Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv
 

Einige liefen zu Fuß den Berg hinab bis zum Eingangstor, andere fuhren mit dem Bus hinunter und warteten dort. Ich habe unten einige Geierfedern gefunden, die ich mitnahm. Gleich kam ein alter Mann an und wollte ein Bakshish dafür. In Indien muß man für alles und nichts ein Bakshish zahlen, das kann einem nach einer gewissen Zeit unheimlich auf die Nerven gehen. Oder aber man bekommt ein dickes Fell und ignoriert die ausgestreckten Hände. Manchmal wird man aber auch ganz schön wütend, wenn die Bettler und Händler gar zu aufdringlich werden, zumal die Geduld durch Hitze und Durst und womöglich Durchfall ja sowieso ziemlich strapaziert ist. Ich jedenfalls mochte keinen Tempel und keine Bettler mehr sehen und verzog mich in den Bus, der für uns wie eine Burg war.

In Gwalior übernachteten wir vor dem ehemaligen Maharadschapalast, der noch gut erhalten war und nun als Hotel diente. Auf dem schön gepflegten Rasen vor dem Palast lagen tatsächlich dicke Wasserschläuche, die den Rasen und die Pflanzen ringsherum bewässern sollten. Was für eine Verschwendung! Alle stürzten sich wie Verdurstende auf die Kellner und riefen nach Bier und Sprudel. Die beiden gemieteten Zimmer waren gleich belegt mit Reisetaschen und verschnaufenden und pustenden Reisenden, die darauf warteten, mit dem Duschen an die Reihe zu kommen. Wieviel Wasser wert ist, hat wohl jeder auf dieser Reise für den Rest seines Lebens gemerkt.

Anschließend saßen wir wohlversorgt mit kühlen Getränken vor dem Maharadschapalast und genossen. Unsere Clique bestand inzwischen aus sieben Personen, und es herrschte ein herzlicher Ton. Wir nahmen es daher nur unwillig hin, daß sich einige der ungeliebten Reiseteilnehmer zu uns setzten, und als dann auch noch eine, die wir ihrer unsympathischen Stimme wegen die Blechbüchse nannten, gegen unsere Lissi eine taktlose Bemerkung fallen ließ, haben wir sie massiv abgeblockt, und sie hat sich nie wieder bei uns angebiedert. Im Laufe der Reise haben sich die, die wir als unmöglich fanden, ebenso zusammengefunden wie die, die wir nett fanden nach dem Motto: gleich und gleich gesellt sich gern. Jedenfalls hatten wir viel Spaß in dieser Runde, und ganz sicher trifft man nicht auf allen Reisen soviele nette Leute.

 {{g_ads}}

Franz hatte inzwischen die Bordküche angeschmissen und eine sehr leckere Kräutercremesuppe hervorgezaubert, die wir alle mit Appetit löffelten. So langsam hatten wir uns das zünftige, legere Leben gewöhnt, und es gefiel uns sehr, mal eine Weile lang keine Verantwortung zu tragen. Und immer abends, wenn es kühler wurde, fanden wir diese Form des Reisens ganz toll. Wenn das bloß tagsüber auch immer so wäre!

Wir hockten noch eine Weile unter freiem Himmel, sahen die vielen Sterne und überlegten dabei krampfhaft, wie wir die Nacht am besten verbringen könnten und wo. Keiner wollte in die heiße, muffige Koje, aber gegen Mitternacht mußten wir doch wohl oder übel hinein. Die Moskitos machten uns trotz Autan wieder ganz fertig, und die ganze Nacht lärmten irgendwelche verfluchten Vögel und sonstige Viecher.

Dementsprechend gerädert standen wir gegen 5.00 Uhr auf. Da waren die Temperaturen noch sehr angenehm. Nach dem Waschen und Zähneputzen mit desinfiziertem Wasser gab es wieder um 6.00 Uhr Frühstück wie üblich mit Toastbrot und Tee, und die Geier auf den Boddhi-Bäumen ringsherum sahen uns dabei zu. Dann starteten wir zu der anstrengendsten und zermürbendsten Fahrt der ganzen Reise. Dieser Tag zwang alle in die Knie, und wer noch keine 44 im Schatten erlebt hat, kann sich nicht vorstellen, wie wir geschwitzt und gelitten haben.

Nach dem Start kamen wir also erstmal in das Hochland des Dekkan, eine fruchtbare Gegend, in der massenhaft malvenartige Blüten zu sehen waren. Welch ungewohnter, schöner Anblick! Dann entdeckte Veronika einen persischen Brunnen oder auch persisches Rad genannt. Ein Dromedar oder ein Büffel läuft im Kreis und fördert so über ein Zahnrad becherweise (nicht eimerweise!) das Wasser aus dem Brunnen. Dem Zugtier werden die Augen verbunden, damit es vom ewigen Kreislaufen nicht irre wird. Eine Schinderei ist das aber schon, und das arme Tier tat mir leid. Einige kleine Jungen kamen auch gleich wieder an, und der eine hatte sich aus Lehm einen kleinen Karren gebastelt, der tatsächlich rollte. Für ein Bakshish konnten wir das Spielzeug mitnehmen, und es wurde unser originellstes Reiseandenken.