Am nächsten Tagen fahren wir auf übler Piste in Richtung Arwajcheer, der Hauptstadt des Uwurchangaj-Aimaks im südlichen Landesteil. Die Mongolei ist in Provinzen oder vergleichsweise Bundesländer aufgeteilt, die hier Aimaks heissen.

Wir müssen etliche Holzbrücken überfahren und zittern immer ein wenig, ob die morschen Balken auch halten. Manchmal ziehen wir das Gerumpel durch das Flußbett jedoch vor. Heute sehen wir auch die ersten Kamele mit Jungtieren, dafür immer weniger Yaks. In der vergangenen Nacht hat es offenbar überall geregnet, und das trockene Land braucht auch dringend Regen. Wir durchfahren eine wunderschöne, sanfthügelige Landschaft voller Edelweißwiesen. Das Spiel von Licht und Schatten auf den Hügeln ist faszinierend, ich könnte unentwegt fotografieren. Frieden und Stille sind hier zu Hause.

Wir durchfahren einen Fluß, es geht ständig rauf und runter, und der Bus schaukelt gewaltig. Ständig fallen Jacken, Hüte und anderes aus den Ablagen auf uns herunter, und bei dem Hin- und Hergeschaukele bekomme ich etliche blaue Flecken. Wir haben aber viel Spaß an der Sache, und gelacht wird sowie so sehr viel. Die Truppe paßt gut zusammen, da haben wir Glück gehabt. Wir überqueren riesige Lavafelder, durchfahren Wasserlöcher, Furten und Sümpfe. Überall sind viele Viehherden zu sehen. Der Himmel ist stark bewölkt und verkündet Regen, als wir schließlich einen zauberhaften Platz am Ongi-Fluß erreichen, wo wir unser Nachtlager in 1680 m Höhe aufschlagen. Um uns herum weiden viele Pferde und Yaks in der Flußaue, und wir sind von diesem Platz total begeistert.

 

Bei der Weiterfahrt stehen dicke Gewitterwolken über uns, der Wind fegt eine Menge Staub heran, und dann beginnt es kräftig zu regnen. Die Luft im Bus ist zum Schneiden, und wir hängen total groggy in unseren Sitzen. Mein Magen knurrt hörbar, aber das nutzt ihm nichts, denn es gibt nichts! Wir freuen uns über die Ankündigung, am nächsten Tag in Karakorum wieder Proviant kaufen zu können. Schließlich erreichen wir unseren heutigen Übernachtungsplatz am Sengirfluß in einem pappelbestandenem Wäldchen. Die Luft ist sehr frisch und es windet ordentlich. Diese fortwährenden schnellen Wetterwechsel von kalt zu heiß und naß sind mühsam für uns. Die Männer suchen Feuerholz für das abendliche Lagerfeuer, während wir Frauen wieder Berge von Zwiebeln hacken für den heutigen Wurstsalat. Ich laufe zum Fluß und sitze eine Weile am Ufer, schaue in die Ferne und hänge meinen Gedanken nach. Ich kann manchmal noch immer nicht glauben, daß ich in der Mongolei bin und versuche, mir alles so gut wie möglich einzuprägen, damit ich mir später, wenn ich zu Hause wieder auf meinem Balkon sitze und die Gedanken ziehen lasse, all diese Szenerien wieder ins Gedächtnis rufen kann. So reell die Situation im Moment ist, so fern wie ein Traum wird sie bald sein.

Nach dem Abendessen machen wir ein Feuer und sitzen alle drumherum. Yaks und Ziegen und Schafe ziehen an uns vorbei, während etliche Pferde durch den Fluß schwimmen und dann durch unser Wäldchen laufen. In der Nähe stehen einige Jurten, und wie fast jeden Abend kommen auch hier wieder etliche Hunde zu uns in der Hoffnung, etwas Freßbares zu ergattern. Die Hunde sind in der Regel friedlich, aber in einsamen Gegenden ist Vorsicht auf jeden Fall angebracht.