29.08.2000
Viel fragen, wenig erfahren - unsere Bagage trifft erst am Abend ein. Die fürsorgliche Managerin der Angoram-Lodge, die uns mitnehmen wollte, hat gewartet und fährt noch jetzt mit uns los. Die Wasservögelbeobachtungskanufahrt ist dadurch ins Wasser gefallen. Aber von der dreistündigen Autofahrt durch den Busch können wir leider nur 45 Minuten genießen, weils dann finster wird.
Die Reise auf schlechter Wegstrecke ist reizvoll, Urwalddickicht, Hütten und Palmen vor einem roten Abendhimmel, Geräusche, Gerüche, Leuchtinsekten, sagenhafter Sternenhimmel und am Horizont eine gewaltige Gewitterwolke, in der es immerzu leuchtet und blitzt.
9.30 Uhr p.m. beziehen wir - für viel zu kurze Zeit - das schöne Quartier. Auf den Betten liegen Blumen, auf dem Tisch Räucherspiralen. Das Mahl bei Kerzenlicht, auch hier ist der Generator defekt. Ein Opa hat uns eingedeckt und brutzelt etwas.
30.08.2000
Petra weckt wieder eine Stunde zu früh, es ist noch dunkel. Herbert nimmt es nur als bösen Traum wahr.
Am kühlen Morgen mit 32° C spazieren wir, begleitet von einem netten Mädel namens Thekla, aus der schön angelegten Lodge, zum Sepik herunter. Dieser Fluß ist der größte und Lebensader des Landes. Über 1 300 km lang, bis 500 m breit und
50 - 200 m tief! Da er von Quelle bis Mündung nur 80 m Gefälle hat, windet er sich in unzähligen Schleifen durchs Land (1 300 km Schiffsreise bedeuten 500 km Luftlinie).
Am Flußrand lassen sich die Kanubauer beobachten, diese Einbäume werden aus einem Baumstamm gefertigt. Malerisch stehen solitär weitausladende Bäume am dichtbewachsenen Ufer.
9 Uhr bringt man uns zu unserem Motorkanu. Die ersehnte zweitägige Wasserfahrt kann beginnen, wieder in Form einer Hausfrauen-Safari. Im Schiff stehen Ölkanister, ein Faß, vorn unsere Rucksäcke und für uns drei verblichene Korbsessel. Die Bevölkerung von Angoram nimmt natürlich Anteil bei unserer Abfahrt. Hinten im Boot steht der freundliche Führer und versucht, noch aufzuräumen, um Beinfreiheit zu schaffen. Schon wirft er den Motor an und es geht ziemlich schnell voran. Bei der drückenden Schwüle ist der kühle Fahrtwind willkommen.

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Viele kleine schwimmende Inseln hellviolett blühender Wasserhyazinthen treiben an uns vorbei. Das Wasser ist lehmigbraun mit Schwebstoffen belastet. Der Fluß hat unterschiedlich mehrere hundert Meter Breite und strömt im Lauftempo dem Meere zu. Das Ufer ist mit bis 5 m hohen, undurchdringlichen Schilf gesäumt, vor uns unendliche Fernsicht, schöne Wolkenbildung und ein flutendes Licht. Der Schiffer schneidet die ausladenden Windungen, kürzt auf Nebenarmen die lange Fahrtstrecke
und befährt auch die Ufer angrenzender Seen. So haben wir Gelegenheit, viele Wasservögel zu beobachten: Eisvögel, Taucher, Reiher, Enten, Raubvögel und unbekannte kleine. Fische springen, große Libellen schwirren. In den langen, spitzen Kanus stehen die Fischer und holen die Netze ein. An Bord haben sie eine Schüssel mit glühender Holzkohle. Das Wasser vom Fluß trinken sie. Romantische Hüttensiedlungen ziehen vorbei. Die Menschen hacken Sagomark aus Palmenstämmen, waschen die Kleidung und fischen. Sie winken und grüßen alle, die Kinder gebärden sich hektisch, um Aufmerksamkeit zu erregen. Um die Dörfer wachsen Palmen und Bananenstauden. Über dem Wasser jagen flink abertausende 30 mm große weißgelbe Eintagsfliegen, die gerade schlüpfen. Zu bestimmten Zeiten sind es so viele, daß ein undurchsichtiger Nebel über dem Wasser liegt. Sie werden auch von den Anliegern verzehrt, aber jetzt nutzen alle Vögel den reich gedeckten Tisch.
Trotz Bedeckung brennt das Gesicht, die Sonne ist erbarmungslos.
Bei einer kleinen Krokodilfarm gehen wir an Land. Die Eingeborenen führen uns ihr Anwesen vor. Große Schmetterlinge taumeln in der heißen Luft.
In einem nächsten Dorf klettern wir das schlammige Ufer hoch und „lunchen“ unsere mitgebrachten Speisen aus einem Pappkarton. Man kommt sich wie Schauspieler auf einer Bühne vor, neugierig beäugen die Dorfbewohner samt Hunden unser Tun.
In Tambanum beschließen wir unsere heutige Kanufahrt und beziehen ein größeres Haus. Vor einem Jahr war es mal kurz bewohnt, seitdem webten nur Spinnen ihre Netze. Es gibt kein Licht, kein Wasser, keine nutzbaren Toiletten, aber Sitzmöbel, Bettgestelle und Stechmücken. Jenseits von Afrika und der Zivilisation. Per Kanu wird eine Köchin herbeigeschippert. Auf Kerosinkocher wird uns heißes Wasser bereitet und es wird viel Tee und Kaffee getrunken. Unsäglicher Durst plagt uns. Der Fahrtwind hat uns ausgetrocknet. Trotzdem schwitzen wir wie in der Sauna.
Der Bootsführer schlägt vor, überzusetzen und das Dorf mit seinen Kunsthand-werksangeboten zu besuchen. Wir schlendern durch eine relativ große Siedlung entlang des Ufers. Die Bewohner legen ihre „Primitivschnitzkunst“ vor ihren Häusern aus, und wie wir so weitergehen, wird es vor uns wieder hingelegt. Sehr eindrucksvolle Masken, Ahnenskulpturen, Taschen, Netze, Tiere in leider viel zu unhandlicher Größe gibt es da.
Gleich geht die Sonne unter und zaubert warmes Lichtspiel auf Palmen und Hütten, während der Sepik im roten Schein glüht. Gefangen von der romantischen malerischen Stimmung fotografieren wir bis leider Film und Akku zu Ende sind. Jetzt rücken die Moskitos an und wir müssen zurück.
Beim Schein der Taschenlampe gibt es Reis und Konservenfleisch und viel Tee.
Insektenschutzmittel und Räucherspiralen helfen gegen die Plagegeister.
Bis 22 Uhr erzählen wir, und die Männer bitten um Tabak. Unter dem Moskitonetz versuchen wir in der Wärme ungewaschen und klebend zu schlafen. Unken gurren, Grillen zirpen, Mücken nerven und ein Gewitter zieht auf. Ich kriege nicht viel mit und bette meinen Kopf auf die zusammengerollte, schweißnasse Hose und schlafe!