Es ist wieder Sonntag, der 5.8. Der Regen hat aufgehört, aber es ist verdammt kühl geworden und ziemlich frierend frühstücken wir. Dann fahren wir bis kurz vor Ulan Bator zum Dschinggis Khan-Camp. Hier wurde 1991/92 ein Monumentalfilm über das Leben Dschinggis Khans gedreht mit tausenden von mongolischen Statisten. Die Kulissen hat man als Museum stehengelassen, und die sind wirklich sehenswert. Fahrbare Jurten stehen dort, große Holzstelen und kleinere Wagen und dann auch die riesige, prächtig ausstaffierte Palastjurte, in der wir uns um den schönen heißen Ofen scharen und Kaffee bestellen. Zu unserem Entsetzen stellen wir fest, daß in den Jurtenstangen Hunderte echter Schneeleopardenfelle stecken zur Dekoration. Dabei sind diese Tiere akut vom Aussterben bedroht. Wir können gar nicht glauben, daß man soviele Tiere geschossen hat für diesen Zweck. Als wir schließlich die Jurte verlassen, scheint auch die Sonne wieder und wärmt uns auf. Schnell sind wir wieder in Ulan Bator und haben nun Freizeit. Die Koffer für die Heimreise müssen gepackt werden und gegen eine letzte Dusche spricht auch nichts. Die ist zwar wieder eiskalt, aber immerhin bin ich sauber und frisch geworden. Danach laufe ich alleine in die Stadt und finde auch auf Anhieb das österreichische Café, das Martin uns beschrieben hatte. Mir schien das eine gute Einstimmung auf Europa zu sein, und andere dachten wohl das gleiche, denn Susanne und Martin jr. und Toor, die Tochter unseres mongolischen Begleiters, waren auch schon dort. Es gab guten Kaffee und Kuchen und deutsche Zeitungen, die mich jedoch überhaupt nicht interessierten. Ich hatte drei Wochen lang keine Zeitung, kein Radio und schon gar kein Fernsehen vermißt, sondern statt dessen die Freiheit von all diesen vermeintlichen Unentbehrlichkeiten genossen.

 

Wir laufen den Bahnsteig und eine Straße rauf und runter und lungern dann im Zug herum. So hatten wir uns die aufregende Fahrt in der Transsib weiß Gott nicht vorgestellt. Endlich kommt ein Zug an, der unseren Waggon ins Schlepptau nimmt. Hier sind auch noch weitere Fahrgäste in unseren Waggon eingestiegen. Ein wunderschöner junger Russe ist darunter, dunkelhaarig und dunkelhäutig und mit einem herrlich trockenen Profil. So stelle ich mir einen Balletttänzer oder einen sensiblen Schauspieler oder Musiker vor, aber vermutlich bekommt dieser junge Mann nie eine Chance dazu.

Und dann kommen auch die Zöllner und verlangen ein Formular nach dem anderen, es gibt Stempel um Stempel, und irgendwann ist auch das vorbei, und unser Zug setzt sich doch tatsächlich wieder in Bewegung. Aber nach kurzer Fahrt hält er wieder, fährt wieder ein paar Meter, hält wieder. Es ist nervig. Endlich sehen wir den Grenzzaun zur Mongolei und kurze Zeit später halten wir in einer Stadt, in der mongolische Grenzbeamte einsteigen und ebenfalls diverse Deklarationen wollen und uns die gewünschten Stempel verpassen. Inzwischen ist es wieder Nacht geworden, als wir endlich wieder weiterfahren. Irgendwo, vermutlich in Darchan, halten wir, und ein großes Palaver beginnt. Dutzende von Mongolen wollen Tugrik in Dollar tauschen oder uns was verkaufen. Eine alte Oma hat frisch gemachte Hammel-Teigtaschen dabei, und Martin kauft sich eine Portion. Ich beiße mal rein, und auf den ersten Bissen schmecken die wirklich gut. Leider bleibt der gräßliche Hammelnachgeschmack, den ich nur mit Wodka loswerde. Mein Quantum Wodka habe ich auf dieser Reise für Jahre erfüllt! Und den Traum von der Transsibirischen Eisenbahn habe ich auch endgültig ausgeträumt. Mir ist schleierhaft, wie manche Leute mit Begeisterung die elf Tage von Moskau nach Wladiwostok oder Peking fahren können. Das würde ich nicht mal geschenkt machen.