Feenseeschwalbe

Seychellen Reiseberichte:
Bird Island und die Feenseeschwalben


Die Meeresbrandung wird übertönt vom Gezirp der Grillen und den Rufen der Noddysee­schwalben, die vor uns in einem Baum die Nacht auszubrüten scheinen. Dazwischen das Geschnarr irgendwelcher anderer Vögel und im Hintergrund der ohrenbetäubende Lärm der Rußseeschwalbenkolonie. Bird Island. 105 km von Mahe entfernt, irgendwo nahe des Äquators, rechts neben Afrika, fallen gelassen als Korallen-Atoll mitten im Indischen Ozean, die nächste Insel 50 km entfernt. Der Reiseführer bezeichnet sie als „Trauminsel“, aber da mein Mann neben mir schon beim Hören des Klischees aufjault, verkneif ich mir jegliche Beschreibungen der weißen Strände. Darauf kommt es ohnehin nicht an. Ich taufe die Insel zur Abwechslung „Insel der türkisnen Krabben“. Denn Vogelinsel heißt sie ja schon. Und eine Vogelinsel ist es im wahrsten Sinne des Wortes. Sie ist so weit von jeder anderen Zivilisation entfernt, eine halbe Flugstunde über himmlischen Wölkchen, dass die Vögel glatt noch glauben, sie könnten sich mit den Menschen anfreunden, ohne dabei ihre Freiheit zu riskieren. Die Noddyseeschwalben lassen einen bis auf wenige Dezimeter heran.

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Die Jungen der weißen Feenseeschwalben könnte man streicheln, sie neigen nur ihr Köpfchen schräg. Und die Rußseeschwalben tanzen ein paar Zentimeter vor mir in ihren frechen schwarz-weißen Jackets. Nur die Krabben sind scheuer. Sie halten die Vögel von Natur aus für voreilig. Schaufeln lieber in der Abenddämmerung kurz über der letzten Linie im Sand, an der die Wellen lecken, ihre Sandgruben, eine neben der anderen an einem menschenleeren Strand, der sich in windig-wolkener Abendstimmung plötzlich ebenso türkis färbt wie das Meer. Und mit einem Mal sind selbst die Krabben türkis, eingetaucht in eine türkisne Einheit zwischen Land, Meer und Himmel. Sie verstecken sich, als sie die Vibrationen meiner Schritte spüren. Und dann muss ich lange warten, mich flach hinlegen und lange warten, bis sich zunächst die am weitesten von mir entfernte wieder aus ihrer Grube traut, um ihrer Tätigkeit des Sandschaufelns nachzugehen, dann die nächste, die darauf folgende, bis die Reihe schließlich an meiner Nachbarin ist. Sie zögert. Vermutlich ist sie auch eine derjenigen, die die Vögel auf Bird Island für viel zu gutgläubig halten. Aber dann bitte ich sie in Gedanken. Ich bitte sie um Vertrauen und warte. Und bin so glücklich über ihr Geschenk, als sie ganz vorsichtig aus ihrer Grube lugt und sich dann bedacht an`s Sand schieben macht. Danke! Das sind Momente, die mir bleiben: Türkisne Abendstimmung und ein paar Sekunden, in denen ich einer türkisnen Krabbe auf Augeshöhe begegnet bin. Groß ihre Augen, als Antennen ausgefahren, intergalaktisch. „Wir treffen uns auf einem anderen Stern“, morsen mir ihre Augenantennen, dass ich vor Erstaunen zwinkern muss. „Die Erde ist mir ganz lieb“, morse ich zurück, „grad auf einem so idyllischen Fleckchen wie Bird Island“.