Ich bin spät dran. Es ist halb acht, als ich das Benleva Pub – unseren Treffpunkt – betrete und die kleine Trekkinggruppe bereits vor einigen Pint Bier und hausgemachtem Steak Pie (eine Art Goulasch) sitzt. Fast werde ich wie ein Freund empfangen und während ich meinen Rucksack neben einem dösenden Schäferhund ablege, holt mir Doris am Tresen bereits mein erstes Bier. Doris, unsere Trekking-Führerein, ist in Drumnadrochid zu Hause, wie mir die anderen sofort erzählen. Sie schwätzt mit der Wirtin, pufft deren Sohn, der auf dem Barhocker Schulaufgaben löst in den Arm und schüttelt ihren Kopf in Richtung Fernseher, wo das Nationalteam der Schotten beim EM Qualifikationsspiel verliert. „Aye, fucking shite they play“,  bellt ein zerrunzelter, untersetzter Glatzkopf vom anderen Ende der Bar und schlürft zum Rauchen vor die Tür. Ich ziehe mir mein Fleece aus, schliesse kurz die Augen und geniesse ein Wohlgefühl wie auf meinem fleckigen Sofa daheim. Für Momente wie diese reise ich mein Leben gern. Ich will dem Gedanken gerade nachsteigen, als mich Torsten, mein Nachbar, in ein Gespräch einwickelt. Torsten ist Mathematiker in irgendeinem Sonderforschungsbereich irgendeiner TU, der an jedem freien Tag so einfach, naturnah und abenteuerlich wie möglich campiert. Er ist aschblond und ein bisschen klischeehaft hager, seine Augen aber schwingen jedem Vorurteil zum Trotz. Zu meiner linken erzählt Marina, eine Polizistin mit rotgefärbten Haaren, dass ihr Mann nichts von Trekking, Abenteuer und Bergen und statt dessen mit der Tochter die Stellung zu Hause hält. Die Fränkin wirkt sympathisch, natülich und allürenlos und geht zweimal im Jahr mit ihren Wanderstiefeln fremd, heuer zum ersten Mal in einer Gruppe. Dann sind da noch Adina, eine robust wirkende Mitfünfzigerin, mit klaren, aufmerksamen Augen und ihr Lebenspartner Frank, dessen drahtiger Bart mit den Stromlinien seiner Lachfalten um Gebietsansprüche seines Gesichtes konkurriert. Wir sind also fünf, mit Doris sechs, ganz wunderbar.

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