Mit Tauchausrüstung und Unterwasserkamera schwer bepackt klettere ich über das Geländer unseres Schiffes und lasse mich ins stahlgraue Wasser gleiten. Das kalte Wasser im Gesicht und an den Händen erfrischt. Schlagartig bin ich hellwach und voller Vorfreude auf den Tauchgang. Nur mein Kopf und die Hände werden nass – der Rest ist mit einem Trockentauchanzug, „Trocki“ genannt, vor der Kälte geschützt.
Meine Tauchpartnerin ist bereits im Wasser und wartet auf mich an der Oberfläche. Auf ein Zeichen hin tauchen wir langsam ab.
Es wird still – noch stiller. Nur die gleichmäßigen, zischenden Atemgeräusche und das Blubbern der Luftblasen, die wir ausatmen, sind zu hören. Silbrig glänzend steigen sie rasch auf, dehnen sich aus, vereinigen sich zu großen und noch größeren Blasen und erreichen nach wenigen Sekunden die Oberfläche.
 
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Ich kann den Rumpf unserer „YEPAYEK“ erkennen. Die Felswand, an der sie vertäut ist, setzt sich unter Wasser fort. Wir halten auf die Wand zu und tauchen dann langsam, sehr langsam, auf 30 m ab. Wir haben es nicht eilig. Unter Wasser muss man ruhig bleiben – das ist hier in dieser schweigenden Welt oberstes Gebot.
Die Steilwand verliert sich unter uns im Dunkel. Unheimlich ist das und der Gedanke, dass diese Wand unter uns hunderte von Metern steil - manchmal auch überhängend – abbricht, trägt zu unserem großen Respekt vor dem Meer bei. Alle sind wir erfahrene Taucher, doch kein Mensch ist hier vor uns getaucht und wir sind bei aller Ruhe auch etwas aufgeregt: Was wird uns erwarten?
Mein Herz schlägt laut und deutlich. Ich höre es und spüre es im ganzen Körper.
Das Meer verdient Respekt, auch wenn es friedlich und ruhig erscheint. In diesen Regionen hat das Wasser jetzt im Herbst eine Temperatur von 6 bis 8°C. Oft ist es trüb und die Sicht unter Wasser ist entsprechend schlecht. Regelmäßig treten starke Gezeitenströmungen auf. Daher kann man an manchen Stellen nur beim “Kentern der Tide“, d.h. während der Übergangsphasen von Ebbe und Flut, tauchen. Unterhalb von 15-20 m Wassertiefe wird es – abhängig von Wassertrübung und den Lichtverhältnissen an der Wasseroberfläche - immer dunkler und einfarbiger. Bereits im flachen Wasser verschwinden zuerst die Rottöne, dann orange, dann gelb und schließlich grün. Zuletzt herrschen die Blautöne, die immer dunkler werden. Und irgendwann ist es ganz dunkel.