Am nächsten Morgen düsen wir nach Rietschen, frühstücken wieder beim Bäcker. Von der Verkäuferin erfahren wir - wie sollte es anders sein - die Sehenswürdigkeiten der Umgebung. Ein paar nette Kundinnen erklären uns dann noch den Weg nach Boxberg, und siehe da, wir entdecken dort das erste Schild „Spreeradweg“. Vorbei geht es am ehemaligen Tagebau, den die Natur seit einigen Jahren wieder in Besitz nimmt. Die schnell wachsenden Birken ragen aus dem spärlichen Bewuchs hoch empor. In einem militärischen Sperrgebiet fühlen sich Wölfe wieder zu Hause, erfahren wir von einem Gastwirt. Die Radwege fechten jetzt einen Machtkampf aus. Wir sind gleichzeitig auf der Spree-, Gurken- und Niederlausitzer Bergbau-Tour, außerdem ist das hier Tour Brandenburg - ja, wir sind schon wieder in Brandenburg - und auch noch auf dem Weg Sorbische Impressionen. An jedem Schilderwald müssen wir anhalten, welcher Pfeil ist denn nun unser Radweg? Interessant ist noch die Etappe von Spremberg über Cottbus bis Peitz im Teichland. Alles ist in sorbisch und deutsch ausgeschildert und in Cottbus knacken wir die 1000-km-Marke. In der Spree taucht ein Biber neben uns auf. Kurz hebt er seinen Kopf und taucht schnell wieder ab, damit ihn ja nicht die Kamera erwischt.
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Doch dann kommt der Spreewald. Kein Radler grüßt mehr zurück, wir lassen es auch sein. Die Orte sind nur noch reine Touristenhochburgen, die Campingplätze überfüllt, die Sanitäreinrichtungen entsprechend dreckig. Manchmal geht sogar das warme Wasser aus. Analog zur Überbelegung steigen die Zeltplatzpreise, wie paradox. Wir sind froh, als wir in Neuendorf am See den Wegweiser nach Königs-Wusterhausen sehen. Wir lassen Spreeradweg Radweg sein und uns in Potsdam beim Radhändler lieber die Ketten ölen. Dann campen wir noch nahe Brieselang im Havelland und   bei Altruppin am Zermützelsee. In Neuruppin sitze ich auf einer Bank an der Kirche und kann es nicht fassen. Von Wismar über Görlitz bin ich bis Neuruppin, wo ich vor 47 Jahren den ersten Schrei von mir gegeben habe, gefahren - und alles mit Muskelkraft. An einen Bahnhof, Fahrkarten und Fahrradabteil habe ich gar nicht mehr gedacht. Wer bis Neuruppin mit dem Rad kommt, schafft es auch bis Wismar. Einen kleinen Abstecher nach Flecken Zechlin leisten wir uns noch, wo wir bei Freunden klingeln und johlend begrüßt werden. Dann geht es weiter in meine Heimatstadt Wittstock. Meine Eltern sind gerade in unserer Wohnung bei Wismar und so nehmen wir einfach ihr Haus in Besitz. Am nächsten Tag bleiben wir hier, gönnen uns noch mal einen Ruhetag und ich treffe mich mit meiner Freundin Sabine zum Eis essen. Ihr habe ich diesen Reisebericht versprochen und sie wartet bestimmt schon drauf. Am Freitag, den 7. August, nehmen wir die letzte Etappe in Angriff. Durch ein paar kleine mir vertraute und verträumte Dörfer düsen wir nach Plau, um am See die Räder auf einem sogenannten Radfernweg durch losen Sand und über Wurzeln zu schieben oder zu tragen. Zum Glück wird er Weg wieder besser, über Goldberg radeln wir nach Sternberg, wo wir jetzt den auf der Hinfahrt verpassten Zeltplatz finden. 1477 km zeigt der Tacho, die letzten km bis Wismar schaffen wir am Samstag ganz locker.