Die Ebbe lässt uns sicher durchs Wasser waten. Die größte Hürde ist somit geschafft. Von nun an kann es beruhigt weiter gehen Richtung La Sirena. Stets begleitet von den Stimmen des Dschungels rückt das Ziel für die Nacht und die Aussicht auf einen aufgefüllten Wasservorrat immer näher. Die letzten Kilometer entlang des Strandes sind bewältigt. 800 Meter Landebahn trennen uns noch von der Station. Eigentlich für den Notfall und zur Versorgung der Ranger, lässt sich während der Nacht auch des Öfteren ein Tapir auf dieser grasigen Fläche entdecken. Im Moment zählt allerdings nur eins. Diese unendlich erscheinenden Meter überwinden und trinken. Das direkt vor den Augen liegende Ziel macht alle Strapazen sichtbar. Die Kräfte sind blitzartig aufgebraucht. Doch wir sind angekommen. Unser Ziel für die Nacht ist erreicht. Unser vorläufiges Zuhause mitten im Regenwald steht bereit. Ab jetzt heißt es erstmal entspannen, die Eindrücke der Natur aufnehmen, einfach mal genießen. Das Zelt wird auf der dafür vorgesehenen Plattform aufgebaut, ein verdientes Abendessen à la Dosen-Kombi vorbereitet und die Nacht kann kommen.

{{g_ads}}

Im Unbewussten darüber, wer oder was sich während der letzten Stunden in unserer Nähe aufgehalten hat, geht es früh morgens dann weiter. Gestärkt mit einem interessanten Müsli-Milchpulver-Mix (oder was auch immer aus diesem Pulver hervorkam), geht es los zur zweiten Etappe. 18 km entfernt liegt die Station Los Patos. Während der gestrige Weg vermehrt in Strandesnähe entlang führte, geht es heute tiefer in den Dschungel. Der bisher recht deutlich verlaufene Weg verschmälert sich um einiges. Die Natur scheint hier noch gewaltiger ihr Reich zurück zu fordern. Das Herz des Dschungels liegt direkt vor uns. Dicht bewaldet kann sich hier alles ungestört entfalten. Wie viele Augenpaare wohl in diesem Moment auf uns gerichtet sind?
Doch schon bald fordert etwas Anderes die gesamte Aufmerksamkeit. Seit einigen Momenten drehen sich meine Gedanken um ein tiefes Brummen und Stöhnen. Irgendetwas scheint sich in unserer Nähe für ein Schläfchen niedergelassen zu haben. Etwas großes. Etwas wildes. Doch was ist es und wie lang wird es noch ruhig vor sich hin brummen? Das Ächzen bleibt unverändert. Wer sich allerdings dahinter verbirgt wird uns im Verborgenen bleiben. Doch Erlebnisse wie dieses machen den gewissen Nervenkitzel der Wanderung aus. Die Phantasie wird beflügelt. Durch Unklarheiten sowie tatsächliche Beobachtungen. Die nächste Überraschung kann also kommen. Und sie lässt auch nicht lange auf sich warten. Immer dichter wird der Wald. Die Bäume selbst sind bewachsen mit allerlei Pflanzen. Der Weg wird immer schwieriger zu erkennen. Doch er ist noch da und begehbar. Allerdings nicht nur von uns. Mein Blick trifft in ein paar Meter Entfernung auf ein Pekari. Genetisch überhaupt nicht mit den hiesigen Wildschweinen verwandt, sehen sich diese Tiere doch enorm ähnlich. Auch in puncto Temperament, stehen sie unseren Waldbewohnern in nichts nach. Die erste Freude über diese Begegnung wird bald gedämpft. Es ist nicht allein unterwegs. Nach und nach versammeln sich immer mehr. Ein komplettes Rudel mit ca. 30 Tieren scheint die Bequemlichkeit des ausgetretenen Weges genauso zu bevorzugen wie wir. Jetzt heißt es abwarten.