Aufgrund der großen Temperaturunterschiede zwischen Sommer und Winter sind die Gleisstücke mit etwas Abstand verlegt, so daß jetzt Ende März bis zu 3 cm große Lücken zwischen den Schienen klaffen. Das führt zu einem gleichförmigen, beruhigenden Rattern und Schaukeln der Wagen.

Der Himmel ist strahlend blau und straft alle Unkenrufe Lügen, denenzufolge es zu dieser Jahreszeit matschig und regnerisch und die Sicht schlecht sein sollte. Es geht durch hügelige Landschaft, eine ganze Weile lang haben wir noch einen schönen letzten Blick auf die Große Mauer. Bald darauf wird es zunehmend flacher und karger und entlang eines breiten Flusses finden sich vereinzelte Bäume. Vorbei geht es an kleinen Ortschaften, landwirtschaftlichen Gegenden und auch größeren Städten. In Datong können wir einige Dampflokomotiven bestaunen, die bis vor kurzer Zeit nur noch hier und an wenigen anderen Orten produziert wurden. Nunmehr werden lediglich Ersatzteile hergestellt, die dafür in alle Welt exportiert werden.

Mit unseren Mitreisenden essen wir im Speisewagen unser letztes chinesisches Gericht, Reis mit verschiedenen Gemüsen. Die Speisewagen werden an jeder Landesgrenze ausgetauscht. Vorsorglich haben wir uns in Peking mit reichlich Vorräten eingedeckt und sind so mit Keksen, Nüssen, Schokolade, Bonbons, Obst, Nudeln, Getränkepulver und Bier für eventuelle Versorgungsengpässe gerüstet. Bier war in China - abgesehen von Tee - mit 30 Pfennig pro 640 ml übrigens das weitaus preiswerteste Getränk und schmeckte durchaus genießbar.

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Jedem Waggon ist ein Waggonbegleiter zugeteilt, der bespielsweise für eine konstante Temperatur verantwortlich ist und dafür sorgt, daß man sich rund um die Uhr aus einen Samowar, der sich dem ersten Abteil gegenüber befindet, mit heißem Wasser versorgen kann, was wir besonders in Sibirien zu schätzen lernen sollten.

Nach 842 km erreichen wir am Abend Erenhot, den Grenzort zur Mongolei. Für uns heißt das, Gesundheits- und Zollerklärungen ausfüllen und raus aus dem Zug. Bis gegen Mitternacht müssen wir in einem zugigen Bahnhofsgebäude warten, während draußen aus Lautsprechern Musik plärrt, die von dem kalten Wind, der schon mal Sibirien ankündigt, allerdings verweht wird. Das lange Warten vertreiben wir uns damit, zuzusehen, wie der Zug in einer riesigen Halle Waggon um Waggon angehoben und das Fahrgestell ausgetauscht wird. Erstaunlich viele Frauen sind bei dieser schweren Arbeit beschäftigt. Nötig ist die ganze Prozedur, weil die Mongolei und Rußland eine breitere Spur als China und auch Europa haben, an der polnischen Grenze wird alles wieder umgetauscht. Erfreulicherweise dürfen wir photographieren, denn inzwischen wissen auch Chinesen und Mongolen, daß eine Eisenbahn kein militärisches Geheimnis ist. Durchgefroren klettern wir wieder in den gut geheizten Zug und wärmen uns mit Nudelsuppe und Tee auf. Nachdem alle ihre obligatorischen Stempel in unsere Pässe gedrückt und sämtliche Hohlräume in den Abteilen auf Schmuggelware hin inspiziert haben, schlafen wir müde ein.