"Ja, eine Nacht später." "Der Zug fährt morgens nicht direkt von Bulawayo nach VicFall weiter?" fragt mein Mann zunehmend entgeistert. Nein, das sei nicht so, erklärt der Mann uns Außerirdischen, der Zug führe immer abends von Bulawayo, um im Morgengrauen in VicFall zu sein. Es sei doch nur ein Tag Aufenthalt. Ein einziger. Seit diesem Moment kann ich mir lebhaft die Gefühle der Touristen vorstellen, die irgendwo in Afrika mit Müh und Not eine Tankstelle erreichen - weit und breit die einzige - und vom Tankwart freundlich begrüßt werden. Er freue sich, sie zu sehen, meine er, und das Benzin komme voraussichtlich auch schon in der nächsten Woche! Was haben wir vor diesem Hintergrund für ein Glück, dass überhaupt ein Zug fährt und uns sogar mitnimmt! Unser Mittagsschlaf macht sich schlichtend bemerkbar. Morgen wird sich schon ein Weg finden, um schneller nach VicFall zu kommen.
 
{{g_ads}}
"Schnell, schneller, am schnellsten"- diese Phobie scheinen die Afrikaner wirklich nicht zu kennen. Wenn sie so in der Sonne sitzen und vor sich hin sinnieren, still in sich versunken, scheint die Zeit einen großen Bogen um sie zu machen. Aber kurz vor Zugabfahrt hallt der Bahnhof vor lauter reger Geschäftigkeit. Gepäckstücke werden durchs Fenster geschoben, Bettzeug durch die Tür gequetscht, Abschiedsszenen auf dem Bahnsteig, Händchen halten am Fenster. Unser Abteil hat noch nicht einmal einen Schimmer der versprochenen Holzvertäfelung, dafür gummierte Sitze, die vermutlich den Schweiß Hunderter summiert haben. So riechen sie jedenfalls. Der Zug ruckt mühsam an, um nach fünf Minuten quietschender Fahrt wieder zu halten. Uns ist nun klar, warum er so lange braucht. Wenn nur das Schienenbett tatsächlich immer zwei Schienen hat (manchmal klingt es fast so, als suche er die zweite), mag uns das nunmehr egal sein. Und im Urvertrauen darauf schlummern wir ein, gut verrammelt im Übrigen, denn der Schaffner (es gab einen!) mahnte uns, Tür und Fenster fest verschlossen zu halten. Erst dem Kaffeebringer am Morgen öffnen wir wieder. Den "Kaffee" kann auch auch unser Töchterchen trinken. Es ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als heißes Wasser und Zichorchie - der Kaffeersatz, den wir schon aus Südafrika kennen. Bulawayo empfängt uns kühl, obwohl ich die Montur mancher Afrikaner für etwas übertrieben halte: Bei ca. 10° -12 °C muss ja nicht gleich eine Wollmütze sein.