Schutzhütte am „Ende der Welt”
 
Es dauert Stunden, bis wir die einzige Stelle erreichen, wo der Lethe überhaupt zu überqueren ist, eine unumgängliche Notwendigkeit auf dem Weg zu unserem Ziel. Vorher noch war eine Gewichtszunahme des Gepäcks unvermeidlich: an jener mit Karte und Kompass genau ermittelten Stelle, wo wir zum letzten Mal Trinkwasser zapfen können, das aus dem braunen Hang herabsickert. Der ohnehin schon heiße Tag – eine Seltenheit auf der oft von Stürmen heimgesuchten Alaska-Halbinsel – erscheint uns dadurch noch drückender.
Ein steiler Anstieg lässt uns dem dunklen Punkt näherkommen, den wir schon von weitem ausmachen konnten. Es ist das „Katmai Hilton”, wie ein Witzbold auf das Hüttenbuch geschrieben hat, eine Ansammlung von drei fensterlosen Bretterbuden am Hang des 1300 Meter hohen Baked Mountain, die ursprünglich einmal Vulkanforschern als Unterkunft gedient haben.
 
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Auf dem Weg zur Hexenküche
 
Das strahlende Wetter, das uns hier im Kranz der blendend weiß vergletscherten Vulkane beschert wird, kann gar nicht genug gewürdigt werden, und wir kommen bald dahinter, dass die Wolken über den Gipfeln gar keine echten sind, sondern helle Rauchfahnen aus den qualmenden und gleichzeitig vereisten Schloten von Mount Griggs, Mount Mageik, Mount Martin und Mount Trident. Kein Wunder, die letzten Ausbrüche waren 1969 – für Geologen sozusagen gestern.
Natürlich lockt uns die Sonne weiter in das Zentrum der Hexenküche, deren komplizierte Arbeitsweise wir vom Gipfel des „gebackenen Berges” überschauen können. Da erhebt sich links von uns der mit ewigem (?) Eis bedeckte Katmai, der 1912 zunächst seinen kegelförmigen Gipfel in die Luft sprengte, Asche und Lava in solchen Mengen von sich warf, dass schließlich die entleerte Magmakammer einbrach, der gesamte übrig gebliebene Gipfelaufbau hineinstürzte und den gähnenden Schlot verstopfte. Ein Kratersee von 5 Kilometern Durchmesser war das Ergebnis dieser plutonischen Kräfte. Der Druck im Erdinneren jedoch war noch nicht erschöpft. Der Glutfluss suchte sich einen anderen Weg, eine Schwachstelle an der Flanke des Berges, und explodierte erneut. Von hier aus raste der Lavastrom zu Tal, fast 30 Kilometer weit, eine Schneise der Verwüstung hinterlassend.