Rasch wurde unser Gepäck mit flinken Händen und Füßen zu einem modernen Nissan-Kleinbus gebracht, während wir zum Geldwechseln gingen, weil das hier am problemlosesten möglich ist. Für 100 Euro bekamen wir 1,2 Millionen madagassische Franc. Wir reisten also zum ersten Mal im Leben als Millionärinnen.... Nächstes Jahr wird in Madagaskar die Währung geändert, die sich dann wieder Ariary nennen wird wie vor der sozialistischen Zeit, die die Madagassen vergessen machen wollen. Das wird für die Madagassen eine ähnlich schwierige Umstellung werden wie für uns damals von DM auf Euro. Wir bekamen zwar auch bereits Ariary-Scheine, auf denen aber Gott sei Dank der entsprechende Wert in Franc stand, sonst hätten wir noch viel mehr Probleme mit der Umrechnerei gehabt. Ein 10.000 Franc-Schein ist etwa 1 Euro, entsprechend sind 5.000 Franc also ca. 50 Cent. Viele kleine Händler, Obstverkäufer etc. können aber nicht einmal 5.000 Franc wechseln, soviel Geld haben sie nicht. Am meisten sind 1000 Franc-Scheine im Umlauf, und beim ersten Kontakt mit diesen Scheinen prallten wir angewidert zurück, denn diese Scheine sind kaum noch als Geld zu erkennen, weil fast schwarz, abgegriffen und stinkend. Wir hatten direkt Sorge, uns mit diesen Ekellappen die Pest an den Hals zu holen, die bei uns jeder aus dem Seemannslied "Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord" kennt. Aber gerade diese kleinen Scheine brauchten wir stets und überall für all die helfenden Hände, die unsere Reise angenehm machten wie zahllose Kofferträger, Zimmermädchen, Fahrer und Beifahrer und Kellner. Aber abgesehen von diesen schwarzen Lappen sind die Franc-Geldscheine Madagaskars so schön, dass ich neue Exemplare davon sogar ins das Reisealbum geklebt habe.

 

 

 

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zurück zum Flughafen von Tana, wo um 6.00 Uhr die Sonne aufging, als wir die 15 km bis zum Stadtzentrum durch ausgedehnte Reisfelder fuhren, durch ärmliche Siedlungen aus einfachsten Hütten oder Häusern, vorbei an wuselnden kleinen schwarzbraunen Menschen, die bereits in aller Frühe ihr Tagwerk beginnen, sei es auf den Reisfeldern oder beim Verkauf von Obst, Gemüse, Fleisch und allen anderen Dingen des täglichen Gebrauchs in winzigen Verkaufsständen entlang der Straßen. Wir fahren vorbei an voll geladenen Ochsenkarren, die alle in die Stadt strömen auf die Märkte. Unser gutes Hotel "Tana Plaza" liegt in unmittelbarer Nähe des großen Bahnhofs und der Rue de l’Independence (Straße der Unabhängigkeit) an einer Straßenecke. Schnell und unkompliziert bekommen wir unsere Zimmer, Gepäckträger tragen rasch unsere Sachen in den zweiten Stock, und als wir aus unserem Hotelfenster schauen, können wir kaum glauben, was wir sehen: Ein unentwegter Strom von Menschen zieht die Straße auf und ab, andere verkaufen auf den Bürgersteigen Gemüse. Erbärmlich magere und in schmutzige Lumpen gehüllte Mütter mit ihren Babys und Kleinkindern hocken barfuss und mit sorgenvoller Miene an der Straße mitten in den Auspuffgasen und versuchen, ein paar Franc zu erbetteln. Fast jede Frau hat ein Baby auf den Rücken gebunden und/oder noch eines an der Hand, fast alle laufen barfuss. Ohne es zu wissen, spürt man die Kriminalität förmlich, die von den Männern und Straßenkindern hier ausgeht. Roger warnt uns auch entsprechend. Auf den Straßen fahren viele "Enten-Taxis", also 2CV-Autos, die es bei uns nur noch als seltene Rarität zu sehen gibt, ausserdem jede Menge Taxi-Brousse, wie hier die Kleinbusse genannt werden, die die Menschen einsammeln und überall hinfahren. Sie erfüllen die Aufgabe unserer Stadtbusse. Diese Taxi-Brousse sind ausnahmslos mit Menschen und Gepäck aller Art voll gepfropft und fahren in Mengen unter stetigem Gehupe und viel Gestank.

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Von der langen Anreise sind wir so erledigt, daß wir erst mal eine kleine Runde schlafen. Nach einer Dusche und einem Kaffee in der Hotel-Bar wagen wir uns vor die Tür in das Gewusel. Wir laufen nur ca. 500 m die Straße auf und ab, und es wird für uns zum Spießrutenlaufen, denn Touristen sind hier selten und gelten als "fette Beute", was wir im Vergleich ja auch in jeder Hinsicht sind, sei es vom Geldbeutel oder von unseren Körpermassen her. Einer dieser zwielichtigen Typen rempelte mich an, und Schwupps, war meine Armbanduhr weg, die ich in einer Tasche meiner Weste unter zugezogenem Reissverschluss trug. Wir flüchteten zurück in die Hotellobby, von wo aus wir um 13.00 Uhr zu unserem ersten Ausflug starteten nach Ambohimanga, etwa 20 km nordöstlich von Tana gelegen, wo auf dem "blauen Hügel" noch das alte Königshaus (Rova) des berühmtesten aller Merinakönige Andrianampoinimerina steht. Hier kann ich gleich einfügen, dass die meisten madagassischen Wörter für uns schier unaussprechlich sind wie eben auch der Name dieses Königs. Dazu kommt, dass oft die Aussprache anders ist als die Schreibweise, so dass wir in der Beziehung einen schweren Stand haben. Aber die meisten sprechen zumindest etwas Französisch, und im Laufe der Reise grabe ich eine Menge Vokabeln wieder aus, die ich vor Jahr und Tag gelernt habe. Jedenfalls komme ich mit meinen Französischkenntnissen gut zurecht. Mit Englisch ist hier zumindest bei der Bevölkerung ausserhalb der Hotels gar nichts zu machen. Die Sprache der Hände funktioniert aber auch hier, und letztlich erreicht man, was man möchte.