Langschläfer sollten besser nicht nach Indien reisen, denn der Tag fängt hier sehr früh an. Mit seinem ‚Kikeriki’ riss mich in aller Herrgottsfrüh der Hahn jäh aus meinen Träumen. Mein Gemüt beruhigte sich wieder, als ich eine erfrischende Dusche im „Bad“ genommen hatte. Die sanitären Anlagen waren in einem separaten Häuschen einige Meter neben dem Wohnhaus untergebracht. Das kalte, klare Wasser aus dem großen Wasserfass, das ich mit einem Messbecher schöpfte und über meinen Körper laufen ließ, belebten meine verschlafenen Lebensgeister.
Der Bischof erklärte mir, dass dieses Dorf ein idealer Standort für ein dringend benötigtes Krankenhaus ist. Denn bis nach Jowai sind es vier Stunden Autofahrt und noch immer sterben viele Frauen bei Geburten. Auch die jüngste Tochter unseres Gastgebers - eines von elf Kindern - starb mit 19 Jahren. Zurzeit fehlen leider die zum Bau eines Krankenhauses nötigen Gelder.
 
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Auf unseren langen Autofahrten faszinierte mich die ungezähmte, ursprüngliche Natur Meghalayas, die so manchem Naturfreak das Herz höher schlagen lässt: Das sich bis zu 2000 Meter über dem Meeresspiegel erhebende Gebirge ist eine Inspiration für jeden Poeten und ideal für Menschen, die die Einsamkeit und die Schönheit der Natur suchen. Sportbegeisterte kommen hier mit Wander- und Klettertouren auf ihre Kosten. Eigentlich schade, dass der Tourismus hier noch in den Kinderschuhen steckt.
Der tropische Regenwald sucht an Artenvielfalt seinesgleichen. Aus diesem Grund stellte die Regierung ihn unter Naturschutz. Er ist zugleich eines der regenreichsten Gebiete der Erde und einige der dichtesten Urwälder Indiens finden sich hier. Kein Wunder also, dass die Bewohner ihr Land „Meghalaya“ nannten, was übersetzt „Entstehungsort der Wolken“ bedeutet.