Die allerletzte SMS seiner Liebsten liest er an diesem herrlichen Novembermorgen in Kathmandu am Tribhuvan International Airport. In unueberhoerbaren Grossbuchstaben schreibt ihm seine Ellen: „KOMM SOFORT ZURUECK! - BITTE!! - ICH LIEBE DICH!!!“

So viele Ausrufungszeichen hat sie ihm ja noch nie in einer einzigen SMS geschrieben. Er besteigt mit zwoelf aeusserlich unerschrocken wirkenden Abenteurerinnen und Abenteurern die winzige zweimotorige Twin Otter. - „Made in Switzerland“ steht beruhigend und in unuebersehbar grossen Lettern vorne drauf. Dieses mechanische Ding sollte also doch etwa so zuverlaessig funktionieren wie ein Schweizer Uhrwerk. Er ist irritiert ueber Ellens Angst um ihn und schaltet zu seiner und der anderen Fluggaeste Sicherheit das Handy vorsichtshalber aus.

So sind die Vorschriften im internationalen Flugverkehr.

Daran muss auch er sich halten.

Liebe hin oder her.

Es ist wunderschoen. Unter ihnen liegen kleine Siedlungen von jeweils zehn oder zwanzig Ziegelhaeusern auf den 3.000 Meter hohen Huegeln. In die steilen Berghaenge des Vorgebirges sind kunstvoll unzaehlige Terrassen mit maisgelb und reisgruen schimmernden Feldern angelegt. Hier wachsen und gedeihen Mangos, Bananen, Orangen, Zitronen, Aepfel, Moehren, Mais, Reis, Weizen, Hirse, Gurken in allen Groessen und Formen, Auberginen und vieles mehr. Das weitraeumige Kathmandutal ist ein warmes, fruchtbares und immergruenes Tal.

Mit leichtem Ohrensausen, aber schwerem die Ohren betaeubendem und nur durch einen Wattepfropfen etwas gedaempften Fluglaerm der Twin Otter, befinden sich die 12 deutschen Nepal-Abenteurer in dieser Nussschale mit Fluegeln auf dem windigen Weg nach Lukla, 2.800 Meter ueber dem Meer am verheissungsvollen und lange ersehnten Tor zum Mount Everest, dem hoechsten Berg der Welt. Immerhin hat dieses Ding zwei Motoren. Wenn da mal einer ausfaellt ist das ja noch kein Unglueck. Ein Stubenhocker war er ja sowieso noch nie. Das sollte seine Ellen nach sieben gemeinsamen und gluecklichen Jahren eigentlich wissen.