Tom Traveller erinnert sich, während er sich nun in der Wanne aufrichtet, um nach dem kühlen, süßen Cocktail zu langen, an dieses Buch der Düfte des Lebens und des Todes und daran, dass er, als er es im Nachtzug von Bangkok nach Surat Thani gelesen hat, fasziniert von der Entdeckung gewesen war, daß es möglich ist, durch die bloße Beschreibung eines Geruches diesen wirklich wahrnehmen, ihn richtig riechen zu können! So hatte er eine genaue Vorstellung von dem Gestank der Fischköpfe und dem fauligen Abwasser auf den Märkten Asiens, von dem Duft der Lavendelfelder Südfrankreichs und dem Geruch der Frauen an ihrer Scham bekommen.

In jener Zeit hat er sich oft in die Gerüche seiner Kindheit zurückversetzt und gelernt, die silbrig-schleimigen Forellen aus dem Dorfbach von Welschen Ennest mit kristallklarem, kühlem Wasser, das dahineilt durch ein Bett aus geschliffenen Steinen, weiß und riesig wie prähistorische Eier wieder zu riechen wie auch das frische Heu und die warmen, dampfenden Kühe im Stall der Nachbarn, den Atem seiner Mutter und die Malerfarben seines Vaters.

Er zieht langsam einen Schluck der hellroten alkoholischen Flüssigkeit mit dem Strohalm in den Mund und belaesst ihn dort für eine Weile. Diese Weile reicht aus, den Geschmack von Rum, Curacao, Limonen, Orangen und Ananas zu erkennen und die Schleimhäute des Gaumens damit zu benetzen, ehe Tom das Gemisch in drei kleinen Schlücken in die Speiseröhre entlaesst.

Ellen drückt ihre Nase an die Glaswand, die Dusche und Bad voneinander trennt und sendet einen Kuß Richtung Badewanne, indem sie nun auch ihre geschlossenen Lippen an die Scheibe legt. Dabei berühren ihre Brustspitzen und ein Knie das feuchte Glas.

Tom erwidert ihren Kuß und prostet ihr zu. Er geniesst es, sie so zu betrachten. Ellen ist schlank, fast schon dünn und Meeresbiologin irgendwo in Kiel. Es erregt ihn, sie so hinter der Scheibe zu sehen, und er denkt an ihre erste Nacht im Wasser.

Es ist Vollmond. Tom hat anfangs keine recht überzeugende Erklärung für ein Phänomen, das die thailändischen Fischer (und Kieler Meeresbiologinnen : ) auf eine Algenart während einer bestimmten Meeresströmung, er eher auf die halluzinatorische Wirkung der "magic mushrooms" zurückführte. Als ihre nackten Körper in die dunkle Andaman Sea gleiten, verursacht jede ihrer Bewegungen eine Explosion von Lichterteilchen im Wasser, die wie Aquamarine funkeln, manche auch wie Diamanten oder Fischschuppen, die strahlend aufglühen um nach kurzer Zeit - vielleicht drei, vier Sekunden - wieder zu erlöschen. Milliarden von Wasser-Glühwürmchen, die bei einer Berührung all' die Energie freizugeben scheinen, die in ihnen steckt.