Nach einem herrlichen Sonnenuntergang sitzen wir noch eine Weile zusammen und dann sucht sich jeder in den umliegenden Hügeln ein WC. Wir sollen darauf achten, die Landschaft so unversehrt zu verlassen wie wir diese vorgefunden haben, und die meisten halten sich auch daran. Manchmal wird das aber schwierig, wenn weit und breit kein Stein vorhanden und der Boden hart ist, aber im Laufe der Zeit wird man erfinderisch. Das Kapitel Freiluft-WC ist ein Thema für sich. Wenn oftmals weder ein Hügel und schon gar kein Strauch oder gar Baum, sondern nur platte Steppe vorhanden ist, wird es für die Frauen doch manchmal recht schwierig, sein Geschäft zu verrichten, da haben es die Männer eindeutig einfacher. Es bleibt einem nur ein ziemlich weiter Weg hinaus in die Steppe....

Der nächste Morgen ist wieder strahlendschön, klar, frisch und sonnig, und wir haben gut geschlafen und begrüssen guter Dinge den neuen Tag. Kaum sitzen wir in dieser herrlichen Kulisse beim Frühstück, galoppiert eine große Pferdeherde direkt an uns vorbei und der Hirte reitet hinterdrein. Weiter im Hintergrund läuft die nächste Herde. Und alle laufen frei, es gibt wahrhaftig nirgends Zäune. Wo gibt es solche Freiheit sonst? Ich kann das gar nicht glauben und muß mir immer wieder sagen, daß ich wirklich und tatsächlich mitten in der Mongolei bin und nicht träume.

 

Im Hotel haben wir dann zu Abend gegessen und sind dann zum ersten Mal in unsere Kojen gekrochen. Ich hatte dieses Mal „2 oben", das bedeutet, ich hatte vom Eingang aus gesehen die oberste Koje in der zweiten Reihe.

Der nächste Morgen empfängt uns mit Sonne und angenehm frischer Luft. Wir bauen die Klapptische und -hocker auf und nehmen das erste Rotel-Frühstück ein. Um 8.00 Uhr fahren wir los, und Martin teilt uns die Startkilometer mit 423.442 mit. Soviel ist dieses Fahrzeug in 7 Jahren gefahren, aber es sieht älter aus. Ich hatte es auf mindestens 15 Jahre geschätzt, aber es hat auch verdammt viel aushalten müssen.

Wir besuchen zuerst das Gandankloster in Ulan Bator, das ist eine große und die wichtigste Klosteranlage der Mongolei. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde die Mongolei vom „großen Bruder" in die Freiheit entlassen und damit wurde auch die Ausübung des bis dahin unterdrückten Buddhismus wieder möglich. Viele Klöster sind von den Kommunisten bis auf die Grundmauern zerstört worden, und die Mongolen sind nun dabei, die wichtigsten Klöster zu restaurieren bzw. wieder aufzubauen. Dieses Gandankloster ist bereits fertig erstellt, und für mich war es das schönste und beeindruckendste Kloster, das wir gesehen haben. Das lag auch daran, daß es wieder mit Leben erfüllt ist und wieder Mönche ausgebildet werden. Sie werden auch medizinisch geschult und wirken dann als Sanitäter und Ärzte im ganzen Land. Für mich sehen diese kahlgeschorenen jungen Männer und Kinder in ihren dunkelroten Gewändern sehr schön und interessant aus. Im Hauptgebäude der Klosteranlage steht ein 26,5 m hoher Buddha, dessen Original von den Sowjets vermutlich nach Russland verschleppt wurde. Dieser nachgebildete Buddha besteht aus Beton, Stahl und diversen anderen Materialien und hat eine Goldauflage, er sieht sehr beeindruckend und ehrfurchtgebietend aus. In diesem Klosterraum befinden sich Aberhunderte von kleineren Buddhafiguren, Seidenbildern (Tankas) und vielen religiösen Gegenständen, Masken und Holzkassettenbildern an der Decke. Im übrigen sehen die Klöster alle mehr oder weniger gleich aus, und es würde im Rahmen dieses Berichtes zu weit führen, Details zu beschreiben. Überall auf dem Klostergelände fliegen Hunderte von Schwalben durch die frische Luft, und es mutet seltsam an, in diesem fernen, so fremden Land die vertrauten Schwalben vorzufinden.