Also machen wir uns im nächsten Wäldchen breit, stellen unser Gepäck auf Buchenlaub. Augenblicklich umsurrt uns ein Mückenschwarm. Zum Glück haben wir noch Mückenspray aus Kanada in unserer Ausrüstung. Die mecklenburgischen Plagegeister sind von dem Gift aus Übersee schockiert und wir haben unsere Ruhe. Auf den Feldern rings um unser Wäldchen beginnt gerade die Ernte. Wir sind 93 km geradelt und schlafen so schnell ein, dass wir nicht mehr merken, wann die Mähdrescher Ruhe geben. Gegen Morgen wache ich von einem Geräusch auf. Es ist so gleichförmig rauschend und einschläfernd. Ich möchte nicht aus meinem Schlafsack kriechen. Es ist der Zustand, den man als Camper und Radfahrer am meisten verwünscht. Es ist Regen. Die Bauern kannten den Wetterbericht.
Mit nassem Zelt in der Packtasche starten wir in unseren dritten Urlaubstag. Es ist kühl, regnet jedoch nicht mehr. Schon recht früh, der Bäcker hat gerade geöffnet, sitzen wir in Altentreptow auf dem Marktplatz. Die nette Verkäuferin hat nichts dagegen, dass wir Kaffee und Berliner mit auf die Marktplatzbank nehmen. Unsere Radfahraktion findet sie mutig. Nach dem obligatorischen Frühstück machen uns auf den Weg nach Friedland. Als wir dort ankommen, ist der Himmel fast schwarz und wir schaffen es gerade noch unter ein altes Stadttor.
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Ein einheimischer Radfahrer wartet hier mit uns auf besseres Wetter. Er empfiehlt uns die gut asphaltierte Route über Ferdinandshof und Pasewalk zum Oder-Neiße-Radweg. Warum nicht auf einen erfahrenen Radler hören. Als der Regen nachlässt, düsen wir nach Ferdinandshof. Die Strecke fährt sich gut, fast keine Steigungen, viele Wasserläufe. Ein Schild „Otternwechsel“ zeugt von intakter Natur. Wir halten an, doch Ottern lassen sich nicht blicken. Ferdinandshof erinnert uns an längst vergangene Tage, nur ein Supermarkt verrät die postsozialistische Zeit. Leider finden wir nur die Bundesstraße nach Pasewalk. Der Asphalt ist gut, die Überlebenschance auf einem Fahrrad gering. Wir müssen doch wieder unsere Karte zu Rate ziehen und werden in Zukunft nicht mehr auf Radfahrer hören, die wohl kaum ihre Scholle verlassen. Zum Glück finden wir bald einen Abzweig. Die wenig befahrene Straße mit Radweg bringt uns nach Torgelow. In der Tourist-Information lassen wir uns den kürzesten Weg zum Oder-Neiße-Radweg beschreiben. Unsere nächste Station soll Pampow sein, direkt am Radweg an der polnischen Grenze gelegen. Dort wohnen Freunde, sie erwarten uns und lassen sich überraschen, wann wir auftauchen. Doch ein paar km haben wir noch vor uns. Deshalb halten wir uns hier nicht lange auf, fahren aus Torgelow raus, km-weit an Kasernen vorbei und nähern uns dem ersehnten Radweg. Je dichter wir unserem Tagesziel kommen, desto dunkler wird der Himmel. Kurz vor Rothenklempenow hat uns eine Regenfront fast eingeholt. Wir düsen so schnell wir können, sind gerade im Ort, da prasseln die ersten Tropfen auf uns nieder. Ein rettendes Buswartehäuschen ist nicht in Sicht. Werner entdeckt eine leere Garage, fährt rein, als wenn er hier schon immer wohnt. Ich schaffe es in letzter Minute. Wir stehen trocken und warten. Entweder scheucht uns der Hausbesitzer weg oder kocht uns einen Kaffee. Aber anscheinend bemerkt er uns nicht, ist vielleicht gar nicht zu Hause - nichts passiert.