15.08.2000
Böser Morgen! Jürgen hat in der Nacht schlimme Koliken gehabt und arg gelitten. Er muß mit dem Guide Anton nach Tari ins Hospital absteigen. Der gute, umsichtige, alte Huli, den ich so sehr mag, geht mit. Für uns drei laufen die Vorbereitungen für Sing-Sing. Beim Schminken dürfen wir zusehen. Derweil scharen sich Kinder und Frauen um uns. Herbert schenkt und zeigt Deutschland auf Postkarten, die gleich wie Reisepässe gehandelt werden. Weil wenig Platz auf dem Balken vorhanden ist, setzt sich Petra auf meinen Schoß. Das ist eine aufsehenerregende Sensation und die Frauen bedeuten, daß es ungehörig ist.
Die Zeremonie beginnt: Trommelklänge, grelle Farben, aufwendiger Paradiesvogelfederschmuck; Ketten aus Perlen, Knochen, Zähnen, Hörner, Pflanzen, Blätter, Blüten und die gigantischen Perücken aus geflochtenen Menschenhaaren. Bemalte glänzende Körper springen im rhythmischen Takt auf und nieder vor einer Kulissse qualmender, geblichener Schilfhütten und exotischer Pflanzen. Schließlich hüpfen wir mit, und alle freuen sich riesig. Es herrscht Fröhlichkeit in der Siedlung. Kleine Geschenke werden so dankbar entgegengenommen, Hände schütteln, „Acheme“, „Thank you“....
Leider müssen wir weiter. Die nächste Herberge ist die Lakwanda Lodge. Sie war bis jetzt belegt, so mußte in diese Villages ausgewichen werden. Es war ein Glücks-umstand. Vor 1 ½ Jahren war einmal ein ZDF-Team hier, sonst verirren sich keine Weiße in diese Gegend. Somit haben sich Ursprünglichkeit und Unverdorbenheit bis heute erhalten.
Unsere großen Rucksäcke werden von Einheimischen getragen, viele begleiten uns und natürlich die Kinder. Winken, Händeschütteln, Winken, da kommt noch der kleine braune Nackedei mit den großen schwarzen Augen, nimmt mir den Stock und schiebt beim Laufen seine kleine Hand in meine.
Die ganze Bande freut sich kreischend, wie wir auf den schlammigen Lehmhängen abwärts rutschen, während sie barfuß flink auf der Pampe schlittern.

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Meistens geht es im knöcheltiefen Schlamm vorwärts, über Bäche und Gräben, einen Baumstamm als Brücke geschlagen. Das Sohlenprofil ist zugesetzt. Es regnet, diese Abkühlung stört nicht. Die Begleiter hüpfen in ihren Blattröckchen, mit Machete, Bogen und buntem Regenschirm bewaffnet, um uns, geben Hilfestellung bei schwierigen Passagen, lassen keinen aus den Augen.
Wir sind immer noch gefangen von dem Erlebten, von der überwältigenden Herzlichkeit, welche uns immerzu entgegengebracht wird.
Der Treck schlittert in ein weites Tal und steht vor dem strömenden Tagarifluß. Wie weiter? Doch da gibt es eine Fähre aus vier zusammengefügten Stämmen und in Etappen werden Mensch und Bagage hinübergeschippert.
Bis ich an der Reihe bin, versammeln sich sofort eine Menge Kinder. Mit Herumkaspern ist man sogleich mittendrin im Getümmel. Die Erwachsenen mahnen mit einem ruhigen Wort und die Bande ist vorzeigefähig.
Vom Fluß aufwärts ist nur ein wadentiefer Schlammgraben begehbar. Welchen Strapazen allein schon die Stiefel ausgesetzt sind!