Schließlich fahren wir auf Lehmpiste ca. 7 km weit bis zur Vakona-Lodge, die mitten im Regenwald liegt und wo wir unser heutiges Bett finden. Was für eine Überraschung! Das als großes Rondell aus Holz gebaute Restaurant liegt mitten in einem kleinen See, daran schließen sich die originellen Bungalows an. Im Restaurant verbreitet ein offener Kamin wohlige und willkommene Wärme, als uns der Willkommens-Cocktail gereicht wird. Es ist fast dunkel, als uns die Gepäckträger zu unserem Bungalow Nr. 8 geleiten, der sich als Maisonette-Bungalow entpuppt. Unten stehen zwei Betten mit Moskitonetzen, auf der oberen Etage ebenfalls. Der Blick in das Holz-Palmendach ist offen, hier fühlt man sich gleich wohl. Sogar Kühlschrank und Föhn sind vorhanden, und wir sind schwer beeindruckt. Um 18.30 Uhr treffen wir uns an der Rezeption wieder, bestellen das Abendessen und fahren dann mit unserem Bus, der von Liwa und Dida, zwei Madagassen aus Tana, gefahren wird, nach Andasibe zurück, wohl ausgestattet mit Regensachen und Taschenlampen, denn wir wollen eine Nachtpirsch unternehmen und den Mausmaki suchen, den kleinsten Lemur der Welt.

Als wir ausstiegen, war es empfindlich kühl geworden, es begann leicht zu nieseln, dann regnete es richtig, wie sich das für den Regenwald auch gehört. Ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, Tiere zu entdecken, aber die geschulten Augen unseres einheimischen Führers entdeckten bald vier braune Lemuren, die durch die Bäume sprangen. Dann fand er noch verschiedenste Chamäleons, sogar das allerkleinste konnte er aufspüren. Unglaublich, wie er diesen Winzling in völliger Finsternis und bei Regen entdecken konnte. Dann sahen wir noch winzige Frösche in Blattachsen sitzen. Zahllose Geräusche erfüllten die Nacht mit Zirpen, Pfeifen, Quaken, Wispern und dem Ruf einer Eule, dazu das Rauschen des Regens. Es war so aufregend für uns, und voller Spannung leuchteten wir mit unseren Taschenlampen jeden Baum und Strauch ab. Alleine hätten wir hier bestimmt kein einziges Tier entdeckt.

Nach zwei Stunden saßen wir im Restaurant an einem langen Tisch am offenen Kamin. Die wohlige Wärme konnten wir jetzt gut vertragen. Wir konnten meist aus zwei oder drei Menüs auswählen, und Marion und ich hatten uns für Zebu entschieden, dem wir je nach Variante verschiedene Namen gaben: Zäh-Bu, Zart-Bu, Hack-Bu, Schnetz-Bu usw. Es hat jedenfalls sehr gut geschmeckt.

Wir haben bei angenehmer Kühle gut geschlafen und hatten keine einzige Mücke. Um 5.30 Uhr hieß es aufstehen, draußen ist es kühl und neblig, und viele Frösche quaken. Unsere Reisetaschen und Rucksäcke verpacken wir in wasserdichte Säcke für die heutige Bootsfahrt und stellen sie vor unsere Bungalowtür, wo die Träger schon warten.

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Derartige Pünktlichkeit kann man nicht mal bei uns erwarten, d.h. bei uns kann man überhaupt keine Gepäckträger erwarten, es sei denn im Nobelhotel. Um 6.30 Uhr frühstücken wir doch tatsächlich zu Mozart’s kleiner Nachtmusik, ein schöner blauer Eisvogel schaut uns dabei zu und fängt sich dann mittels Stoßtauchen auch sein Frühstück im See.

Und dann machen wir uns auf zu der für mich aufregendsten und lang erträumten Entdeckungspirsch der ganzen Reise: die Suche nach den Indris im Naturreservat Périnet-Analamazaotra. Die Indris sind die größten der heute noch lebenden Lemuren und stark vom Aussterben bedroht, weil sie Nahrungsspezialisten sind und nur alle drei Jahre ein Junges bekommen. Es ist daher noch nie gelungen, sie in Zoos zu halten, da man die Vielfalt der benötigten Pflanzen nicht liefern kann. Der Indri ist etwa 70 cm lang und hat ein wunderschönes, schwarz-weißes Fell, große Flauschohren und herrlich leuchtende, grüne Augen, ausserdem einen Stummelschwanz. Sein besonderes Merkmal ist sein durchdringender Schrei, der kilometerweit zu hören ist. Dieser Schrei oder auch Ruf oder Gesang genannt, dient der Revierabgrenzung gegenüber anderen Indri-Gruppen aber auch dem Familienzusammenhalt, denn der Indri lebt in kleinen Familienverbänden in Einehe. In diesem intakten und geschützten Regenwald von Andasibe soll es noch ungefähr 250 Tiere geben, und wir hoffen, wenigstens einige davon zu Gesicht zu bekommen. Gott sei Dank ist der Indri mit einem Fady belegt, so dass er wenigstens nicht auch noch wie andere Lemuren von den Einheimischen gejagt und verspeist wird. Ein Fady ist ein Verbot, mit dem alles und jedes belegt werden kann. An diese Verbote halten sich die Madagassen.