Wie der Thunfisch in die Achse kam
Heute war mein Tag! Strahlendguter Laune stand ich auf und freute mich riesig, denn heute sollte es zu den Robben von Cape Cross an der Küste Namibias gehen. Wie hatte ich mich darauf gefreut! So legte ich noch einige Filme extra in meine Tasche und war allerbester Laune. Unseren Wassersack ließen wir bei den Leuten hier, die ihn sicher gut gebrauchen konnten, denn wir hatten nun alle Buschübernachtungen hinter uns. So stiegen wir fröhlich und aufgekratzt in den Bus, und los ging es wieder. Conny hatte sich wohl für die "Piste der 16 Gatter" entschieden, denn bald kamen wir in Farm- und Weideland, und ständig mußte Conny aus- und einsteigen, um die Gatter der Weiden zu öffnen und zu schließen. Und tatsächlich gab es trotz der unbeschreiblichen Kargheit und der Öde der Landschaft noch einige Rinder und Ziegen, die zu den versteckten Farmen gehörten. Hier zu leben ist weiß Gott kein Vergnügen, es ist ein brutal hartes Leben und ein tägliches Ringen um die Existenz. Außer ein paar Mopanebäumen mit Blättern, die wie Schmetterlinge aussehen, gab es hier überhaupt nichts. Der Boden war total kahl und die Rinder mager.
Conny hatte heute schlechte Laune und schwieg ziemlich lange. Schließlich verriet sie uns aber doch, daß das große Bergmassiv rechts von uns der Brandberg mit 2.573 Meter war. Auch dieser Berg weist zahlreiche Felszeichnungen auf, die wir uns aber nicht ansahen. Dieter meinte schon eine ganze Weile, daß der Bus heute so laut wäre und daß sich das ganz so anhöre, als wäre mit einem Lager was nicht in Ordnung. Aber ich protestierte, denn jetzt noch eine Panne, das wäre ja wohl der Gipfel. So fünf Minuten vor 12 bzw. vor meinen Robben, das konnte nicht sein, weil es nicht sein durfte. Bei der nächsten Buschpause im Niemandsland wies Dieter den Fahrer darauf hin, daß Öl auslief, und es stellte sich heraus, daß ein Simmering kaputt war. Schei....! Alle waren gedrückt und still. Wir hatten keine Wahl und fuhren weiter in der Hoffnung, daß es vielleicht doch nicht so schlimm sein möge wie befürchtet. Es war aber leider noch viel schlimmer! Eine Weile später ging nämlich das verfluchte Lager ganz zum Teufel. Mit Hängen und Würgen und Bangen und im Geiste davonschwimmenden Robben kamen wir mit Mühe und Not in Uis an, einem gottverlassenen Geisterstädtchen. Hier gab es eine Zinnmine, in der bis vor zwei Jahren ca. 6000 Menschen gearbeitet hatten. Als die Erträge sanken, wurde die Mine geschlossen und die Arbeiter zogen fort. Zurück blieb eine fast menschenleere Geisterstadt, und dort standen wir nun mit unserem kaputten Bus. Ich war stinksauer und enttäuscht und wütend. Aber was sollte man machen? Das ist einfach Pech, und Pannen gehören nun mal auch zum Leben und zum Reisen mit dem Bus. Aber ausgerechnet hier! Herrschaft, das hätte nun wirklich nicht sein müssen.
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Sepp zog seinen blauen Overall an und kroch unter den Bus. Dieter reichte ihm das jeweils benötigte Werkzeug, und bald sah es aus wie in einer Großwerkstatt. Und wenn wir es nicht mit eigenen Augen gesehen hätten, würden wir nie glauben, daß man mit zwei vollen Thunfischbüchsen eine Reparatur durchführen kann. Es stimmte aber tatsächlich. Sepp hatte den Antrieb zur zweiten Hinterachse ausgebaut und dann das entstandene Loch mit zwei vollen Thunfischdosen, die er mit einem Schlauch umwickelt hatte, zugestopft, um das vordere Differential abzudichten. Derweil war Klaus losgespurtet und hatte den gesamten Ölvorrat des Ortes zusammengekauft. Eine Menge davon wurde dem Bus wieder einverleibt, und siehe da, nach zwei Stunden saßen wir doch tatsächlich wieder im Bus und fuhren los. Ich konnte es wirklich kaum glauben. Ob meine Robben inzwischen wieder an Land schwammen? Leider nein, denn Conny nahm mir bald drauf meine Illusionen, denn sie teilte uns mit, daß diese "Thunfisch-Reparatur" nur sehr provisorisch und keineswegs verläßlich sei und daß wir deswegen kein Risiko eingehen sollten. Und das bedeutete, daß wir auf direktem Wege nach Swakopmund fahren würden. Und die Robben waren vom Trennpunkt Hentiesbay, wo wir nach Swakopmund links abbiegen mußten, nur noch 46 Kilometer entfernt. Aber leider in die rechte Richtung! In Hentiesbay versuchte Conny, für Dieter und mich ein Taxi oder einen Mietwagen oder sonst eine Möglichkeit ausfindig zu machen, um doch noch zu den Robben zu fahren. Es sollte aber wohl nicht sein, und so fuhren wir nach links, meine Robben schwammen rechts davon!