Doch was sich in diesem Moment vor mir abspielt, erscheint mir schnell noch faszinierender. Am Wasserloch stehen bereits die Giraffen. Sie befinden sich genau auf der anderen Seite der runden Wasserstelle, und eine beugt sich nun hinunter, um ihren Durst zu löschen. Doch bevor sie ihren grazilen langen Hals nach unten senkt, rückt sie, etwas umständlich, ihre ebenfalls langen Vorderbeine zur Seite, um überhaupt an das tiefer liegende Wasser zu kommen. Dann trinkt sie und trinkt. „10, 9, 8, 7, 6...“ zählt meine Banknachbarin Alice fast unhörbar mit, und dann, als sie gerade „eins“ sagt, springt die Giraffe, mit dem Schwung ihres hinaufschwingenden Halses, mit den Vorderbeinen zusammen. Eine Weile später wiederholt sie dieses faszinierende Schauspiel. „Wenn sie länger unten bleiben würde, bekäme sie einen Herzinfarkt“. Die anderen beiden Giraffen tun es der ersten nach, und nach mehrmaligem Senken und Aufspringen ziehen sie wieder ab in die verschluckende Dunkelheit im Hintergrund.
 
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Von dort tauchen in diesem Augenblick zwei Nashörner auf – Spitzmaulnashörner, wie Frau Glaue weiß – die nicht lange zögern und selbstbewusst ins kühle Nass hineinstapfen. Verschiedene kleinere Tiere wie einige anmutige großohrige Kudus und wunderschöne Zebras sind auch dabei zu trinken, binden aber, wie auch bei der Safari am Tag zuvor, unsere Aufmerksamkeit nicht so sehr wie die „Big Five“ Afrikas, zu denen das Nashorn bekanntlich gehört. Die Nashörner sind jetzt bis zur Mitte ihres Oberkörpers im Wasser und trinken sich satt. Das eine hat nach einer Weile genug und zieht sich an das sandige Ufer zurück, das andere fühlt sich in dem kleinen See offensichtlich sehr wohl und bleibt. Das kommt nicht bei allen gut an, denn inzwischen haben sich einige Elefanten genähert, sechs an der Zahl, die majestätisch und leise in einer ordentlichen Reihe an das Ufer spazieren. Der größte von ihnen, wohl der Leitbulle, steht vorne und trompetet das Nashorn nachdrücklich an: ein Zeichen, dass es nun an der Zeit sei, zu gehen. Das Nashorn jedoch bleibt unbeeindruckt in der Mitte des Sees stehen, den Elefanten das Hinterteil zukehrend, und taucht sogar kurz noch einmal ein. Der Elefant saugt nun seinen Rüssel mit etwas Wasser voll und sprühte es ungeduldig in Richtung Nashorn. Wir Beobachter vom Rande können nicht anders als darüber zu kichern und müssen sehr aufpassen, dass kein schallendes Gelächter daraus wird, um dieses Schauspiel nicht zu beeinflussen. Nach wie vor ist es beeindruckend still. Nach einigen Minuten nervlichen Tauziehens räumt das Nashorn schließlich das Feld, wohl ahnend dass sein spitzes Horn die Überzahl der Elefanten nicht wettmachen könnte. Ohnehin herrscht hier fühlbar das Gesetz, dass das Wasserloch zwar ein Ort der Provokation sein kann, doch dass man sich sonst besser in Frieden lässt. Die Elefanten laben sich am Wasser, ihren praktischen Rüssel immer wieder mit Wasser gefüllt zum Mund führend.