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Conny hat da wirklich eine organisatorische Meisterleitung vorllbracht und wahrlich den Rotelorden verdient für ihren Einsatz. Eine gehörige Portion Glück war auch dabei. Auf jeden Fall hatten wir am Abend dieses Tages gleich zwei tüchtige Fahrer. Zwei Südwester mit ihren Familien (so werden die deutschstämmigen Bewohner Namibias genannt) waren hier oben in Katima Mulilo zum ausspannen und erholen für ein paar Tage. Sie waren gerade im Begriff, sich in ihre Autos zu setzen, um wieder nach Hause zu fahren, als Conny’s Anruf sie erreichte. Spontan waren sie bereit, uns aus der Klemme zu helfen und wenigstens die nächsten zwei Tage den Bus zu fahren. Es war ein glücklicher Umstand, daß der eine, der Heinz hieß, eine Mercedes-LKW-Werkstatt im 500 km entfernten Rundu hatte und daher nicht nur fahren konnte, sondern auch noch mit unserem Bus halbwegs vertraut war, denn verschiedene Rotels hatten schon seine Werkstatt aufsuchen müssen. Der zweite Südwester, Justus hieß er, hatte eine große Farm weiter südlich bei Grootfontein. Die beiden Männer und ihre Familien waren befreundet. Und während die Frauen die Heimreise antraten, halfen uns die beiden Männer aus der Patsche. Aber er stand uns noch ein Erlebnis schauerlicher Art bevor.

Die Nacht von Katimo Mulilo

Nachdem nun also feststand, daß unsere Reise erst einmal weitergehen konnte, gingen wir sehr erleichtert an die luftige Sambesi-Bar und debattierten und erörterten das ganze Für nd Wider und die Gefahr von Malaria und wie ernsthaft man seine Tabletten nehmen sollte usw. Hartmut hatte durch die vielen Tabletten bereits so schwere Leberschäden, daß er keine Malaria-Prophylaxe mehr genommen hatte. Dadurch traf ihn der Anfall besonders schwer. Man kann sich mit den Malaria-Mitteln zwar nicht 100 %ig schützen, aber doch die Anfälle abschwächen. Die Nebenwirkungen dieser Medikamente sind allerdings übel, und wer auf Dauer in Malariagebiet reist und diese Mittel nimmt, kriegt mit größter Wahrscheinlichkeit über kurz oder lang massive Leberschäden.

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Nun mußte Conny also auch noch kochen, und sie konnte auch das. Sie war ziemlich resolut und manchmal reichlich kurz angebunden, aber angesichts der momentanen Situation hatten wir vollstes Verständnis. Dieter und ich genehmigten uns später noch einen Schluck Rotwein, um die nötige Bettschwere zu kriegen, denn in der Nähe befand sich eine Disco, und heute war Freitag. Lautstark schallte die Musik zu unserem Rotel hinüber, dazu kamen die Stimmen von 1000 und mehr Fröschen, die am Sambesi hockten und quakten, und heiß war es ausserdem, so daß es fast ein Kunststück war, überhaupt einzuschlafen. Irgendwann nach Mitternacht jedoch schlief und schnarchte die ganze Gruppe, als plötzlich die Hölle losbrach. Mit tierischem Geschrei und Gepolter stürmte anscheinend ein ganzes Dutzend Schwarze unseren Schlafgang und trachtete uns nach Geld oder Leben. Es war ein ungeheurer Tumult, und ehe wir noch begriffen hatten, was überhaupt passiert war, war der ganze wilde Spuk auch schon fast vorbei. Wir hörten laute Männerstimmen und wildes Gerufe vor dem Bus, und es war ein Mordsdurcheinander. Alle kamen schlaftrunken und schreckensbleich aus ihren Kojen, und außer Conny und mir hatte keiner die Kerle überhaupt gesehen, die uns überfallen hatten. Ich hatte das haarsträubende Wahnsinnsgeschrei gehört und war in meiner Koje hochgeschossen. Da sah ich den ersten schwarzen Wollkopf direkt vor mir. Ich bekam panische Angst und dachte, daß wir jetzt alle niedergemetzelt würden. Das Geschrei war wie ein Anfeuern zum Angriff, und wir alle waren bis ins Mark erstarrt. Katrin, die unter mir schlief, kam zitternd aus ihrer Koje und hatte Panik.

Vor dem Bus standen jetzt fast alle Männer und redeten und versuchten, sich über den Hergang der Sache Klarheit zu verschaffen. Und dann stellte sich folgender Sachverhalt heraus: Conny schlief fast immer in ihrem eigenen kleinen Zelt, das sie in der Nähe des Busses aufbaute. So auch in dieser Nacht. Da sie wegen des Disco-Lärms nicht sehr tief geschlafen hatte, hörte sie leise Fußtritte auf dem Rasen und wurde schnell hellwach. Dann sah sie, daß ihre Schuhe, die sie vor dem Zelt abgestellt hatte, bereits verschwunden waren. Sie kam leise aus dem Zelt heraus und sah, wie ein Schwarzer die Treppe zu unserem Schlafabteil hochging, dann hatte er auch schon ganz ruhig die erste Tasche gepackt. Inzwischen war Conny hinter ihm hergeschlichen und packte ihn mutig am Bein, während sie gleichzeitig in den Bus hineinrief, daß wir überfallen würden und endlich aufwachen sollten. Daraufhin ging alles in Bruchteilen von Sekunden. Dieter, der gleich vorne in der zweiten Koje schlief, hatte wohl mehr im Unterbewußtsein mitbekommen, daß Gefahr im Verzuge war. Und ohne zu wissen, was eigentlich los war und ohne etwas zu sehen, hatte er alleine dieses Wahnsinnsgeschrei von sich gegeben, von dem wir alle dachten, daß es mindestens 2 oder 3 wildgewordene Einheimische waren. Ich hätte nie für möglich gehalten, daß ein einzelner Mensch ein derartiges Geschrei von sich geben kann. Der einsame Dieb war bestimmt nicht weniger erschrocken und geschockt als der ganze Bus und hatte Tasche und Schuhe fallenlassen und war in Windeseile über den Rasen zum Ufer gespurtet, bevor ihn die wütenden Männer unserer Gruppe erreichen konnten. Mit dem Einbaum paddelte er in affenartiger Geschwindigkeit auf dem dunklen Fluß wieder auf die sambische Seite, ohne daß ihn die geworfenen Steine trafen. Die beiden großen Schäferhunde, die schon am Nachmittag vor unserem Rotel lagen, schliefen immer noch seelenruhig und dachten gar nicht daran, hier Wache zu schieben und Diebe zu fassen.