Währenddessen erzählte uns Erwin manches über die Stammesbräuche, Eßgewohnheiten, Tabus usw.
Dann ging es steil bergab, und für schwere Autos, deren Bremsen versagen - was hier anscheinend nicht so selten ist - war an einer Stelle neben der Straße eine große Sandbank angelegt, in die die Autos hineinsausen konnten, damit sie nicht den Abhang hinunterstürzten. Über diese Art der Unfallverhütung lachten wir uns kaputt und malten uns das in den schillerndsten Farben aus.
Schließlich kamen wir an die Grenze zur Transkei und hofften, daß der einzige Stempel, den die Zollstelle besaß, inzwischen auch wieder repariert sein würde und wir rasch weiterkommen. Dem war auch so. Hier in der Transkei leben (1989) 5 Mio. Xhosa. Wir kamen dann zum Städtchen Butterworth, wo es nur wenig Industrie, aber eine Fabrik der Weißen gibt, in der aber nur Schwarze beschäftigt werden dürfen. Es ist die Schuhfabrik Salamander.
Wir fuhren weiter durch weitläufiges, sehr dünn besiedeltes Land und tankten in einem kleinen Nest, wo gerade Markttag war und jede Menge Schwarze herumstanden und palaverten. Unser Bus war eine willkommene Abwechslung, und wir standen im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Wir schauten aber genau so und machten viele Fotos. Touristen sind hier ebenso wie in der Ciskei noch fast unbekannt, denn hier fährt kein Neckermann hin, Rotel hingegen ist überall. Die Menschen begegneten uns auch hier mit Lachen und Freundlichkeit, und ich frage mich zum x-ten Mal, wer eigentlich die Story vom Haß zwischen Schwarz und Weiß in die Welt gesetzt hat. Wir haben davon nichts gespürt.
Danach folgte im Bus wieder die "Schulstunde", denn Erwin informierte uns in seiner unnachahmlichen Art über Erziehung, Bildung und Leben innerhalb der Gemeinschaft der Schwarzen.
Der Wind wehte hier derart stark, daß wir Mühe hatten, dagegen anzulaufen. Bald saßen wir wieder im Bus und fuhren entlang der Wiesen- und Weidenroute, wie ich dieses Stück nannte, durch grüne, eintönige Landschaft. Es ging immer leicht bergauf und bergab, und als Erwin dann noch "Patrona bavariae" spielte, war die Illusion vom Allgäu perfekt.
Schließlich kamen wir zu unserem ersten Homeland, der Ciskei. Homeland nannte man damals (1989) die Gebiete, die den Schwarzen zugewiesen worden waren und in denen kein Weißer das Recht hat, zu wohnen oder Grund zu erwerben. Bisher wurden die Homelands als eigenständige Staaten aber nur von Südafrika anerkannt, weltweit jedoch nicht.