Das südafrikanische Baustellensystem stellte uns an diesem Tag vor die größten Herausforderungen. Wir lernten im Eiltempo. Irgendwann auf der Strecke überholte Sarah mal eben eine Reihe haltender Autos. Dass es die Warteschlange vor einer Baustelle gewesen war, erkannten wir, als uns plötzlich ein hupender Pulk aus Lastern und sonstigen Gefährten entgegen kam. Dummerweise gab es nirgendwo mehr Platz genug, um links einzuscheren. In unserem Chrysler brach ungesittete Panik aus. Im buchstäblich letzten Moment quetschten wir uns schräg hinter den zuvorderst stehenden LKW, bevor der erste Wagen gefährlich nah an uns vorbei rauschte. Hätten wir den Frauen mit den roten Flaggen nur etwas mehr Beachtung geschenkt! Wir heulten auf vor Erleichterung. Erstmal waren wir gerettet.

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Diese Baustelle des Grauens war etwa drei Kilometer lang und insgesamt chaotisch. Wir waren beileibe nicht die einzigen Geisterfahrer auf der Piste. Eben noch zuckelten wir blind hinter unserem Führungslaster her, der gefühlte 10 Meter hoch mit Paletten beladen war, im nächsten Moment schwenkte er urplötzlich auf die abgesperrte Strecke, fuhr dabei einige der Markierungspfosten platt, und eröffnete uns so freie Sicht auf unerwarteten Gegenverkehr. Für irgendwelche Lautäußerungen blieb dieses Mal keine Zeit. Im Bruchteil einer Sekunde taten wir es dem LKW gleich und führten einen waghalsigen Schwenk durch die Absperrungen aus. Glücklicherweise gab es schon so etwas wie Belag auf der gesperrten Trasse. Wir schafften es zurück auf die Straße. Als wir uns umblickten, war hinter uns niemand mehr. Jedenfalls wussten wir ab da: Habacht und Lage checken, sobald die gelangweilt mit bunten Fähnchen wedelnden Jungs und Mädels am Straßenrand auftauchen!
Nach dicht besiedeltem, landwirtschaftlich intensiv genutztem Gebiet folgte gegen Ende der Strecke, als die Teerstraßen einer roten, staubigen und schlaglochgespickten Sandpiste gewichen waren, der Busch. Es wurde menschenleer. Mehrfach fragten wir uns, ob die Reifen halten würden. Schließlich waren wir in einem ganz normalen PKW unterwegs. Wie schön war es, als wir endlich durch das Jurrassic Park-taugliche Tor ins Gebiet des Entabeni Reservats einfahren konnten. Gleich dahinter stand ein Gnu am Weg. Der Wagen senkte sich gefährlich zur Seite hin, als wir alle vier am Fenster hingen. „Ein Gnu! Ein Gnu!“ Dem Gnu war es egal. Es schaute und kaute. Wir waren entzückt.
Bald nach der Ankunft in der Mountain Lodge ging es auf den ersten, frühabendlichen Game-Drive. Zusammen mit drei Belgiern und einem Südafrikaner im gut getarnten Jeep.
Was wir erlebten, war für mich als Safari-Neuling überwältigend. Allein all die Vögel: In der Abendsonne landeten Kormorane an den Wasserstellen, es gab bunte Enten wie Gelbschnabelenten, fette Bussarde, scharenweise hübsche Helenperlhühner und Rebhühner, die eine eher ungünstige Fluchtstrategie haben. Sie laufen beständig vor dem Wagen her, ohne zur Seite auszuweichen. In den Bäumen saßen die schillernden Bienenfresser, ein Hammerkopf bewachte einen Bachlauf und dann waren da noch ein kleiner Vogel, mit endlos langem Schwanz, dessen Namen ich vergessen habe und einer mit leuchtend blauem Gefieder, wie ein Eisvogel, nur sehr viel größer. Es war mächtig was los in der Luft, aber genauso am Boden.