Wie war das mit den Entführungen ? Mir gehen die abenteuerlichsten Ge-danken durch den Kopf. Schließlich höre ich Motorengeräusch, ein Jeep kommt an, aufgeregte Stimmen, arabisches Durcheinander. Das Zelt öffnet sich und der Kommandeur der hier auf dem Berggipfel stationierten Kompanie erscheint. In englischer Sprache kann ich meine Situation er-klären und seine Miene hellt sich mehr und mehr auf je mehr er erkennt, daß von mir keine Gefahr ausgeht.

Schließlich erklärt er mich zu seinem Ehrengast, gibt einige kurze aber präzise Anweisungen an seine Untergebenen und schon wird das Zelt auf Hochglanz gereinigt, frische Teppiche werden ausgelegt, mein Rad mit allen Utensilien wird herein getragen, herrlich duftender frisch zubereiteter Tee wird gereicht, ich muß über meine Tour berichten, ein gut bebildeter Reiseführer, den ich mitführe, dient mir als Anschauungsmaterial und als die inzwischen zahlreich erschienenen Soldaten auch noch ein Abbild ihres Präsidenten im Reiseführer erkennen, stehen alle schlagartig „stramm“ und salutieren. Ich muß lachen. Eine derartige Situation hätte ich mir am Morgen dieses Tages in den kühnsten Träumen nicht vorstellen können.

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Nach einem gemeinsamen Mahl unterm leuchtenden Sternen-himmel werde ich zurück ins Zelt geleitet, selbstredend das ich dieses für mich die ganze Nacht allein habe und unter Bewachung falle ich in einen tiefen Schlaf. Frühmorgens weckt mich auch hier der Muezzin bzw. ein Vorbeter der Kompanie und nach einem herzhaften Frühstück mit frischem Brot und gebackenen Bohnen darf ich meine Weiterreise antreten, herz-lichst verabschiedet von der gesamten Mannschaft.

Von Huth aus unternehme ich einen lohnenswerten Abstecher zum 60 km entfernten Gebirgsdorf Shaharah. Mein Bike kann ich in einem kleinen Lokal an der Hauptstraße deponieren und mit 8 Jemeniten, 5 Kalaschni-kows und einer ausreichenden Anzahl von Ersatzmagazinen geht es in einer abenteuerlichen Fahrt mit einem Allrad-Jeep über die z.T. haarsträu-bende Piste. Das letzte Stück muß ich zwar in der Dunkelheit mehr stol-pernd als laufend zu Fuß zurücklegen, aber die grandiose Lage von Shaharah, hoch oben in 2700 m Höhe auf dem Berggipfel, entschädigen mich mal wieder für alle Strapazen.

Absoluter Höhepunkt für jeden Besucher dieses Ortes ist natürlich die berühmte Imambrücke. Dieses einmalige Bauwerk aus dem 17.ten Jahr-hundert überspannt eine rund 400 m tiefe Schlucht. Zwei Tage genieße ich die herrliche Ruhe, die Abgeschiedenheit dieses Ortes, in dem die Zeit stehen geblieben scheint, die phantastische Gebirgslandschaft und das abwechslungsreiche Wolkenspiel in dieser Höhe.