Dienstag, 28. März 2006
 
15 Uhr, Marsa Matrouh
Marsa Matrouh ist eine Beduinenstadt mit eigener Verwaltung und Gerichtsbarkeit, etwa auf halbem Weg zwischen Alexandria und unserem Ziel, As Sallum an der libyschen Grenze. Als wir hier ankamen, mussten wir erst einmal tanken. Nicht nur, dass viele Ägypter schützende Mäntelchen über ihre Autos ausbreiten, um sie vor dem ewigen Staub zu schützen, nein, sie waschen sie auch gründlich. Wir haben es gesehen: während einer seinen Wagen einschäumte, dass er aussah wie ein ungebackener Baiser, ging ein anderer richtig zur Sache und spritzte mit dem Schlauch den Innenraum des Wagens aus. Da staunten selbst wir Deutschen.
 
Eben gab es in der Stadtverwaltung eine erhellende Lektion in Sachen ‚ägyptischer Behördenknigge’.
 
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Nachdem einige von uns mit tollen A2 Postern der Sonnenfinsternis ankamen, wurden sie natürlich bestaunt: Wo sind die denn her? Oh, wollen wir auch! Mit einer Gruppe von fünf oder sechs stürmten wir über die Kreuzung ins Verwaltungsgebäude. Die Suche nach dem richtigen Stockwerk wurde schnell beendet durch einige Einheimische, die auf Etage Nr.2 vehement in eine bestimmte Richtung wiesen, als wir bereits zum weiteren Aufstieg ansetzten. Irgendetwas sagte ihnen offenbar, dass wir weder zur Passverlängerung noch wegen einer Baugenehmigung hier waren. Die Besucherlenkung wurde fortgeführt, denn vor allen Türen warteten Menschen, die uns immer weiter nach hinten durchwinkten, bis wir endlich vor dem letzten Büro angekommen waren.
 
Hier, zwischen überquellenden Schreibtischen und Regalen im Vorzimmer sowie ratternden Kopierern und Computern im Raum dahinter, pendelten etwa zwölf Ägypter geschäftig hin und her. Es war schwer auszumachen, wer hier arbeitete und wer mit einem Anliegen da war. Offenbar war es die Ausgabestelle für die Eintrittstickets nach As Sallum. Wir drängelten uns irgendwo auf freie Plätze dazwischen, sprachen mal diesen, mal jenen an, um Auskunft zu erhalten. Ergebnis: wir mussten ein Büro weiter.
 
Das war wesentlich größer und leerer und dort lagen die gesuchten die Plakate in Massen herum.
Wunderbar, können wir davon welche haben?
Diese Frage bewirkte eine deutliche Intensivierung der Verhandlungen über zwei Büros hinweg und - schlechtes Zeichen - es kam zum Einzug der Gladiatoren. Angeführt von einer resoluten Beamtin mittleren Alters, die sich schützend vor die betreffende Kiste warf, traten noch einmal drei weitere Stadtbedienstete in den Raum.
Inzwischen kamen sowohl Lautstärke und Frequenz der Zurufe als auch die zunehmende Unübersichtlichkeit der Situation den Kriterien eines ausgewachsenen Tumults gefährlich nahe. Erst allmählich verlagerte sich die lebhafte Diskussionsrunde wieder ins erste Büro, wo man uns knapp mitteilte, es gäbe keine Poster mehr.