Ich spreche die Tuk-Tuk-Fahrer an und finde rasch ein sympathisches Gesicht, dass die Sprachbarriere zur Nebensache macht. Sirils Motorrickscha ist aufwendig geschmückt. Im Inneren ist sie frisch rot lackiert, vor der Windschutzscheibe sprießt ein gigantischer Strauß pinker Plastikrosen. Mit Tempo 80 km h rast er mit mir in die Abenddämmerung davon. Mein Haar weht ungebändigt im Fahrtwind. Wir fahren nach Dambana, was etwa 15km weiter im Norden ist. Auf der Landkarte ist dort eine Kreuzung eingetragen. Hier führt ein Feldweg in den Maduru Oya National Park, der zwei große Wasser Reservoirs umschließt und wilde Elefanten ihre Spuren hinterlassen. Wir sind auf der richtigen Fährte. Selbst im trüber werdenden Licht sehe ich sie, die ersten Männer vom Stamm der Veddas. Hier und da kommt mir jemand mit krausem Haar, Bartwuchs und runderem Muskelbau entgegen. Um die Hüften haben sie kurze Tücher gewickelt und über den Schultern tragen sie alle eine primitive Axt.
 
Die Veddas sind anders. Ich erkenne es sofort. Die Kinder winken mir freudig entgegen. Erwachsene schauen tief in die vorbei rasende Rickschah und ihre Blicke treffen mich wie Pfeile direkt in die Augen. Sie sind anders als der Rest der Bevölkerung, der Singhalesen und Tamilen, denen ich seit meiner Ankunft begegnet bin. Es lässt sich nicht auf Unterschiede der Schädelgröße oder der Dicke der Lippen reduzieren. In den dunklen Augen, die direkt die meinen suchen, liegt eine Offenheit, wie an die Furchtlosigkeit von Kindern, die sich nie die Hand an einer Herdplatte verbrannt haben, erinnert. Ich sehe den selben Funken, wie bei den Rastafarians, aus dem Hinterland von Barbados, oder wie bei den Ureinwohnern von Irian Jaya, in West Guinea, die noch keine Kleider aus zweiter Hand tragen und sich dessen schämen müssen.
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Vor diesen Augen ist jeder unbekleidet. Natürlich kann man eine Volksgruppe über einen Kamm scheren. Aber plötzlich weiß ich, dass sich all die Mühe gelohnt hat. Es gibt sie noch, die Ureinwohner, die keine Schmutz kennen. Es ist eine Bestätigung, dass in der hereinbrechenden Sturmflut der Globalisierung noch nicht alles zu einer einheitlichen Mittelmäßigkeit verschmolzen ist. Ich atme tief ein. Die Luft ist vom Regen gereinigt.