11.45 Uhr
 
Die Sonnenfinsternis hat ihren Lauf genommen. Pünktlich um 11.20 Uhr biss der Mond oben rechts einen kleinen Ecken aus der Sonnenscheibe. Inzwischen ist bereits ein richtiges Stück herausgebrochen.
 
Überall im Lager stehen Stative, Russentonnen und Fernrohre, sitzen die Leute auf Stühlen, die sie im Essenszelt entwendet haben oder gar auf mitgebrachten Liegen, wie das Paar vor mir, die gerade mit Champagner anstoßen. Eben kommen wieder Hubschrauber und landen 400 Meter weiter an der großen Tribüne. Das ist wohl der Tross von Präsident Mubarak.
 
12.20 Uhr
 
Nur noch wenige Minuten bis zum Eintritt der totalen Eklipse. Die kleinen Schatten verformen sich sichelförmig. Einige SoFi-Sucher sind aufgebrochen, um eine Stelle zu finden, wo sie vielleicht den nahenden Mondschatten erkennen können, der mit 2500 km/h über unsere Ebene hinwegschießen wird - es ertönen wieder die Trommeln und Musik. Noch vier Minuten. Ich bin ja so aufgeregt. Alles scheint wie immer zu sein, das Licht wirkt lediglich etwas rötlich und dämmrig.
 
{{g_ads}}
 
13.30 Uhr
 
Wow. Lange Zeit gab es kaum ein Indiz für diejenigen, die keine Eklipse-Brille hatten, was da am Himmel vor sich ging. Erstaunlich wie hell es bis unmittelbar vor dem Eintreten der Totalität bleibt. Dann aber kommt schlagartig die Dunkelheit.
 
Plötzlich sah man Sterne am Himmel und rundherum stand der Horizont in sattem Abendrot. Die schwarze Scheibe mit der flammenden Korona ist und bleibt sagenhaft, egal in welchem Jahrtausend wir uns befinden.
 
Zwitschernde Feldlerchen, die sowieso einen Tag des Schreckens in ihrem sonst so beschaulichen Wüstendasein erlebten, stürzten zur Erde herab und spürbare Kälte fegte über die staubige Erde hinweg. Die Menschen jauchzten, jubelten und riefen überall auf dem riesigen Gelände. Unwillkürlich geriet ich in einen Zustand zwischen Furcht und Euphorie. Aufregung, helle Aufregung in der Mittagsnacht. Es war wie Neujahr ohne Böller, dafür mit Sternenfeuerwerk.
 
3:55 Minuten, die so schnell verflogen wie der nahende Mondschatten, der über die Ebene lief. Meines Wissens nach konnte ihn wieder mal keiner einfangen. Während der Totalität und kurz danach war ich nicht in der Lage, Fotos zu machen. Ich verwackelte sie alle, zitterte, war beeindruckt bis ins Mark, besonders, als der erste Sonnenstrahl wieder durchbrach. Ganz im Vertrauen gestand mir später Frank, ein Atmosphärenphysiker aus dem Bergischen, dass er auch ganz schön aufgeregt gewesen sei.