In Umtata stürmten wir auch wieder einen "Bottle Store" (Alkoholgeschäft), wo wir uns mit Kanistern voll Wein eindeckten für den abendlichen Hock. Man könnte meinen, eine eingefleischte Säufertruppe wäre unterwegs, als wir mit unseren Flaschen und Kanistern zusammenstanden und auf den Bus warteten. Aber da wir nie genau wußten, wann wieder so ein Laden kam, gingen wir lieber auf Nummer Sicher und horteten Vorrat, denn ein Gläschen Wein am Abend in geselliger Runde ist eine feine Sache.

Nun fuhren wir weiter bei enormer Hitze durch hügeliges Land mit vielen Kraals. Überall blühten hier die hohen Agaven. Die Landschaft wechselte kaum das Gesicht. Sie ist stark zersiedelt, und es sind eigentlich keine richtigen Orte, sondern mehr überall verstreut liegende Kraals. Wir waren schon sehr gespannt, denn Erwin hatte uns vom Häutling Thomson erzählt, den wir heute noch besuchen wollten. Er ist ein Häuptling des Ndebele-Stammes und ganz wild auf Bier und Rotel-T-Shirts und Bonbons. Ich saß oft vorne bei Erwin auf der ersten Bank und genoß die tolle Aussicht und machte Fotos. Auf meiner letzten Bank saß ich zwar bequemer, aber die Aussicht war eingeschränkt, und zum Fotografieren eignete sich der Platz ganz schlecht.

Schließlich kamen wir zum Dorf des Häuptlings, und während Erwin in Richtung Häuptlingshütte marschierte, liefen schon die schwarzen Frauen los, um ihn zu holen. Und dann kam er aus seiner Hütte, ein älterer, ziemlich dünner und zahnloser Mann in zerfetzten Klamotten. Er freute sich, als er Erwin sah, der mit Bierdosen dastand. Wir durften alle folgen und guckten in die Hütte des Häuptlings, während Erwin an die Kinder und Frauen Bonbons und Kaugummis verteilte, was ein wildes Gekreische und viel Freude auslöste.

 

Diese Stadt wurde gerade künstlich aus dem Boden gestampft und erscheint mir ebenso seelenlos wie Brasilia in Brasilien. Dieses hypermoderne Bisho paßt überhaupt nicht hierher, zumal auf der andere Seite der Straße wieder tiefstes Afrika ist: die Hütten der Bevölkerung, der Müll und die unzähligen Rostautos, die überall wahllos liegengeblieben sind. Hier gab es weder Strom noch Wasser, und die Frauen liefen mit Eimer und Kanistern auf dem Kopf herum und trugen das Wasser herbei. Was für ein Gegensatz zu den modernen Gebäuden gegenüber! Wir wunderten uns, woher der Staat Ciskei überhaupt das Geld für solche Bauten nahm und wieso das Geld nicht eher für anständige Behausungen für die Bevölkerung ausgegeben wurde. So langsam erhärtete sich mein Verdacht, daß die Schwarzen das womöglich gar nicht wollten. Ebenso wie es sie offenbar nicht störte, daß überall Müll und Schrottautos lagen. Das konnten wir nicht begreifen.

Dann fuhren wir wieder über die Grenze nach Südafrika durch sattes, grünes Land voller Hügel. Überall standen die runden Kraaldörfer der Einheimischen, und überall sahen wir viele Rinder und Schafe. Ein sehr fruchtbares Land.