Wenn es mal nicht regnete, gingen in Yangshuo Friseure und Zahnärzte ihrem Gewerbe auf der Straße nach. Währenddessen bestaunten wir all den - für unsere Begriffe - Plastikkitsch, den es in jedem Geschäft zu erstehen gab sowie die Apotheken, die neben Tabletten und Tropfen auch Wundermittelchen wie getrocknete Seepferdchen, zermahlenes Horn und Eidechsen anboten. Auffällig häufig wurden auf offener Straße auch Bärentatzen und Tigerklauen als Aphrodisiakum angepriesen. Kein Wunder, daß diese Tiere in China kaum noch lebendig anzutreffen sind.

Aufgrund der extrem ungünstigen Verkehrsanbindung Yangshuos und unserer bisherigen Erfahrungen entschlossen wir uns, die nächste Etappe mit dem Flugzeug zurückzulegen. Nach Huangshan sollte es gehen, in die Gelben Berge im Osten Chinas, wo wir uns auf schöne Wanderungen und auf als einmalig angepriesene Sonnenaufgänge freuten. Als wir am nächsten Tag bei CITS, dem staatlichen chinesischen Reisebüro, die Tickets abholen wollten, hieß es kurz und knapp: ‘Mei you’. Diese Phrase, das wußten wir aus dem Reiseführer, bedeutet ‘Haben wir nicht’. Oft hatte man uns diese Worte schon gesagt, aber wir sollten sie noch wesentlich häufiger zu hören bekommen. Als wir anfingen etwas nachzufragen, weshalb es die Tickets denn nicht gebe, teilte man uns mit, die chinesische Fluggesellschaft CAAC hätte diesen Flug gestrichen, da wir die einzigen beiden Passagiere gewesen wären. Na prima! Sofort erinnerten wir uns daran, daß andere Rucksacktouristen mit ähnlichen Erfahrungen von Gerüchten erzählt hätten, denen zufolge CAAC nicht für ‘Civil Aviation Administration of China’ sondern für ‘China Airways Always Cancel’ steht. Das hatten wir ja nun am eigenen Leib zu spüren bekommen…

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Spontan umdisponiert, nannten wir dem Chinesen diesmal lieber gleich drei Flüge, von denen er irgendeinen buchen sollte. Am nächsten Morgen waren wir dann positiv überrascht, als wir erfuhren, er hätte einen Flug nach Xian für uns bekommen - natürlich nicht ohne einen gewissen Aufwand seinerseits, beteuerte er und unterstrich dies mit einem gewichtigen Nicken des Kopfes.

Froh, daß wir nun doch weiterkamen, stiegen wir in ein altersschwaches Flugzeug, dem leicht anzumerken war, daß seine besten Jahre schon länger zurück lagen. Das Bordpersonal führte seinen Job eher lustlos und in scheinbar ewiger Monotonie durch, denn sobald dem letzten Passagier eine Getränkedose sowie eine Pappschachtel mit trockenem Gebäck und gedörrten Fleischstückchen auf das Tischchen gedonnert worden war, wurde von vorne her der Müll wieder eingesammelt. Da jedoch nur das vordere Drittel des Flugzeugs besetzt war, mußten wir das Essen etwas hastiger verschlingen. Mein Versuch, mir einen Platz weiter hinten zu nehmen - schon um das Gewicht gleichmäßiger zu verteilen, scheiterte an der chinesischen Bürokratie. Schließlich stimmte dann mein Platz mit dem auf der Bordkarte ausgewiesenen nicht mehr überein und das ginge nicht. Auch egal. Kurz vor der Landung zogen die seltsamen Taumelbewegungen, die das Flugzeug vollführte, unsere Aufmerksamkeit auf sich. Dicht über dem Boden flogen wir ca. 15 Minuten lang wilde Links- und Rechtskurven, gewannen und verloren wieder an Höhe. Es hatte den Anschein als suchte der Pilot den Flughafen. Da konnte uns auch das regelmäßige Quietschen der Flügel nicht sonderlich beruhigen, und nachdem wir gelandet waren, schworen wir uns, das sei der letzte Inlandsflug gewesen.

Auch wenn Xian für die Chinesen als Zentrum der Welt galt und eine der größten Städte der Antike gewesen sein soll, erlangte die Stadt erst 1974 einen größeren Bekanntheitsgrad, als nämlich Bauern bei Brunnenbohrungen die sogenannte Terracottaarmee entdeckten. Diese besteht aus über 6000 tönernen lebensgroßen Soldaten und Pferden, die das Grab von Qin Shi Huangdi, dem ersten Kaiser Chinas, schützen sollten. Die Körper der Figuren waren per Massenproduktion, die Köpfe einzeln hergestellt worden. Mittlerweile drohen die ausgegrabenen Figuren jedoch zusammenzusacken, da durch die Luftfeuchtigkeit der Ton aufweicht. Klar, daß auch wir diesen Programmpunkt ‘abhaken’ wollten. In unserer Unterkunft wurde uns eine geführte Tour für ca. vier DM schmackhaft gemacht, und nachdem wir überschlagen hatten, daß es mit öffentlichen Verkehrsmitteln eventuell teurer werden könnte, ließen wir uns darauf ein. Doch es kam anders als wir uns dachten. Denn zuerst wurden wir zum Busbahnhof gebracht, wo wir den Bus wechseln mußten und ca. 1½ Stunden herumstanden. Kaum, daß wir losgefahren waren, hatten wir eine Panne. Ein Fahrgast wurde mit einer Blechkanne ins nächste Dorf geschickt, um Kühlwasser zu besorgen. In der halben Stunde wurde eifrig unter dem Minibus herumgeschraubt und geklopft. Während die Chinesen alles recht locker sahen, stieg in uns und den beiden anderen nichtchinesischen Touristen leichter Ärger empor. Der Bus war mit weit mehr Leuten besetzt als Sitze vorhanden waren - was ja eigentlich nichts Ungewöhnliches war, nur auf einer geführten Tour hatte ich das nicht erwartet - und die Kommentare waren ausschließlich auf Chinesisch - niemand sprach Englisch, abgesehen von einem, der uns stolz und grinsend die beiden Worte ‘Fuck you’ entgegenbrachte, deren Bedeutung er aber offenbar nicht kannte.