Kambodscha Reisebericht:
Die Höllenpiste nach Angkor Wat

Schon wieder kracht die Heckscheibe so laut, dass ich nur darauf warte, dass sie endgültig herausbricht und sich scharfkantige Glassplitter in meinen Rücken bohren. Ein Klappsitz hat den ewigen Erschütterungen schon nicht mehr standhalten können, ist auf einer Seite nach unten weggeknickt und baumelt jetzt kümmerlich am Nachbarstuhl.

Ich bin unterwegs auf einer Piste von der thailändisch-kambodschanischen Grenze nach Angkor Wat. Laut Karte ist dies eine Art Autobahn, der National Highway 6 – die Hauptstrecke zwischen den beiden Metropolen Bangkok und Phnom Penh.

In Wirklichkeit verdient diese in die Landschaft gepflügte irdene Piste nicht einmal den Namen Straße; kratertiefe Schlaglöcher wechseln sich mit Wellblechpiste ab, und so wird jeder Kilometer zu einem nervenaufreibenden Rodeoritt. Im Minutentakt donnern schwere Asphalt-Tanklastwagen gen Osten, und ich frage mich, warum sie ihre Ladung nicht einfach hier ablassen können. Zahllose andere überladene Trucks und Minibusse schlängeln sich um Schlaglöcher und Bodenwellen herum - dazwischen PKW und Mofas - immer auf der Suche nach ein paar möglichst ebenen Metern.

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Überholt wird, wo es eben geht - manchmal rechts, manchmal links, zu dritt nebeneinander und über die gesamte Breite der Piste. Irgendwie schafft man es, schon vor dem nächsten Fahrzeug im Gegenverkehr auf seine Seite der Straße zurückzukommen, denken viele Fahrer offensichtlich. Meistens scheint dies sogar zu funktionieren - Autowracks sieht man nur sehr selten.

Interessant wird es immer vor den einspurigen Brücken. Wer schafft es, als Erster über die krummen, quietschenden Metallplanken zu kommen? Für den Langsameren bleibt nur ein beherzter Tritt aufs Bremspedal.

Rums! Dieses Schlagloch ist so tief, dass alle Passagiere von ihren Sitzen abheben, um in der nächsten Sekunde wieder hart auf dem durchgesessenen, zerschlissenen Stoffsitz zu landen. Sechs Stunden auf dieser Piste sind eine Tortur, aber irgendwie auch ein Erlebnis. Dabei hat man es im Bus noch verhältnismäßig gut, denkt man an die vielen Kambodschaner, die sich zu mehreren auf ein Mofa gequetscht - oder sogar per Fahrrad - ihren Weg durch Staub und Abgase bahnen, permanent von hupenden Autos und sich bedrohlich nähernden Truckreifen an den bröckelnden, aufgebrochenen Rand der Piste gedrängt. Am erschreckendsten sind ganze Familien auf einem Mofa. Das ältere Kind vorn zwischen Lenker und sitzendem Vater stehend eingequetscht, dahinter noch gerade auf den Bock passend die Mutter, das Baby - wie einen großen Laib Brot unter den Arm gezwängt - haltend. Eine deutsche Verkehrskontrolle würde hier wohl einen Nervenzusammenbruch erleiden.