Um 17:30 Uhr bewegen wir uns weiter durch die Vergangenheit. Leute legen weite Wegstrecken auf natur belassenen Pfaden entweder zu Fuß oder auf Pferdefuhrwerken zurück. Große schwarze Vögel sehen sich das Geschehen an diesem sonnigen Tag von hoch oben an: Kühe, weiße Gänse, Ziegen, Hunde säumen die Wegränder. Schweine und Hühner halten sich im Freien auf… hin und wieder taucht ein altes Auto auf und hinterlässt eine riesige Staubwolke. Der Zug hält nun öfter. An den Stationen kommen immer wieder Frauen und Kinder vorbei, die versuchen Zwetschken, Äpfel, Fische oder kunstvoll geflochtene Knoblauch- und Zwiebelketten zu verkaufen. Wir kaufen Zwetschken. Diese werden uns aus einem Eimer gleich direkt auf unsere Bank geleert – die saftigen süßen Früchte sind für uns ein Gruß von draußen, von der Landschaft, die wir mit unseren Augen und Kameras aufsaugen, aber nicht berühren können. Die Symbiose zwischen Mensch und Natur wird sichtbar. Der Mensch ist Teil der Natur. Hier scheint es keine Gegend zu geben, die der Mensch nicht berührt hat. Da, wo wir uns bewegen gibt es ein sichtliches Miteinander – bis zur Abenddämmerung, wo wir wieder vermehrt Menschen sehen, die sich von der Feldarbeit in Richtung Dorf bewegen.
 
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4. Tag
1:00 Uhr früh: Grenzkontrolle bei Stolin (Ukraine: Ausreise). Was ist hier los? Die Zollpapiere werden abgenommen und der Zug fährt ab. Einer unserer russischen Begleiter wischt sich den Schweiß von der Stirn und bläst die angehaltene Luft erleichtert aus. Warum wohl?
2:35 am Morgen: Einreise in Weißrussland – kurze Kontrolle. Wir fahren weiter durch eine dunkle, geheimnisvolle Landschaft. Hin und wieder lassen sich in matter Beleuchtung eine Ebene mit wenigen Hügeln ausmachen sowie ärmliche Dörfer und reparaturbedürftige Bauten. Frühmorgens machen sich klapprige Fuhrwerke mit Ochsengespann auf den Weg zu den Feldern. Zunehmend geschäftiges Treiben: leere Jutesäcke werden mit Kartoffeln gefüllt; an so einem schönen Tag muss die Heuernte eingebracht werden. Wie einst bei uns helfen große Gruppen von Leuten zusammen. Während sie die Holzrechen rhythmisch schwingen und das Heu mit den Heugabeln hoch hieven, sieht man wie sich viele dabei angeregt unterhalten. Auch Kleinkinder sind dabei und beschäftigen sich untereinander. Das Pferdegespann hält geduldig still und ist unersetzbarer Diener dieser Menschen. Wiesen und Äcker ziehen an uns vorbei, Männer, die ihre Sensen schleifen, um dann wieder gekonnt die Wiese systematisch weiter zu mähen. Dazwischen immer wieder kleine Dörfer, die desolater aussehen als jene, am denen wir bisher vorbeifuhren.
8:30 Ausreise aus Weißrussland. Ein Beamter reißt einen Teil unseres Visums ab. Jetzt sieht es richtig zerfressen aus. Beamte kommen und gehen in verschiedenen Uniformen – Polizei, Zoll, Bahnbeamte? Endlich sind sie weg.