Teil 2: In der Wildnis der Feuerberge
 
Vulkanische Urlandschaft
 
Von ganz anderer Qualität sind unsere Eindrücke in der nicht weit entfernten Urlandschaft, die in dieser Form erst 1912 entstand: die mondähnliche Vulkanregion des Mount Katmai, der vor einem knappen Jahrhundert einen so gewaltigen Kollaps bekam, dass man seinen Ausbruch zu den heftigsten seit Menschengedenken zählt. Es gab nur wenige Augenzeugen, die das Inferno aus 30 Kilometern Entfernung als eine Art Weltuntergang wahrnahmen. Kaum vorstellbar, welch verheerende Folgen die Eruption in besiedeltem Gebiet nach sich gezogen hätte, und doch vorstellbar, wenn man vom “Three Forks Overlook” ins „Tal der zehntausend Rauchsäulen” blickt.
 
{{g_ads}}
 
Wir erreichen diesen Aussichtshügel nach 35 Kilometern holpriger Fahrt in einem klapprigen Geländebus – und verstummen. Unter uns erstirbt das Pflanzenkleid, weicht einer rahmgelben Aschenwüste, deren einförmiger, 25 Kilometer langer Verlauf lediglich durch vier schluchtartige Flusskerben unterbrochen wird.
Es muss ein gleißender Glutstrom gewesen sein, der sich damals mit atemberaubender Geschwindigkeit durch das Tal ergoss, so dünnflüssig, dass die weiß glühende Ignimbrit-Lava hunderte von Metern an den seitlichen Berghängen emporschwappte, alles restlos verschluckend, was bis dahin topografische Realität war: fossile Erdschichten aus der Jurazeit, fruchtbarer Boden mit üppiger Tundra- und Urwaldvegetation, Flüsse, Bäche, Tümpel und alles, was an tierischer Vielfalt dort lebte. Man hat ausgerechnet, dass etwa 4 Millionen Kubikkilometer feurigen Gesteins aus einer riesigen Magmakammer ausgespieen wurden. Allein das Tal wurde zum Teil über 200 Meter dick zugegossen. Die Detonation hörte man noch in der über 1200 Kilometer entfernten Hauptstadt Juneau.