgeliehen und wäre mit einer Reisegruppe aus Spanien den interessanten und anspruchsvollen Weg gefahren, den hier viele auch für Trekkingtouren nutzen.

Reisetipps für Vietnam

Wenn ich Reisetipps für Vietnam geben kann, dann vor allem den hier: Handelt, was das Zeug hält. Viele Produkte und Dienstleistungen, wie ein Guide für mehrere Tage oder Unterkünfte, sind gar nicht angeschrieben und können direkt mit dem Besitzer verhandelt werden. Hier fährt man auch sehr gut mit westlichen Produkten, etwa günstigen Uhren oder Dingen aus Leder, die man tauschen kann. Man sollte aber stets freundlich auftreten und dabei nicht vergessen, dass diese Frauen und Männer auch das Einkommen für ihre Familien erwirtschaften müssen – die Tatsache, dass Vietnam in vielerlei Hinsicht ein bettelarmes Land ist, darf man nie außer Acht lassen.